Bestandssignatur

1-15-0004

Laufzeit

1524-1930

Umfang

165,0 lfm

Findmittel

Online-Findbuch

Inhalt

Vorwort

1. Behördengeschichte

Im Zuge der Reformation bildeten sich in den evangelisch gewordenen Territorien die Konsistorien als neue kirchliche Aufsichts- und Leitungsgremien heraus, die im landesherrlichen Auftrag dessen als "Notbischof" beanspruchten Rechte und Aufgaben sowie die geistliche Gerichtsbarkeit (v. a. Gerichtsbarkeit über Geistliche, Verhängung von Kirchenstrafen, Ehegerichtsbarkeit) wahrnahmen. Mit der Zeit etablierte sich die Aufsicht über das Bildungswesen, das als Bestandteil der Kirche angesehen wurde, zunehmend zu einer eigenständigen Aufgabe.

Das Konsistorium in Altenburg entstand im Jahr 1612, wenige Jahre nach der Abtrennung des (alten) Herzogtums Sachsen-Altenburg von Sachsen-Weimar. Es bestand auch nach der Bildung Sachsen-Gotha-Altenburgs 1672 für den Altenburger Landesteil weiter. Nach der Landesteilung von1680 war es auch für Sachsen-Saalfeld und Sachsen-Eisenberg zuständig. Mit der Neuaufteilung der ernestinischen Territorien 1826 verlor es, den neuen Grenzen folgend, die Zuständigkeit für den Saalfelder Landesteil, die Herrschaft Camburg und andere abgetretene Gebiete.

Mit der Neuordnung der Ministerialorganisation in Sachsen-Altenburg 1866 blieb es zunächst als Fachkollegium unterhalb der Ersten Ministerialabteilung bestehen, bis es 1869 im Zusammenhang mit der Bildung einer besonderen Ministerialabteilung für Kultusangelegenheiten als oberster Verwaltungsbehörde für Kirche und Schule aufgelöst wurde. Die Ministerialabteilung für Kultusangelegenheiten blieb auch nach der Bildung des Landes Thüringen 1921 als Teil der Gebietsregierung Altenburg tätig, gab jedoch bis zu deren Auflösung 1923 zunehmend Aufgaben an das Thüringer Volksbildungsministerium und das Thüringer Wirtschaftsministerium (Stiftungen) sowie die neugeschaffenen Institutionen der Thüringer Landeskirche ab.

2. Bestandsbeschreibung

Der Bestand "Ministerium zu Altenburg, Abteilung für Kultusangelegenheiten", in den auch die Akten des Konsistoriums Altenburg als Vorgängerbehörde eingegangen sind, umfasst ca. 195 laufende Meter Akten (11456 AE) aus der Tätigkeit der obersten Kirchen- und Schulbehörden des Fürstentums, Herzogtums und Freistaats Sachsen-Altenburg vom 16. Jahrhundert bis zur Auflösung der Altenburger Gebietsregierung 1923. Der Bestand wurde 1930 in das Staatsarchiv Altenburg überführt.

Im Zuge der Bearbeitung wurden 82 unverzeichnete Akten, die hauptsächlich aus der Tätigkeit der Ephorien (d. h. der Superintendenten) Schmölln, Gößnitz und Roda als Kirchen- und Schulaufsichtsbehörden stammen, als inhaltliche Ergänzung in den Bestand aufgenommen.

2.1. Laufzeit
Der Kern der Überlieferung setzt mit der Bildung des Altenburger Konsistoriums im Jahr 1612 ein. Einzelne Akten reichen bis ins Jahr 1526 zurück, einzelne Abschriften sogar bis ins 15. Jahrhundert. Die Überlieferung endet in der Regel mit der Auflösung der Altenburger Gebietsregierung im neugebildeten Land Thüringen im Jahr 1923.
In der Folge wurden umfangreiche Aktenbestände an das Thüringer Volksbildungsministerium und das Thüringer Wirtschaftsministerium in Weimar sowie die Institutionen der Thüringer Landeskirche abgegeben. Viele sind später wieder in das Staatsarchiv Altenburg zurückgekommen, es bestehen jedoch auch Lücken, insbesondere bei den Akten zum höheren Schulwesen und den Stiftungen.

