Bestandssignatur
4-51-1060
Laufzeit
1946 - 1990
Umfang
5,9 lfm
Findmittel
Inhalt
Einleitung
Die Deutsche Volkspolizei 1945 – 1990
Mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs und dem Zusammenbruch der nationalsozialistischen Herrschaft entstand in Deutschland ein politisch-administratives Vakuum. In der Absenz funktionsfähiger polizeilicher Strukturen standen zunächst die Besatzungsmächte für die Sicherstellung der öffentlichen Ordnung ein. Beginnend mit einem Befehl derjenigen Berlins vom 25. Mai 1945 ordneten die sowjetischen Kommandanturen die Einrichtung einer neuen Polizei in Anlehnung an die Polizeiorgane der Weimarer Republik unter den Innenministerien der Länder an. Deren Angehörige rekrutierten sich zunächst zu einem Großteil aus den Gruppen der KPD-Mitglieder, Widerstandskämpfer und politisch Verfolgten des Naziregimes. Von Beginn an oblag ihnen, ideologisch vorgeprägt, die Gewährleistung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, die Kriminalitätsbekämpfung, Verkehrsüberwachung sowie das Erlaubnis- und Meldewesen.
Nach der Bildung der Deutschen Verwaltung des Innern (DVdI) zufolge SMAD-Befehls vom 30. Juli 1946 als koordinierendes, beratendes und kontrollierendes Organ unter der Maßgabe einer sukzessiven Zentralisierung wurde die junge Volkspolizei schrittweise einheitlichen Strukturen und gesetzlichen Grundlagen unterworfen. Über die Folgejahre hinweg erließ die DVdI für die klassischen polizeilichen Dienstzweige der Schutz-, Kriminal- und Verwaltungspolizei sowie der Kraftfahrzeuginspektion entsprechende Vorschriften und Ordnungen. Auch traten neue Fachbereiche hinzu. Die Bahnschutzpolizei wurde ab 1946 zu einem speziellen Dienstzweig (Transportpolizei) umgebildet. Im Frühjahr 1948 übernahm die Volkspolizei die alleinige Verantwortung des gesamten Meldewesens. Gleichzeitig wurde die Zeitschrift „Die Volkspolizei“ als Informations-, Austausch- und Propagandamedium gegründet. Mitte desselben Jahres beschloss der SED-Parteivorstand die Bildung eines für die Gewährleistung der ideologischen Geschlossenheit durch Aus- und Weiterbildung der Polizisten zuständigen Polit-Kultur-Organes (PK) bei der Volkspolizei, welches der Parteiführung unmittelbar rechenschaftspflichtig war. Ab Mai 1949 traten qua SMAD-Befehl gebildete Betriebsschutzeinheiten hinzu, die der Volkspolizei zunächst lediglich unterstanden, 1951 als eigenständiger Dienstzweig in sie integriert und 1960 schließlich der Schutzpolizei untergliedert wurden. Ein letzter zentraler Aufgabenbereich trat 1956 mit dem Brandschutz hinzu.
Abseits der fachlichen Organisation bildeten sich im Herbst 1949 innerhalb der Volkspolizei unmittelbar der Hauptabteilung PK der Hauptverwaltung der Deutschen Volkspolizei (HDVP) unterstehende Landesverbände der SED und FDJ heraus. Über die Parteiorganisationen, welche in Bildungsarbeit und Durchführung von Gemeinschaftsaktivitäten eine wichtige propagandistische Funktion übernahmen, konnten Parteiführung und Zentralrat der FDJ in allen Hierarchieebenen der Volkspolizei direkten Einfluss auf die ideologische Entwicklung ausüben. Ähnlichen Motiven sah sich die im Juni 1950 gegründete Sportvereinigung der Deutschen Volkspolizei (ab 1953 Sportvereinigung Dynamo) verpflichtet. Vom Zentralbüro im Ministerium für Staatssicherheit geleitet, legte sie den Schwerpunkt auf die gezielte Förderung des Leistungssports sowie mittelbar die Jugendarbeit. In jedem Kreis existierten unter dem Dachverband der Sportvereinigung von Funktionären geführte Sportgemeinschaften (SG Dynamo), deren Vorsitzende mit den Leitern der jeweiligen VPKÄ identisch waren, sowie diverse Sportclubs.
