Bestandssignatur

1-99-0014

Laufzeit

1859-1990

Umfang

1,0 lfm

Findmittel

Online-Findbuch

Inhalt

Otto Engert wurde am 24. Juli 1895 in Prößdorf bei Altenburg geboren. Seine Eltern waren Berta geb. Engert und Paul Gentsch aus Wiesenmühle. Otto Engert besuchte die Volksschule in Monstab, erlernte dann den Beruf eines Zimmerers bei der Firma Dietze in Rositz und war ab 1919 nach der Rückkehr aus dem 1. Weltkrieg war er in seinem Beruf auf der Grube 113 in Rositz tätig. Bis zum Jahre 1925 wohnte er in Wiesenmühle, von 1926 bis 1929 in Altenburg.
Das bereits frühzeitig begonnene politische und öffentliche Engagement bestimmte maßgeblich die Lebensstationen Otto Engerts. Dazu gehören in Auswahl die folgenden:
- 1912 Mitglied der Gewerkschaft, 1913 Mitglied der SPD
- November 1918 Wahl in den Soldatenrat
- 1920 Übertritt zur KPD
- ab 1919/20 führende Rolle in der kommunistischen und Arbeiterbewegung im Raum Altenburg, Schmölln und Zeitz
- in den 20er Jahren Betriebsratsvorsitzender in Rositz, Abgeordneter in der Stadtverordnetenversammlung Meuselwitz und im Altenburger Kreistag, Unterbezirksleiter der KPD des Gebietes Altenburg-Meuselwitz und der erweiterten Bezirksleitung Westsachsen, Mitglied in zahlreichen Verbänden und Vereinen, u. a. im Rotfrontkämpferbund, Arbeitergesangverein Monstab, Arbeiterturnverein Wiesenmühle, Bergarbeiterverband und Zentralverband der Zimmerer Deutschlands
- von November 1923 bis April 1924 Haft im Landgerichtsgefängnis Altenburg wegen Aufforderung zur Bildung proletarischer Hundertschaften
- 1923 bis 1927 Redakteur der "Sächsischen Arbeiterzeitung" (SAZ) in Leipzig
- 1924 bis 1929 Abgeordneter im Thüringer Landtag
- 1929 bis 1931 Bürgermeister in Neuhaus a. R., danach Rückkehr nach Altenburg und Arbeit als Zimmermann in der Firma Gutbier in Altenburg
- in den 30er Jahren aktiver antifaschistischer Widerstandskampf und Kampf um die Herstellung der Einheitsfront der Arbeiterklasse, Aufenthalte in Chemnitz, Zeitz und Leipzig
- daraufhin im Juli 1933 Verhaftung in Leipzig, Haftaufenthalt im Lager Colditz und Sachsenburg b. Chemnitz, Entlassung im Februar 1934
- enge Verbindung zur Leipziger Widerstandsgruppe unter Kurt Kresse und Georg Schumann
- 1940 Umzug nach Leipzig-Lindenau und Führung eines Milchhandelsgeschäftes, von dort aus Verbindung zu Widerstandskämpfern in ganz Deutschland, Verfasser von zahlreichen Flugschriften.
Im Juli 1944 verhaftete die Gestapo Otto Engert abermals in Leipzig. Im Dresdener Landgerichtsgefängnis begann am 21. November 1944 die Hauptverhandlung vor dem "Volksgerichtshof". Das dabei unter dem 24. November 1944 gegen ihn, Kurt Kresse und Georg Schumann ausgesprochene Todesurteil wurde am 11. Januar 1945 vollstreckt. Er fand seine letzte Ruhestätte auf dem Südfriedhof in Leipzig.

Im April 1920 hatte Otto Engert die Ehe mit Milda geb. Barnack aus Profen, Kreis Zeitz, geschlossen. Milda Engert wurde am 28. September 1899 geboren. Sie besuchte von 1905 bis 1913 die Volksschule, und von 1913 bis 1920 war sie als Schneiderlehrling bzw. Schneiderin in Altenburg tätig.
Gemeinsam mit ihrem Ehemann nahm auch Milda Engert bewußt am politischen Geschehen teil - während der Zeit der Weimarer Republik in der Arbeiterbewegung allgemein, von 1933 bis 1945 in der Leipziger antifaschistischen Widerstandsgruppe Schumann-Kresse-Engert. In den Jahren 1944 bis 1945 war sie im Zuchthaus Dresden inhaftiert. Auf ihrem weiteren Lebensweg nach dem Ende des 2. Weltkrieges wirkte sie beim Aufbau der Parteiarbeit in Altenburg, Erfurt und Saalfeld mit, leitete ein Kinderheim in Erfurt und pflegte im Gedenken ihres Mannes fortfolgend enge Kontakte zu Schulen und Kollektiven mit dem Namenszusatz "Otto Engert", so u. a. zur Otto-Engert-Oberschule in Posa. Den Lebensabend verbrachte Milda Engert im Feierabend- und Pflegeheim Saalfeld. Dort verstarb sie am 20. Mai 1985.