2.2. Gliederung und Inhalt
Der Bestand gliedert sich in die Teilbestände "Ephorien" (ursprünglich: "Parochialfächer"), "Spezialfächer" und "Generalfächer"

2.2.1. Ephorien

Der Teilbestand Ephorien umfasst vorrangig Kirchen- und Schulangelegenheiten von örtlicher Bedeutung, z. B. zur Anstellung und Besoldung der Geistlichen und Schullehrer, Bautätigkeit an Kirchen, Schulen und Pfarrgebäuden, Verwaltung der Kirchenkassen und -vermögen. Er ist folglich nach geographisch-administrativen Gesichtspunkten gegliedert, konkret in die fünf in der ersten Hälfte des 19. Jahrhundert bestehenden Ephorien (Aufsichtsbezirke der Superintendenten) Altenburg, Ronneburg, Eisenberg, Kahla und Roda (Stadtroda) und unterhalb in die einzelnen Parochien. Dazu kommt ein Abschnitt für in ausländische Parochien eingepfarrte Ortschaften (1.6.). Spätere Veränderungen in der kirchlich-administrativen Zugehörigkeit wurden in der Gliederung nicht abgebildet. So umfasst beispielsweise die Ephorie Altenburg 46 Parochien, von denen einige später zu den Ephorien Schmölln und Gößnitz gehörten.
Die Gliederung des Teilbestands Ephorien wurde bei der Bearbeitung übernommen. Im Bereich der in ausländische Parochien eingepfarrten Ortschaften wurden Kategorien für die einzelnen Orte angelegt und die Akten zu St. Gangloff an einer Stelle zusammengeführt (1.6.5.3.).

Innerhalb der Parochien ist der Bestand inhaltlich gegliedert. Diese Gliederung umfasst in der Regel die Punkte

1. Matrikeln (Verzeichnisse über Einkünfte, Rechte und Pflichten der Geistlichen und Schullehrer)
2. Anstellung und Einkommen der Pfarrer und Schullehrer
3. Baulichkeiten
4. Allgemeines

Insbesondere bei Städten und größeren Gemeinden können z. B. auch Angelegenheiten des Kirchenvermögens, allgemeine Schulangelegenheiten oder das Begräbniswesen als eigenständige Gliederungspunkte hinzukommen. Auch Parochien mit bestehenden Filialgemeinden (abhängige Tochtergemeinden mit eigenen Kirchen und z. T. Schulen) können entsprechend mehr Unterkategorien enthalten.

