Vorwort

Die Altenburger Druckerei zählt mit zu den traditionsreichsten Unternehmen der Stadt und ihrer Umgebung. Sie kann auf eine über 400jährige Geschichte zurückblicken und übte dabei einen nachhaltigen Einfluß auf das regionale Wirtschaftsprofil aus.

Ihre "Wiege" stand in Schloß Hartenfels bei Torgau, als dort im Jahre 1594 Herzog Friedrich Wilhelm I. zu Sachsen (1562 - 1602) eine Druckerei einrichten ließ und somit die "Fürstlich Sächsische Officin" gründete. Mit der Rückkehr des Herzogs 1601 nach Weimar und dem Umzug der Herzoginwitwe Anna Maria 1604 nach Altenburg gelangte auch die Druckerei über Weimar nach Altenburg. Hier nun nahm die bewegte Altenburger Geschichte des Unternehmens ihren Anfang - mit Höhen und Tiefen, mit mehrfachem Wechsel von Besitzer, Namen und Rechtsform. Deren Verlauf soll nachfolgend im Überblick dargestellt sein:

1604 bis 1636 Verwaltung der Fürstlich Sächsischen Druckerei zu Altenburg durch die Herzogliche Kammer zu Altenburg

1636 bis 1709 Verpachtung durch die Herzogliche Kammer zu Altenburg

1709 bis 1799 im Besitz der Familie Richter
Am 25. Oktober 1709 verkaufte die Herzogliche Kammer zu Altenburg die Hofbuchdruckerei erbbrieflich an Johann Ludwig Richter, der sie mit der Richterchen Privatdruckerei und Buchhandlung vereinigte.

1799 bis 1871 im Besitz der Familie Pierer
Am 01. Juli 1799 wurden Druckerei und Verlagsbuchhandlung an Dr. Johann Friedrich Pierer verkauft. Unter der Leitung der Piererschen Familie expandierte das Unternehmen und errang besonders durch die Herausgabe von "Pierer`s Universal-Lexikon der Vergangenheit und Gegenwart oder Neuestes encyclopädisches Wörterbuch" von Heinrich August Pierer (1. Auflage 1824 - 1826) einen Bekanntheitsgrad weit über Deutschlands Grenzen hinaus.

1872 - 1950 Pierersche Hofbuchdruckerei Stephan Geibel &Co. in Altenburg
Während die Verlagsbuchhandlung H. A. Pierer durch Alfred Pierer weitergeführt werden sollte, verkauften die Brüder Eugen und Alfred Pierer per Vertrag vom 10. November 1871 die Hofbuchdruckerei an mehrere Leipziger Verleger. Der Besitzer- und Rechtswechsel zur Offenen Handelsgesellschaft Pierersche Hofbuchdruckerei Stephan Geibel &Co. in Altenburg erfolgte zum 02. Januar 1872, die Leitung übernahm Stephan Geibel. Am 20. Juni 1919 wurde sie in eine Kommanditgesellschaft umgewandelt. Diese Kommanditgesellschaft erweiterte sich im Februar des Jahres 1925 durch die Teilhaberschaft des Schulbuchverlages Moritz Diesterweg in Frankfurt am Main und firmierte nun unter Pierersche Hofbuchdruckerei Stephan Geibel &Co. Altenburg. Geschäftsführer waren Hans Stephan Geibel und Paul Hoffmann. Durch die Fertigung von juristischen, sozialpolitischen, historischen, medizinischen und politischen Werken, von Belletristik, Katalogen, Adreßbüchern und den hinzugekommenen Schulbüchern hatte die Hofbuchdruckerei längst den Charakter einer wissenschaftlichen Druckerei angenommen, der auch stetig steigende Qualitäts- und Leistungsanforderungen an die Beschäftigten stellte. Nach dem Zweiten Weltkrieg bekam das Unternehmen, das Ende April 1945 die Produktion wieder aufgenommen hatte, die gesellschaftlichen Veränderungen und nahende Spaltung Deutschlands deutlich zu spüren. Der Diesterweg-Verlag aus Frankfurt am Main schied 1946 aus der Kommanditgesellschaft aus, da seine Schulbuchbestellungen nicht mehr realisiert werden konnten. Dafür mußte die Druckerei, von 1947 bis 1949 dann auch vertraglich festgelegt, umfangreiche Produktionsaufträge für den Verlag der Sowjetischen Militäradministration, den SWA-Verlag in Weimar, als Reparationsleistung erbringen. Auf Grund einer Denunziation wurden die Gebrüder Hans Stephan und Max Geibel im März 1950 verhaftet und im Oktober 1950 vor dem Landgericht Gera zu Gefängnisstrafen verurteilt. Die Beschlagnahmung der Firma zugunsten des Landes Thüringen zum Jahreswechsel 1950/1951 besiegelte das Ende des Privatbetriebes Pierersche Hofbuchdruckerei Stephan Geibel &Co. in Altenburg.