Die heutige Realschule Posa war ursprünglich als zentrale Landoberschule für die 6 Gemeinden Starkenberg, Großröda, Monstab, Naundorf, Tegkwitz und Göhren eingerichtet worden (Zentralschule Großröda/Zentralschule Posa). Die Einweihung des alten Schulgebäudes fand am 27. Februar 1927 statt. 1954/55 erfolgte ein Erweiterungsbau, 1965 die Fertigstellung der Turnhalle.
Die Wiederaufnahme des Unterrichts nach Beendigung des 2. Weltkrieges fiel auf den 01. Oktober 1945. Die Schule führte ab 1956 die Bezeichnung Oberschule Posa bzw. später Polytechnische Oberschule Posa. Nach zweijähriger Vorbereitungszeit und intensiver Forschungstätigkeit der Arbeitsgemeinschaft "Junge Historiker" unter der Leitung von Geschichtslehrer Wolfgang Enke erhielt sie am 8. Mai 1971 als Ehrung den Namen des antifaschistischen Widerstandskämpfers Otto Engert verliehen (Otto-Engert-Oberschule Posa). Seitdem bis zur Umstrukturierung des Schulwesens infolge der deutschen Wiedervereinigung entwickelte sich eine umfangreiche und aktive Traditionspflege, die z. B. in der Errichtung einer Otto-Engert-Gedenktafel, im jährlich durchgeführten Otto-Engert-Gedächtnislauf, in der engen persönlichen und brieflichen Verbindung zu Milda Engert und in den Kontakten zu anderen Namensträgern, u. a. zur Kampfgruppe "Otto Engert" Leipzig oder der 4. Bereitschaft der ZV "Otto Engert" in Bünauroda, ihren Ausdruck fand. In diesem Rahmen entstand auch die vorliegende Materialsammlung.



Der Bestand Materialsammlung Engert wurde am 17. Mai 1994 in völlig ungeordnetem Zustand von der Realschule Posa als Schenkung in das Thüringische Staatsarchiv Altenburg übernommen. Er besitzt einen Gesamtumfang von 0,9 lfd. m und eine Laufzeit von 1895 bis 1990. Im Oktober/November 1995 erfolgte eine erste Bearbeitung der Sammlung in Gestalt der Ordnung, Verzeichnung, Anfertigung einer Findliste und technischen Behandlung. Ihren endgültigen Abschluß fand die Erschließung mit der nachträglichen Datenerfassung und dem Findbuchausdruck über das EDV-Programm AUGIAS-ARCHIV im Februar 2000.
Der Bestand setzt sich aus den drei Teilen Materialien aus dem persönlichen Nachlaß von Otto Engert (1895 - 1945), Materialien aus dem persönlichen Nachlaß der Ehefrau Milda Engert (1899 - 1985) und Materialien der Otto-Engert-Oberschule Posa zur Schulgeschichte und Traditionspflege zusammen. Diese thematischen Abschnitte bilden zugleich die drei Hauptgruppen der inneren Ordnung. Zur Sammlung gehören neben der aktenmäßigen Schriftgutüberlieferung im klassischen Sinne auch verschiedene andere Archivaliengattungen - einzelne Ausweise, Urkunden, Medaillen, zahlreiches Dokumentationsmaterial, Bücher sowie Bild- und Tondokumente.
Da die Mehrzahl der Archivalien eher dem Charakter von Sammlungs- und Dokumentationsgut entspricht und nur relativ wenige Originalstücke aus den persönlichen Nachlässen von Otto und Milda Engert stammen, wurde entschieden, den Bestand nicht als Nachlaß zu definieren, sondern ihn tektonisch in die Abteilung der Sammlungen des Archivs einzugliedern. Dort reiht er sich als gute Ergänzung zum Gesamtbestand des Thüringischen Staatsarchivs Altenburg ein. Inhaltlich bieten seine Materialien Auswertungsmöglichkeiten für die lokale und regionale Forschung in den Bereichen Personengeschichte, Geschichte der Arbeiterbewegung und des antifaschistischen Widerstandskampfes und Schulgeschichte.