2.2.2. Spezialfächer
Die "Spezialfächer" (ca. 1458 AE) umfassen einerseits Angelegenheiten des Konsistoriums als Justiz- und Disziplinarbehörde, wobei infolge der Aufhebung der Zuständigkeiten als gerichtlicher Instanz in der Mitte des 19. Jahrhunderts in großem Umfang Akten an die nun zuständigen Gerichtsämter abgegeben oder später kassiert wurden. So sind z. B. die Akten zu Ehegerichtsverfahren sowie Schulden- und Konkursprozessen im Bestand überhaupt nicht mehr vorhanden.
Auch in anderen Fragen der Zivilgerichtsbarkeit weist der Bestand zuweilen erhebliche Lücken auf.
Neben der Funktion als Ehegericht war das Konsistorium als Justizbehörde zuständig für alle Angelegenheiten, die Geistliche und Schullehrer sowie deren Familienangehörige betrafen. Dies gilt einerseits für die sogenannte freiwillige Gerichtsbarkeit, zu der im Bestand nur noch einzelne Akten zu Nachlassangelegenheiten (2.1.1.) vorhanden sind. Von der ursprünglichen Funktion als Gerichtsstand für alle Verfahren, die sich gegen Angehörige des geistlichen Standes richteten, blieben dem Konsistorium bzw. der Kultusministerialabteilung zunehmend nur noch Untersuchungsbefugnisse in Disziplinarangelegenheiten (2.1.2.).
Zudem war das Konsistorium zuständig für bestimmte Rechtsfragen mit Bezug auf kirchliche Angelegenheiten, insbesondere der Aufteilung der Beiträge und Frondienste bei Kirchen- und Schulbauten (2.1.3.), bei denen es aufgrund der sozialen Differenzierung in den Dörfern und der komplexen Verhältnisse zwischen Haupt- und Filialgemeinden öfter zu Streitigkeiten oder gar förmlichen Prozessen kam. Hier wurden als Unterpunkt auch die Streitigkeiten und Prozesse über Lehnsrechte der Pfarreien über einzelne Häuser und Grundstücke mit dabei konkurrierenden Ämtern und Rittergütern eingeordnet.
Die Prozesse folgten einem stark formalisierten und oft langwierigen Verfahren. Nach Erhebung der Klage wurde zunächst im sogenannten Klageverfahren über die Abgrenzung des Streitgegenstandes und die Inhalte der Beweisführung verhandelt. Diese wurde durch ein Urteil, das sogenannte Beweisinterlokut abgeschlossen. Anschließend stellten die Streitparteien Beweisartikel und es folgten die sogenannten Produktionstermine zur Aufnahme und Führung des Beweises. Dem schloss sich der Austausch verschiedener Schriftsätze im Hauptverfahren an. Gegen Urteile konnte die sogenannte Läuterung (auch: Leuterung) eingelegt werden, die sich gegenüber der Berufung vor allem darin unterscheidet, dass das Konsistorium als Gerichtsinstanz zuständig blieb und in der Regel keine neuen Beweismittel zulässig waren. Die Urteile fällte das Konsistorium in der Regel nicht selbst, sondern holte sie bei zur Rechtsprechung berufenen Institutionen, den juristischen Fakultäten der Universitäten und den Schöppenstühlen ein.
Einen erheblichen Anteil des Teilbestandes bilden auch die Anordnungen, Differenzen und Prozesse über die Besetzung der Kirchstühle (2.2.), die an den meisten Orten entweder am Besitz von Häusern hafteten oder gelöst, d.h. gegen Geld erworben, werden mussten.

Ebenso finden sich in den Spezialfächern die abgelieferten Berichte der Geistlichen und Superintendenten zu verschiedenen Themen (2.3. - 2.5.). Seit 1787 mussten die Geistlichen, zunächst nur die Landgeistlichen, jährliche Berichte über die von ihnen geleistete Schulaufsicht abliefern, die zunehmend Aussagen über den Zustand der Schule enthielten. Seit 1825 folgten die Schulberichte (2.3.) einem festen Schema mit zahlreichen Angaben zu den schulischen Verhältnissen. Diese Systematikgruppe enthält außerdem die Protokolle der Spezialschulvisitationen durch die Superintendenten bzw. Bezirksschulinspektoren.

Auch die Erhebung von Kirchen- und Bevölkerungsstatistiken gehörte zu den Aufgaben des Konsistoriums (2.4.). So umfasst der Bestand die jährlich abzuliefernden sogenannten Kirchennachrichten und Seelenregister, die Angaben zu den geistlichen Handlungen (Trauungen, Taufen, Begräbnisse, Abendmahl) und zur Bevölkerung der einzelnen Parochien enthalten. Diese wurden mit der Zeit durch immer mehr Angaben ergänzt, insbesondere die Berichte über das Auftreten der Blattern (Pocken) und die entsprechenden Impfungen, über die Blinden und Taubstummen, Selbstmorde, Andersgläubige usw.
Seit dem Beitritt Sachsen-Altenburgs zum Deutschen Zollverein 1834 wurden jährliche Volkszählungen durchgeführt, für die bis einschließlich 1863 das Konsistorium zuständig war, wohl da die Geistlichen ohnehin die Kirchenbücher führten. So finden sich im Bestand auch die sogenannten Bevölkerungslisten mit den Ergebnissen der Volkszählungen in den einzelnen Orten und Parochien.