1951 bis 1990 landeseigener Betrieb und VEB Druckhaus "Maxim Gorki" Altenburg
Ein mit Wirkung vom 26. Januar 1951 von der Vereinigung Volkseigener Betriebe (VVB) Druck und Verlag Leipzig eingesetzter Treuhänder vermittelte die Anbindung der nunmehrigen Piererschen Buchdruckerei an einen Verlag. Am 15. Mai 1951 wurde sie vom Thüringer Volksverlag Weimar als Thüringer Volksverlag GmbH, Zweigniederlassung Altenburg Werk I (Pierer) übernommen. Wenige Tage später, am 24. Mai, erfolgte unter der Firmierung Thüringer Volksverlag, Zweigstelle Altenburg der Anschluß an den Verband der Vereinigung Organisationseigener Betriebe (VOB) ZENTRAG Berlin. Als neuer Werkleiter stand Kurt Bauß dem Betrieb vor. 1952 erwählte man den Firmennamen VEB Druckhaus "Maxim Gorki" Altenburg. Mit wieder zunehmenderProduktion belletristischer, schöngeistiger und wissenschaftlicher Literatur konnte die Tradition im Sinne der Pierers nun fortgesetzt werden. Nach einer Entscheidung der Regierung der DDR wurde das Druckhaus gemeinsam mit zwei anderen Druckereien aus der VOB ZENTRAG Berlin herausgelöst und zum 01. Januar 1956 der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin unterstellt. Daraus erwuchsen neue Aufgaben für die vorrangige Herstellung von Fachliteratur der Bereiche Chemie, Mathematik, Physik und Sprachwissenschaften sowie von Fachzeitschriften. Um solchen Anforderungen weiterhin entsprechen zu können, erfolgte in den Jahren 1959 bis 1963 eine umfassende Rekonstruktion mit Neu- und Umbauten sowie produktionstechnischen Neuausrüstungen. Mit dieser Maßnahme war jetzt einer der modernsten und leistungsfähigsten Druckereibetriebe der DDR entstanden. Doch in der Folge setzte erneut dietechnische Überalterung ein, und Mittel für Modernisierungen fehlten. Das erschwerte, besonders spürbar dann in den achtziger Jahren, immer mehr die Umsetzung der Planvorgaben durch die Akademie der Wissenschaften. Ein Prozeß, der sich in die allgemeine Mißlage der Planwirtschaft und politische Problemsituation einreihte und schließlich im Ende des staatlichen Systems der DDR gipfelte. Die Mitarbeiter setzten viel daran, während des Zusammenbruchs der DDR seit Herbst 1989 die Produktionsaufgaben zu erfüllen und den Fortbestand des Betriebes zu sichern. Am 01. Mai 1990 nach Antritt derletzten, demokratisch gewählten DDR-Regierung stellte die Betriebsleitung an die Treuhandanstalt in Berlin den Antrag, das Druckhaus Altenburg in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung umzuwandeln und damit den Schritt vom volkseigenen Betrieb zu einer Kapitalgesellschaft zu gehen.

1990 bis 1992 Maxim Gorki - Druck GmbH
Der Antrag vom 01. Mai 1990 führte im August 1990 zur Eintragung in das Handelsregister und zur Besiegelung der Gewerbeanmeldung für die Maxim Gorki - Druck GmbH. Die Treuhandanstalt in Berlin als alleinige Gesellschafterin des Unternehmens bestellte den bisherigen Betriebsleiter Rolf Schnabel zum Geschäftsführer. Es galt nun, ein Sanierungskonzept zu erarbeiten, eine möglichst baldige Privatisierung anzustreben und damit die Existenz unter marktwirtschaftlichen Bedingungen abzusichern.

Ab 1993 Druckerei zu Altenburg GmbH
Aus dem Kreis der Kaufinteressenten und Investoren erhielt im Herbst 1992 Herr Simon Tafertshofer aus Polling bei München den Zuschlag der Treuhandanstalt. Nach Unterzeichnung des Kaufvertrages am 18. Dezember 1992 erfolgte erst im September 1993 seine juristische Wirksamkeit und die Eintragung in das Handelsregister unter dem neuen Namen Druckerei zu Altenburg GmbH.



