Vorwort

Der kleine Bestand enthält den schriftlichen Nachlass des sachsen-altenburgischen Ministers Karl Christian von Wüstemann (1795 - 1863) und seines Sohnes, des Geheimen Kanzleirates und Kammerherrn Karl Leopold Hans von Wüstemann (1819 - 1894).
Karl Christian Wüstemann wurde am 27. Oktober 1795 in Gotha geboren. Sein Vater war der Gothaische Hofadvokat Johann Christoph Wüstemann (gestorben am 27. November 1823), sein jüngerer Bruder der bekannte Philologe, Latinist und Professor am Gothaer Gymnasium Ernst Friedrich Wüstemann (31. März 1799 - 01. Juni 1856).
Karl Christian besuchte schon frühzeitig das Gymnasium in Gotha und studierte ab 1813 in Jena und Göttingen Jura. Zurückgekehrt nach Gotha, trat er im Oktober 1816 in den Staatsdienst ein - zunächst als Registrator, ab September 1820 dann als Sekretär bei der Geheimen Kanzlei des Herzoglichen Ministeriums zu Gotha. Bereits in dieser Stellung soll er sich durch eine außerordentliche Geschäftsgewandtheit ausgezeichnet haben, und seine Amtskollegen, Vorgesetzten, u.a. Bernhard August von Lindenau, sowie die Herzöge August und Friedrich IV. von Sachsen-Gotha-Altenburg schätzten sehr bald seine besonderen Fähigkeiten und Kenntnisse. Von 1819 bis 1826 gehörte Wüstemann zudem der Redaktion des Gothaischen Hofkalenders an und entwickelte selbst eine rege literarische Tätigkeit. Die Verhandlungen über die Erbschaftsauseinandersetzungen und Teilungsverträge nach dem Tode des letzten Herzogs Friedrich IV. von Sachsen-Gotha-Altenburg führten ihn im April 1825 als Legationsrat nach Hildburghausen in dortige Dienste und mit der daraus resultierenden Übersiedlung des Hildburghausener Hofes als neue Landesherren für das Herzogtum Sachsen-Altenburg im November 1826 weiter nach Altenburg. Hier wurde er unter dem Titel Geheimer Legationsrat als drittes Mitglied in das neue Altenburgische Geheime Ministerium berufen und im Juni 1827 zum Beisitzer im Militärkollegium ernannt. Seine Amtstätigkeit verhalf zu einer raschen Ordnung und Regelung von Verfassung und Verwaltung im neuen Herzogtum Sachsen-Altenburg. Im September 1830 folgten anerkennend die Erhebung in den Adelsstand, die Ernennung zum Geheimen Konferenzrat sowie zum Vizepräsidenten des Herzoglichen Konsistoriums. Fortführend in seiner Verantwortung als Konsistorialpräsident von Januar 1835 bis September 1840 trug nun Geheimrat Karl Christian von Wüstemann wesentlich zur Verbesserung der Kirchen- und Schulverhältnisse des Landes bei. Danach leitete er als Minister im Herzoglichen Geheimen Ministerium das zweite Departement mit Zuständigkeit für Landschafts-, Innere Verwaltungs-, Finanz-, Militär- und Universitätsangelegenheiten. Nebenher wurde er für die 7. Versammlung der deutschen Land- und Forstwirte in Altenburg 1843 zu deren ersten Vorsitzenden gewählt und im Dezember 1844 zum Wirklichen Geheimen Rat ernannt. Seine sich zunehmend verschlechternde Gesundheit und die beginnenden revolutionären Unruhen von 1848 veranlassten ihn, zum Juni 1848 um Entlassung und Pensionierung zu bitten und sich zwecks Erholung in die Vaterstadt Gotha zu seinem Bruder zurückzuziehen. Auf eindringlichen Wunsche der Herzöge Joseph und Georg von Sachsen-Altenburg, mit denen er in beständiger Beziehung stand und die seinen Rat stets schätzten, kehrte er Ende 1852 nach Altenburg zurück. Herzog Georg sandte ihn zu Verfassungsänderungen von 1848 nach Berlin und übertrug ihm im Februar 1853 noch einmal interimistisch für ein Vierteljahr die Leitung des Finanzdepartements im Herzoglichen Geheimen Ministerium. Im Mai 1853 verabschiedete sich von Wüstemann endgültig in den Ruhestand, jedoch nicht untätig, sondern weiter literarisch beschäftigend. Er verfasste zahlreiche Aufsätze, u.a. als Korrespondent der Rubrik "Aus Thüringen" in der Leipziger Zeitung. Die juristische Fakultät der Universität Jena ehrte ihn anlässlich ihres 300-jährigen Jubiläums im August 1858 mit der Ernennung zum Ehrendoktor der Rechte.
Karl Christian von Wüstemann starb nach kurzer Krankheit am 27. Oktober 1863, genau an seinem 68. Geburtstag, in Altenburg.
Seit 1818 war er mit Christiane Wilhelmine Kühner, Tochter des Geheimen Hofrates und Direktors der Gemäldegalerie und des Kupferstich-Kabinettes der Friedensteinischen Sammlungen zu Gotha Professor Johann Christian Kühner, verheiratet.
Sein einziger Sohn Karl Leopold Hans von Wüstemann, geboren am 20. April 1819 und gestorben am 10. Juli 1894, wählte ebenfalls den Beamten- bzw. Staatsdienst. Dessen berufliche Stationen waren: ab September 1845 Auditor beim Kreisamt Kahla und Ernennung zum Herzoglich Sachsen-Altenburgischen Hofjunker, im Mai 1847 Eintritt in den Staatsdienst als Amtsakzessist beim Kreisamt Kahla, im Januar 1848 Versetzung als Vizeaktuar und im November 1849 als Amtsaktuar zum Kreisamt Altenburg II. Abteilung, im Oktober 1852 Anstellung als Regierungsregistrator bei der Kanzlei der Herzoglichen Landesregierung zu Altenburg und im April 1855 Beförderung zum Regierungssekretär, im April 1853 Ernennung zum Kammerjunker und im September 1859 zum Kammerherrn, später noch Kanzleirat, Assessor und Sekretär im Herzoglichen Ministerium, Abteilung des Innern. Zum 01. Januar 1891 wurde er in den Ruhestand entlassen und gleichzeitig zum Geheimen Kanzleirat ernannt. Karl Leopold Hans von Wüstemann pflegte ebenso wie sein Vater engen Kontakt zur herzoglichen Familie, besonders zu Prinz Moritz von Sachsen-Altenburg.