Ebenfalls kein Bestandteil der Volkspolizei waren die im Juni 1953 vorrangig als Betriebsschutzeinheiten und für den Verteidigungsfall gegründeten paramilitärischen Arbeiterwehren (ab 1959 Kampfgruppen der Arbeiterklasse). Obgleich diese formal direkt der SED unterstanden, oblag den Bezirks- und Kreiseinsatzleitungen deren operative Führung. Diesen gehörten u. a. die Leiter der BdVP und VPKÄ an. Bis zur Auflösung der Kampfgruppen 1989 organisierte die DVP insbesondere die Ausbildung ihrer Mitglieder und besorgte die Mitgliederverwaltung.
Von besonderer Bedeutung für die Geschichte der Volkspolizei war das Jahr 1949. Einerseits erlangte die Bezeichnung „Deutsche Volkspolizei“ (DVP) anlässlich des 4. Gründungsjubiläums im Juni des Jahres offiziellen Charakter. Andererseits wurde sie im Zuge der Gründung der DDR im Oktober vermittelst der dort neu installierten HDVP dem Ministerium des Innern (MdI) unterstellt. Den Abschluss der strukturellen polizeibehördlichen Vereinheitlichung und Zentralisierung markierte die Verwaltungsreform 1952. Während die fünf Länder mit 132 Kreisen zugunsten von 14 Bezirken mit 217 Kreisen aufgelöst wurden, erhielt die DVP analog einen neuen hierarchischen Aufbau. In jedem Bezirk entstanden eine direkt der HDVP unterstellte Bezirksbehörde der Volkspolizei (BdVP) sowie auf der nachgeordneten Kreisebene entsprechende Volkspolizeikreisämter (VPKÄ).
Lokale Anforderungen berücksichtigend, operierten die VPKÄ mit einem Dienststellensystem aus Revieren, Wachen, Gruppen- und Einzelposten sowie Verkehrs- und Schutzpolizeikommandos. Abschnittsbevollmächtigte und Freiwillige Helfer unterstützten zudem seit 1952 maßgeblich die Präsenz im Alltag der Bevölkerung und gewährleisteten kontinuierliche Kontrollmöglichkeiten bis in den Privatbereich. Die dreigeteilte hierarchische Struktur hatte im Wesentlichen bis zum Ende der DDR 1990 bestand. Lediglich die Existenz der HDVP endete 1962, wovon die Leitungsrolle des Innenministers gegenüber der DVP unberührt blieb.
Während ihrer Anfangsjahre arbeitete die DVP auf Basis älterer gesetzlicher Bestimmungen, d. h. des Strafgesetzbuches von 1871, der Strafprozessordnung von 1877, des Gerichtsverfassungsgesetztes von 1877 und des preußischen Polizeiverwaltungsgesetzes von 1931, welche sukzessive durch Gesetze und Verordnungen novelliert oder ersetzt wurden. Dazu zählten u. a. das Gesetz zum Schutze des Volkseigentums vom 6. Oktober 1952, die Straßenverkehrsordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz vom 22. Oktober 1952, die Wirtschaftsstrafverordnung vom 9. Juni 1952, die Verordnung über die Zulassung Freiwilliger Helfer der DVP vom 25. September 1952 sowie die Verordnung über das Meldewesen in der Deutschen Demokratischen Republik vom 15. Juli 1965 (GBl. II Nr. 109 S. 761). Durch das Gesetz über die Aufgaben und Befugnisse der Deutschen Volkspolizei vom 11. Juni 1968 (geändert durch das Gesetz v. 24. Juni 1971 (GBl. I, S. 49) u. das Gesetz v. 14. Dezember 1988 (GBl. I, S. 329), aufgehoben durch das Gesetz über die Aufgaben und Befugnisse der Polizei v. 13. September 1990 (GBl. I, S. 1489)) erhielt die Volkspolizei eine spezifische Rechtsgrundlage.