Der abschließende kleinere Abschnitt (2.5.) umfasst vor allem nach den Ephorien geordnete Auszüge aus den Kirchrechnungen der einzelnen Gemeinden.

2.2.3. Generalfächer
Die "Generalfächer" wiederum umfassen die Akten zu Angelegenheiten aus dem Geschäftsbereich des Konsistoriums und der Ministerialabteilung für Kultusangelegenheiten (MdK) von überörtlicher bzw. landesweiter Bedeutung. Sie sind entsprechend nach inhaltlichen Kriterien geordnet und decken ein breites Themenspektrum ab. Folglich können sie auch Gebiete betreffen, die nicht zum 1826 neugebildeten Herzogtum Sachsen-Altenburg gehören

Der Teilbestand wird nach der überarbeiteten Systematik untergliedert in Ministerialangelegenheiten (3.1.), Allgemeine Angelegenheiten der Geistlichen und Schullehrer, Kirchen und Schulen (3.2.), Bildungswesen (3.3.), Fürsorgeangelegenheiten (3.4.), Kirchenwesen (3.5.) und Sonstige Angelegenheiten (3.6.).
Ministerialangelegenheiten meint hier in einer breiteren Bedeutung Angelegenheiten des Konsistoriums und der MdK sowie allgemeine Landesangelegenheiten mit Bezug zum Kirchen- und Schulwesen. Dies beinhaltet zunächst entsprechende Gesetze und Verordnungen (3.1.01.). Dabei wurden Akten zu Gesetzen und Verordnungen, wenn dies gut und eindeutig möglich war, nach inhaltlichen Kriterien anderen Kategorien zugeordnet.
Gebete und Fürbitten sowie Verkündungen von den Kanzeln bei fürstlichen Geburten, Hochzeiten, Todesfällen und anderen besonderen Anlässen bilden das Rückgrat der Kategorie Landesregenten und ihre Familien (3.1.02).
Der Systematikgruppe (3.1.03) zu den allgemeinen Angelegenheiten des Konsistoriums als Behörde (Ordnungen und Geschäftsverteilung, Anstellung und Besoldung der Mitglieder und Kanzleimitarbeiter, Geschäftsgang der Konsistorialkanzlei, Räumlichkeiten, Archiv) steht eine analoge Kategorie zu den Angelegenheiten der Ministerialabteilung für Kultusangelegenheiten (3.1.04) gegenüber.
Dem Konsistorium bzw. der Kultusabteilung war auch die Verwaltung verschiedener Kassen unterstellt (3.1.05), insbesondere der Kollektenkassen, der Allgemeinen Schulkasse, der Landeskirchenhilfskasse und der Kasse des Freitischs am Friedrichgymnasium. Eng mit der direkten oder indirekten Aufsicht über sämtliche Kassen zu frommen Zwecken war die Aufsicht über die hinterlegten Wertpapiere verbunden (Depositalwesen - 3.1.06).

Konsistorium und MdK führten auch Verhandlungen mit anderen Staaten in Kirchen- und Schulfragen (3.1.07).
Die territoriale Zersplitterung sorgte für zahlreiche Differenzen und sonstigen Abstimmungsbedarf, insbesondere in Fragen der kirchlichen Hoheitsrechte und der Schulverhältnisse. Ein weiteres Betätigungsfeld bot die Bildung übergreifender Institutionen des Deutschen Protestantismus seit dem 19. Jahrhundert (Deutsche Evangelische Kirchenkonferenz, Deutscher Evangelischer Kirchenausschuss, Deutscher Evangelischer Kirchenbund, Kirchentage) sowie die zunehmend engere Zusammenarbeit zwischen den thüringischen Staaten.