Der Bestand Nachlass von Wüstemann wurde im Jahre 1934 von Marie und Pauline von Wüstemann dem Thüringischen Staatsarchiv Altenburg als Depositum unter Wahrung aller Eigentumsrechte übergeben. Grundlage hierfür ist der am 12. November 1934 unterzeichnete Hinterlegschaftsvertrag, der unter § 2 nach Ableben der Eigentümerinnen Freiherrn Dr. Karl von Poellnitz auf Oberlödla als erbrechtlichen Eigentümer benennt.
1954 fertigte Archivar Walter Grünert eine Findliste über die damals insgesamt 32 Aktenfaszikel an. Hierbei wurde auch ein bisher in der Archivaliensammlung Z unter der Signatur Nr. 159 verzeichneter Band mit gesammelten Schriften Karl Christian von Wüstemanns dem Nachlass zugeordnet.
In den Jahren 2009/2010 erfolgte eine vollständige Neubearbeitung nach facharchivischen Gesichtspunkten, begonnen im Rahmen eines Praktikumsaufenthaltes des thüringischen Archivreferendars Christian Reuther vom 02. bis 13. November 2009 hier im Thüringischen Staatsarchiv Altenburg und fortgesetzt von Juli bis November 2010 durch Undine Puhl. Die Ordnungsarbeiten beinhalteten dabei die Überprüfung und ggf. Korrektur der chronologischen Sortierung der Dokumente innerhalb der einzelnen Akteneinheiten und die sachlich-chronologische Ordnung des Gesamtbestandes. Die Verzeichnung unter Angabe von alter und neuer Archivsignatur, von Datierung, Aktentitel und Enthält-Vermerk sowie die abschließende Findbuchgestaltung erfolgten über das Datenerfassungsprogramm AUGIAS-ARCHIV. Die Korrespondenzbände wiesen oft einen so großen Blattumfang auf, dass sich deren Teilung in zwei oder auch drei Bände erforderlich machte und dadurch der Bestand auf insgesamt 53 Akteneinheiten anwuchs. Hierzu entstand eine entsprechende Konkordanz. Außerdem erschien es bei den Briefwechselakten wichtig und angemessen, ausgewählte Korrespondenzpartner in den Enthält-Vermerken zu dokumentieren. Aufnahme fanden dabei Mitglieder der herzoglichen Familie von Sachsen-Altenburg, regional und überregional bekannte Persönlichkeiten, sehr häufig vorkommende Korrespondenzpartner und Mitglieder des eigenen Familienkreises. Bei der Recherche und Arbeit mit dem Findbuch ist deshalb zu beachten, dass es sich nicht um eine vollständige Erfassung aller Korrespondenzpartner handelt.