Mit der Wiedervereinigung fiel die Polizeihoheit den restituierten Bundesländern zu. Die Personalunion von Innenminister und Polizeichef wurde aufgehoben, die DVP von den Landespolizeibehörden abgelöst. Gleichzeitig erfuhren die vorhandenen Ressourcen eine größtmögliche Nachnutzung. Während einige Organisationseinheiten – etwa die Grenzpolizei, der Betriebsschutz, Abschnittsbevollmächtigte und Freiwillige Helfer etc. – analog zu den Parteiorganisationen und dem System SV Dynamo aufhörten zu existieren, blieben die klassischen Dienstzweige unter Weiterverwendung der vorhandenen Arbeitsmittel, der Standortinfrastruktur sowie z. T. des Personals bestehen. Die Überführung in die neuen polizeilichen Strukturen war maßgeblich vom Bestreben geprägt, diese von politisch belasteten Mitarbeitern und Strukturelementen zu bereinigen.
Geschichte des Volkspolizeikreisamtes Neuhaus
Das Volkspolizeikreisamt Neuhaus entstand unter Nachnutzung polizeilicher Vorgängerstrukturen und -ressourcen im Zuge der Verwaltungsreform zufolge des Gesetzes über die weitere Demokratisierung des Aufbaus und der Arbeitsweise der staatlichen Organe in den Ländern in der Deutschen Demokratischen Republik vom 23. Juli 1952. Gemäß dem Befehl Nr. 53/52 des Chefs der DVP vom 23. Juli 1952 wurden in den Bezirken Erfurt, Gera und Suhl, welche das aufgelöste Land Thüringen ersetzten, Bezirksbehörden der Volkspolizei neu gebildet. Gleichzeitig erstanden in den Kreisen diesen nachgeordnete VPKÄ. Dasjenige Neuhaus wurde als eines von acht der BdVP Suhl unterstellt.
In seinem Aufbau folgte das VPKA der weitgehend einheitlichen Organisationsstruktur aller übergeordneten Polizeibehörden. Dem Amtsleiter unterstanden neben dem koordinatorische und organisatorische Aufgaben wahrnehmenden Stab, dessen Chef zugleich als stellvertretender Leiter fungierte, eine Kaderabteilung, die Stellvertreter des Leiters für Versorgungsdienste, Operativ und für politische Arbeit, die Fachabteilungen Kriminalpolizei, Verkehrspolizei, Schutzpolizei, Betriebsschutz, Versorgungsdienste sowie Pass- und Meldewesen. Die Abteilung Feuerwehr trat 1956 hinzu, der Betriebsschutz wurde 1960 in die Abteilung Schutzpolizei integriert. Der Amtsleiter führte zudem den Vorsitz der Sportgemeinschaft Dynamo Neuhaus und war in die Führung der Kampfgruppen maßgeblich involviert. Zudem engagierten sich zahlreiche Polizeiangehörige in diesen und waren Mitglied der Parteiorganisationen. Der Behördenaufbau blieb von wenigen untergeordneten organisatorischen Änderungen abgesehen bis zur Auflösung des VPKA bzw. dessen partieller Überführung in die Polizeiinspektion Neuhaus 1991 bestehen.