Die allgemeinen Angelegenheiten der Geistlichen, Schullehrer Kirchen und Schulen (3.2.) wurden in einer Kategorie zusammengeführt. Diese umfasst nun neben den Personalangelegenheiten (z. B. Vereidigung, Anstellung und Besoldung einschließlich der damit einhergehenden Gesuche) beispielsweise auch Material zur Beaufsichtigung und Handhabung der Kirchenvermögen, zur Stellung und Nutzung der Pfarr- und Schulgrundstücke sowie zur Regelung der Aufbringung der Kirchen- und Schullasten, d. h. der Bau- und Unterhaltskosten. Besonders hinzuweisen ist auf die Akten zu zwei grundlegenden Veränderungen der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Geistlichen, Schullehrer und der Kirche im Allgemeinen, den Ablösungen der Frondienste, Zins- und Naturalabgaben nach 1835) sowie die Aufhebung der meisten sog. Stolgebühren für geistliche Amtshandlungen wie Taufen, Trauungen und Beerdigungen 1876, die beide umfangreiche Entschädigungsregelungen und -berechnungen nach sich zogen.

Einen wichtigen Schwerpunkt der Tätigkeit des Konsistoriums und der MdK bildete die Beaufsichtigung und Leitung eines sich zunehmend ausdifferenzierenden Bildungswesens (3.3.), das zunehmend nicht mehr als Anhängsel der Kirche, sondern als eigenständiger Bereich begriffen wurde.
Neben den Volksschulen (3.3.2.) bestand bis weit in das 19. Jahrhundert lediglich das Gymnasium in Altenburg (später Friedrichgymnasium) als höhere Schule, dessen Besuch nach bestandener Abiturprüfung (3.3.1.09) vor dem Konsistorium zum Besuch der Landesuniversität Jena und anschließend (oder mittels einer Ausnahmebewilligung auch anderer Universitäten (3.3.1.10) berechtigte. Durch die Rolle des Konsistoriums als Prüfungskommission sind im Bestand zahlreiche Unterlagen, oft auch Prüfungsarbeiten der Abiturienten vorhanden. Zudem wurden Listen über Noten und wirtschaftliche Verhältnisse angelegt, die später die Stipendienvergabe erleichtern sollten.
Unterhalb der Gymnasien entstanden Ende des 19. Jahrhunderts Realschulen (3.3.1.07) in Altenburg (später Realgymnasium) und Schmölln. Zwischen Real- und Volksschulen traten in Städten und größeren Landgemeinden die Mittelschulen (3.3.3.). Fortbildungsschulen, die Vorläufer der heutigen Berufsschulen, entstanden zunächst in den Städten, mit der Einführung der Fortbildungsschulpflicht in Sachsen-Altenburg flächendeckend.
Die vorhandenen Akten zu sämtlichen Schulformen beinhalten vor allem Material über die Anstellung und Besoldung der Lehrer, die Schulgesetze und Schulorganisation, die Schuldisziplin, Lehrpläne und Lehrmittel, die Schulgebäude, die Verwaltung spezieller Schulkassen, neuere Unterrichtsgegenstände wie Turn- und Handarbeitsunterricht, die Ausübung der Schulaufsicht durch Konsistorium bzw. MdK, Bezirksschulinspektoren, die geistliche Ortsschulaufsicht sowie die Schulleiter (an größeren Schulen).

Für die Ausbildung der Volksschullehrer bestand seit 1787 das Schullehrerseminar in Altenburg. Der Teilbestand (3.3.6.) enthält neben Material zur Organisation des Instituts (Rechnungswesen, Baulichkeiten, Anstellung der Lehrkräfte etc.) auch Prüfungsunterlagen.