Der Bestand VEB Druckhaus "Maxim Gorki" Altenburg wurde im Februar 2001 von seinem Nachfolgeunternehmen Druckerei zu Altenburg GmbH, angeregt von den Herren Simon Tafertshofer und Dr. Günter Hauthal, dem Thüringischen Staatsarchiv Altenburg übergeben.
Er war bereits im Betriebsarchiv vorläufig geordnet und mittels Findkartei erschlossen worden und bot somit gute Voraussetzungen für eine weitere fachgerechte und endarchivische Bearbeitung. Diese konnte die Verfasserin im Zeitraum von April 2001 bis Februar 2002 sowie Juli bis Oktober 2005 durchführen. Die Aktenbände wurden dabei in eine neue sachlich-chronologische Ordnung entsprechend des erarbeiteten Schemas gebracht und unter gleichzeitiger Datenerfassung und abschließender Findbucherstellung über das Datenerfassungsprogramm AUGIAS-ARCHIV verzeichnet.
Die intensive Verzeichnung ergab, daß 27 Akteneinheiten der Vorgängerprovenienz Pierersche Hofbuchdruckerei Stephan Geibel &Co. Altenburg zuzuordnen sind. Sie wurden auf Grund der sachlichen Zugehörigkeit jedoch im Bestand belassen und als solche gekennzeichnet (Nr. 65 - 86, Nr. 92 und Nr. 114 - 117).



Der Bestand besitzt einen Gesamtumfang von 1,8 lfd. m. Er dokumentiert einen Zeitabschnitt der über 400jährigen Druckereitradition in Altenburg - die Entwicklung und Arbeit der Druckerei als regionales Wirtschaftsunternehmen im Zeitraum von 1929 bis 1972 (1975), durch das Vorhandensein der Vorgängerakten von 1929 bis 1950 über zwei Gesellschaftssysteme hinweg vom Privatbetrieb der Piererschen Hofbuchdruckerei Stephan Geibel &Co. Altenburg zum sozialistischen Volkseigenen Betrieb Druckhaus "Maxim Gorki" Altenburg. Die überlieferten Akten entstammen hauptsächlich der Tätigkeit der Werkleitung, der Buchhaltung und der Produktion. Sie bieten für die betriebsgeschichtlichen sowie für wirtschafts- und heimatgeschichtliche Forschungen im allgemeinen interessante Auswertungsmöglichkeiten.

Für die Zitierung des Bestandes ist folgende Vorgabe zu verwenden:

Thüringisches Staatsarchiv Altenburg, VEB Druckhaus "Maxim Gorki" Altenburg Nr. ...


In Abkürzung:

ThStA Altenburg, VEB Druckhaus "Maxim Gorki" Altenburg Nr. ...



Quellen- und Literaturhinweise: [unterstreichen]
Ausgewählte Aktenbände des Bestandes:
- Nr. 55 Großarbeitsstudie und Betriebsanalyse über die ökonomische und politische Situation im VEB Druckhaus "Maxim Gorki" Altenburg Sept. - Dez. 1953 enthält viele Eckdaten zur Betriebschronik und
- Nr. 43 Allgemeiner Schriftwechsel A - Z 1970 enthält auf Blatt 155 einen schön gestalteten Briefkopf des Altenburger Skatgerichtes, Sekretariat im Spielkartenmuseum mit Unterschrift von Museumsdirektor Kurt Schulze vom 15. Oktober 1970.

ThStA Altenburg, Nachlaß Pierer enthält neben dem Piererschen Privatarchiv auch die Akten der Piererschen Hofbuchdruckerei aus den Jahren 1797 bis 1837 und reiht sich somit als einer der Vorgänger in die archivalischen Zeugnisse der Druckereigeschichte zu Altenburg ein.

Der Altenburger Heimatforscher Dr. Günter Hauthal nahm sich die Geschichte der Altenburger Druckerei zum Forschungsgegenstand und veröffentlichte im Ergebnis seiner langjährigen Recherchearbeit die Jubiläumsbroschüre "400 Jahre Druckerei zu Altenburg 1594 - 1994: Von der "Fürstlich Sächsischen Officin" zur "Druckerei zu Altenburg GmbH" / Günter Hauthal. - [Altenburg, o.J.]" (Signatur: Bibliothek 5/1997). Diese Broschüre sowie die bereits erwähnte Akte Nr. 55 des Bestandes wurden hauptsächlich für die Aufstellung des geschichtlichen Teiles des Bestandsbildners in diesem Vorwort zur Hilfe genommen. Sie beschreiben die Daten nochmals in aller Ausführlichkeit und sind dem interessierten Nutzer zusätzlich zu empfehlen.

Geschichte der Pierer`schen Hofbuchdruckerei in Altenburg, S.-A.: Geschäfts- und Familiengeschichte. Eine anspruchslose Festschrift. - [Altenburg, 1897] (Signatur: Bibliothek M 415)

Pierer: Rückschau und Ausblick. - Altenburg: Pierersche Buchdruckerei Stephan Geibel &Co., [o.J.] (Signatur: Bibliothek M 397)

Was wir drucken: Fremdsprachliche, mathematische und wissenschaftliche Werke. - Altenburg: Pierersche Hofbuchdruckerei Stephan Geibel &Co., [o.J.] (Signatur: Bibliothek M 422)




Altenburg, im Oktober 2005 Undine Puhl
Archivoberinspektorin