Der Nachlass umfasst 1,3 lfd. m Archivgut und besitzt einen zeitlichen Umfang von 1820 bis 1894 (1896). Hauptbestandteil sind die privaten Korrespondenzen Karl Christian von Wüstemanns, in die ebenfalls berufliche und politische Sachverhalte einflossen. Neben den ganz persönlichen Familienbriefen von Bruder Ernst, Ehefrau Wilhelmine und Sohn Karl Leopold Hans hielt er regen Kontakt mit den Mitgliedern der herzoglichen Familie von Sachsen-Altenburg, mit Persönlichkeiten wie Bernhard August von Lindenau, Hans Conon von der Gabelentz, Ludwig Brehm, Ludwig Bechstein, mit den Verlegerfamilien Pierer, Brockhaus, Frommann und Perthes sowie mit vielen seiner Amts- und Zeitgenossen. Seine Korrespondenzen malen ein anschauliches Zeitbild der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts im mitteldeutschen Raum, besonders interessant und hervorzuheben für die Zeit der revolutionären Ereignisse 1848/49. Ergänzung finden die Briefe durch wenige persönliche Dokumente wie Urkunden und Diplome, Reisepässe und -belege oder Zeitungsaufsätze.
Mit 4 Aktenfaszikeln verhältnismäßig gering zum Gesamtbestand, aber nicht minder wertvoll fällt die Überlieferung des Sohnes aus. Es ist Briefwechsel von Karl Leopold Hans von Wüstemann, darunter mit Prinz Moritz von Sachsen-Altenburg.

Für die Zitierung des Bestandes ist folgende Vorgabe zu verwenden:

Thüringisches Staatsarchiv Altenburg, Nachlass von Wüstemann Nr. ...


In Abkürzung:

ThStA Altenburg, Nachlass von Wüstemann Nr. ...



Quellen und Literaturauswahl zum biographischen Teil:
- ThStA Altenburg, Geheimes Archiv Loc. 8 Nr. 1
- ThStA Altenburg, Geheimes Ministerium Nr. 524 und 756
- ThStA Altenburg, Militärbehörden (Militärarchiv) Loc. 3 Nr. 3
- ThStA Altenburg, Privatarchiv Nr. 2267
- ThStA Altenburg, Landesregierung II Nr. 124
- ThStA Altenburg, Gesamtministerium Nr. 471
- ThStA Altenburg, Herzogliches Hausministerium Loc. 53 Nr. 3 sowie Loc. 57 Nr. 3 und Nr. 5
- ThStA Altenburg, Haus- und Privatarchiv der Herzöge von Sachsen-Altenburg Nr. 26
- ThStA Altenburg, Familienarchiv von Lindenau Nr. 16
- ThStA Altenburg, Archivaliensammlung Z Nr. 314
- Herzoglich Sachsen-Altenburgischer vaterländischer Geschichts- und Hauskalender auf das Jahr 1864. - Altenburg: Hofbuchdruckerei. - S. 41 - 43. (ThStA Altenburg, Bibliothek HH 596/5)
- Sachsen-Altenburgischer vaterländischer Geschichts- und Hauskalender 1937. - Altenburg: Pierersche Hofbuchdruckerei Stephan Geibel & Co. - S. 174. (ThStA Altenburg, Bibliothek HH 597/13)
- Staats- und Adresshandbücher des Herzogtums Sachsen-Altenburg 1828 - 1891. (ThStA Altenburg, Bibliothek GG 410)
- [Sammelband verschiedener Schriften von und über Ernst Friedrich Wüstemann]. (ThStA Altenburg, Bibliothek O 701)
- Berbig, Max: Wüstemann, Karl Christian von. - In: Allgemeine Deutsche Biographie 44 (1898). - S. 369-371 [Onlinefassung].




Altenburg, im November 2010 Undine Puhl
Archivoberinspektorin