Konsistorium und MdK waren in gewissen Umfang auch für Fürsorgeangelegenheiten (3.4.) zuständig. Als Bildungsbehörden waren sie für die Ausbildung und Versorgung blinder, gehörloser oder sonst geistig und körperlich behinderter oder gebrechlicher Kinder im Schulalter zuständig (3.4.1.). In Einzelfällen erstreckte sich dies auch auf Erwachsene.
Als Aufsichtsbehörde waren dem Konsistorium das Witwen- und Waisenhaus in den Roten Spitzen (3.4.2.) sowie die beiden Hospitäler in Altenburg (3.4.3.) unterstellt. Auch führte es die Aufsicht über die verschiedenen
Unterstützungskassen zugunsten der Hinterbliebenen der Geistlichen und Schullehrer (3.4.5.), die mit deren Anschluss an die allgemeine Witwenkasse der Staatsdiener im Jahr 1832 aufgehoben wurden. Die Verhältnisse der Geistlichen und Schullehrer zur Allgemeinen Witwenkasse (3.4.4.) lagen folgerichtig ebenso im Geschäftsbereich des Konsistoriums bzw. der MdK.
Einen umfangreichen Teilbestand bilden die Akten über die Verwaltung der Stipendien und frommen Stiftungen (3.4.6.), die durch Konsistorium und MdK beaufsichtigt oder - wie im Falle der landesherrlichen Universitätsstipendien und der Tischstellen am Konviktorium bzw. der akademischen Speiseanstalt zur Versorgung unbemittelter Studenten in Jena - zum Teil auch selbst besorgt wurden. Darüber hinaus unterstanden vor allem Stipendien und Stiftungen zur Unterstützung von Familienangehörigen wie die Gottersche Stiftung, Stiftungen zugunsten von Kirchen und Schulen, Stiftungen zur Unterstützung von Geistlichen und Schullehrern (wie die des Staatsministers Bernhard von Lindenau) der Aufsicht des Konsistoriums bzw. der MdK

Auch die Beteiligung der Geistlichen und Kirchenkassen an der Armenfürsorge (3.4.7) sowie der zunehmende Bedeutungsgewinn von Missionstätigkeit und kirchlicher karitativer Tätigkeit (3.4.8.) finden im Bestand ihren Niederschlag. Die Unterstützung der Kleinkinderbewahranstalten (3.4.9.) ist um 1880 aus dem Geschäftsbereich der Ministerialabteilung des Innern an die MdK gelangt.

Ein weiterer bedeutender Teilbestand (3.5.) ergibt sich aus der Tätigkeit von Konsistorium und MdK als oberster Kirchenbehörde bis zur Trennung von Staat und Kirche (3.5.13) infolge des Endes der Monarchie und der Weimarer Reichsverfassung.
Dies umfasste einerseits ganz allgemein die Regelung des Gottesdienstes (3.5.01). Dieser Begriff wurde sehr umfassend verstanden und umfasste neben den Regelungen der Kirchenordnung und Liturgie im engeren Sinne (3.5.01.4.) besondere Anordnungen, beispielsweise von Reformationsjubiläen (in 3.5.01.1.), Fürbitten und Dankgebeten (3.5.01.2.), Bußtagen (3.5.01.3.), die Einhaltung der Sonntagsruhe (3.5.01.6.) oder auch Glaubensübertritte (3.5.01.7.). Auch Auseinandersetzungen um Glaubenspraxis und -lehre (3.5.01.5.), insbesondere mit dem Pietismus und die Angelegenheiten anderer religiöser Gemeinschaften, d. h. der Katholiken und evangelischen Freikirchen (3.5.01.8.) finden sich hier.
Umfangreich ist auch der Aktenbestand zu den besonderen gottesdienstlichen Handlungen (3.5.01.5 - 3.5.01.9), speziell dem zusammenhängenden Komplex aus Beichte, Abendmahl, Konfirmation und Glaubensunterweisung sowie den Kasualien (Taufe, Trauung, Begräbnis) mit ihren zahlreichen gesetzlichen Bestimmungen zu Voraussetzungen, Ablauf einschließlich flankierender Regelungen zu den begleitenden öffentlichen Feiern und den Möglichkeiten, von diesen Bestimmungen zu dispensieren, also Ausnahmen zuzulassen.
Andererseits waren Konsistorium und MdK auch die Oberbehörde für die Kirchenaufsicht (3.5.02) mit ihren zahlreichen Institutionen und Ebenen (Generalvisitation, Spezialvisitation durch den Landkircheninspektor, Superintendenten, Ortskirchenaufsicht oder als kollektive Form der Aufsicht und Beratung die Ephoralkonferenzen der Geistlichen).
Material zur Handhabung der kirchlichen Strafgewalt und Kirchenzucht tritt uns vor in den Akten vor allem als Handhabung der mit dem schönen Namen "Kirchenzensurentschädigungsgelder versehenen Bußgelder (in 3.5.03) sowie des Problems der Ahndung vorehelichen Beischlafs bzw. des "Missbrauchs der Ehrenzeremonien", d. h. der ehrenvollen Trauung (3.5.04) entgegen.
Dem Konsistorium oblag auch die weitere Ausbildung der Theologiestudenten nach dem Verlassen der Universität bis zur Anstellung als Geistliche. Dazu diente die Institution der Kandidatur der Theologie (oder des Predigtamts), die sich mit der Zeit in ein System aus zwei theologischen Prüfungen entwickelte, der noch besondere Gastpredigten und Kolloquien (Amtsprüfung) bei endgültiger Anstellung und Versetzung folgen konnten und das mit der Zeit durch weitere Institutionen wie das sog. Predigerseminar unterfüttert wurde.
Im Zusammenhang mit den theologischen Prüfungen befinden sich im Bestand zahlreiche Prüfungsunterlagen, Prüfungsarbeiten und Gastpredigten (3.5.10) sowie Prüfungs- und Personalakten (3.5.11).

Einige besondere Aufgabengebiete des Konsistoriums und der Ministerialabteilung für Kultusangelegenheiten (3.6.) ließen sich nicht in die 5 Hauptkategorien einordnen. Dies betrifft die Aufgabe als Obervormundschaftsbehörde für die Angehörigen der Geistlichen und Schullehrer bzw. sofern sie für unmündig erklärt wurden auch diese selbst (3.6.1.), die verschiedenen Angelegenheiten im Zusammenhang mit dem Militär und mit Kriegsauswirkungen (3.6.2.), d. h. v. a. Militärseelsorge, Militärdienst der Geistlichen und Schullehrer, Kriegsanleihen, Kriegsschäden, den Einschluss der Kirchen-, Pfarr- und Schulgebäude in die allgemeine Brandversicherung (3.6.3.), Angelegenheiten des Buchdrucks und der geistlichen Buchzensur sowie die Herausgabe von Gesangbüchern, Lehrbüchern und anderer Schriften (3.6.4.), Angelegenheiten der geistlichen Gerichtsbarkeit bis zu deren Aufhebung im Zuge der Neuordnung der Gerichts- und Unterbehörden in Sachsen-Altenburg 1854 (3.6.5.), die Handhabung des Abzugsgeldes bei Geistlichen und Schullehrern (3.6.7.), einer Vermögenssteuer bei Wegzug oder Verkauf des nicht am Wohnort ererbten Besitzes, die Ausstellung besonderer Privilegien, insbesondere zum Orgelbau sowie die Klärung von Differenzen, die sich an den Berührungspunkten zwischen Handwerksprivilegien und dem besonderen Stand der Geistlichen und Schullehrer entzündeten (3.6.6.).

3. Erschließung

Die Erschließung konnte im Dezember 2020 abgeschlossen werden. Sie erfolgte in mehreren Abschnitten. Die Ephorie Altenburg wurde durch Max Stern bearbeitet (Oktober 2012 - März 2013). Die Bearbeitung der "Generalfächer" erfolgte durch Max Stern (April - Juni 2013, März 2018 - April 2019), Katharine Lukat (Juni 2015) und Dr. Dörte Hansen (Oktober - Dezember 2015). Die Spezialfächer (Mai - September 2019) und die übrigen Ephorien (September 2019 - Dezember 2020) bearbeitete wiederum Max Stern.

Damit konnten die bisher genutzten handschriftlichen Findbücher aus dem Behördengebrauch durch ein Online-Findbuch ersetzt und die Benutzbarkeit und Durchsuchbarkeit des Bestandes verbessert werden.

Die Hauptziele lagen, über die Korrektur einzelner falscher oder missverständlicher Aktentitel hinaus, in der Anpassung der Aktentitel an den vorgefundenen Inhalt sowie der Ersetzung heute ungebräuchlicher oder missverständlicher historischer Begrifflichkeiten, soweit sie nicht für das Verständnis der Akte von Bedeutung sind. Ergänzungen in Klammern, insbesondere bei sich verändernden Ortsnamen, z. B. Naundorf (Rautenberg) oder Roda (Stadtroda) oder bei wichtigen historischen Begrifflichkeiten sollen die Verständlichkeit verbessern.

Enthält-Vermerke geben zusätzlich Informationen zu interessanten Einzelfällen und -dokumenten, beispielhaften Fällen und typischen Vorgängen, die in den Akten zu finden sind.

Auch die Laufzeiten der Akten wurden neu erfasst. Die überarbeitete Systematik der "Generalfächer" soll die Auffindbarkeit interessanter Akten für die Benutzer verbessern. Der Aktenumfang wurde (mit Ausnahme der Nummern 454 - 1656) unter der Voraussetzung aufgenommen, dass eine zumindest annähernd vollständige Foliierung der Akte vorliegt. Bei fehlender oder stark unvollständiger Foliierung (oftmals aus dem Behördengebrauch) musste auf diese Angabe aus zeitlichen Gründen verzichtet werden.

Die angestrebte Verwendung möglichst einheitlicher Begrifflichkeiten konnte nicht immer vollständig verwirklicht werden. So kann der heute eher ungebräuchliche Begriff "Irrung" für alle möglichen Differenzen stehen, von einem kleinen Irrtum eines Beteiligten bis hin zum jahrelangen förmlichen Prozess. Eine "Beschwerde" kann auch eine förmliche gegen eine andere Person gerichtete "Klage" sein und umgekehrt. Begriffliche Schwierigkeiten konnten sich auch bei Institutionen von langer Dauer ergeben, deren Bezeichnung im Laufe der Zeit variierte. Ein prägnantes Beispiel ist der Zuständigkeitsbereich des Altenburger Konsistoriums selbst, der Teilstaat des Fürstentums Sachsen-Gotha-Altenburg mit eigenen Landesbehörden, Ständen und Gesetzen, der uns mal als Altenburger Landesportion (Landesteil), mal als Fürstentum bzw. Herzogtum Altenburg entgegentritt, den man aber nach heutigen Benennungsgewohnheiten auch Sachsen-Altenburg nennen könnte.

Eine wichtige begriffliche Unterscheidung, die bei der Neubildung der Aktentitel zur Vermeidung von Missverständnissen vorgenommen wurde, ist die zwischen Pfarrei und Parochie. Pfarrei bezeichnet in diesem Findbuch immer die Stelle des Pfarrers und ihre Zugehörungen an Einkommen, Besitz, Rechten etc. während das Kirchspiel bzw. der Kirchsprengel immer als Parochie bezeichnet wird.

Altenburg im Dezember 2020 Max Stern