Die Leitung des Volkspolizeikreisamts Neuhaus oblag (unvollständig) :
Wicklein, Oberkommandeur 1952 – 1954
Rattner, Oberkommandeur/Rat 1954 – 1957
Kolitsch, Hauptmann 1958 – 1960
Findeisen, Hauptmann 1960
Hausdörfer, Oberleutnant/Hauptmann 1962 (kommissarisch), 1963 – 1966
Hesse, Major/Oberstleutnant 1970 – 1977
Künzl, Oberstleutnant 1980 – 1988
Winter, Major 1990
Bestandsgeschichte
Die Überlieferung des Volkspolizeikreisamtes Neuhaus kam in mehreren Abgaben verschiedener Stellen an das Staatsarchiv Meiningen. Bis 1990 übergaben die polizeilichen Dienststellen des Bezirkes ausgewählte Unterlagen regelmäßig an das Zwischenarchiv der BdVP Suhl, wo sie zunächst aufbereitet und zusammen mit dem Schriftgut der Bezirksbehörde in gleichfalls regelmäßigen Abständen dem Zentralen Endarchiv des Ministeriums des Innern der DDR angeboten wurden. Mutmaßlich gemäß einheitlichen Richtlinien fand hier eine Bewertung des Schriftgutes statt. Darüber informierende Dokumentationen sind nicht bekannt. Archivwürdige Unterlagen wurden unter der Bestandssignatur 22 aufbewahrt, die übrigen nach Ablauf der Aufbewahrungsfristen bei der BdVP kassiert.
Im Zuge der Auflösung der BdVP Suhl sicherte das Staatsarchiv Meiningen 1991 zunächst den Großteil des dort noch vorhandenen Registraturgutes, ohne dieses zu bewerten. Eine vorläufige Erschließung folgte. Im selben Jahr übernahm das Staatsarchiv den „Historischen Bestand der BdVP Suhl“ aus dem Zentralarchiv des MdI und gliederte diesen dem Bestand 4-51-101 BdVP Suhl an. Noch beim VPKA verbliebene Unterlagen übergab die Polizeiinspektion Neuhaus im Laufe der 1990er Jahre dem Staatsarchiv. Auch diese fanden in den Bestand BdVP Suhl Eingang.
Abseits verschiedener Umsignierungen blieben die Unterlagen lange Zeit unbearbeitet. Erst in Vorbereitung ihrer Sicherungsverfilmung fand 2015 bis 2017 eine Erschließung statt. Zu diesem Zeitpunkt waren die Teilbestände der VPKÄ bereits physisch ausgegliedert worden. Wenige weitere verbliebene Akten dieser Provenienz konnten durch die Neuerschließung identifiziert und umgegliedert werden.
Zu Beginn des abschließenden Erschließungsprojekts 2020 lag der die alte Bestandssignatur S 155 tragende Bestand VPKA Neuhaus in drei inhaltlich wie physisch getrennten, unterschiedliche Bearbeitungszustände aufweisenden Teilen vor:
1. Rückkehrer- und Zuziehendenakten: fachgerecht verpackt und signiert, unverzeichnet;
2. Verschiedene Karteien: in Karteischränken gelagert, schimmelkontaminiert, unverzeichnet;
3. Sonstiges Schriftgut: fachgerecht verpackt, signiert, unverzeichnet.
Als Findmittel dienten in Kopie gebundene und nach VPKA-Abteilungen geordnete Abgabelisten unterschiedlicher Provenienz. Diese gewährleisteten durch Angabe des Aktentitels und der Laufzeit zwar grundsätzlichen Zugang, konnten aber aufgrund ihrer funktional beschränkten Informationstiefe und hochschwelligen Bedienbarkeit auf lange Sicht lediglich als Provisorium dienen.
Um die Recherchemöglichkeiten zu verbessern, den Zugang technisch wie inhaltlich zu optimieren und den gesamten Bestand auch formal archivischen Aufbewahrungsstandards anzugleichen, wurden die Unterlagen im November und Dezember 2020 einer systematischen Erschließung und Verzeichnung nach dem Bär’schen Prinzip unterzogen. Hierbei wurden die Aktentitel gemäß den gültigen Grammatik- und Orthographieregularien vereinheitlicht, zur Verständnisverbesserung gekürzt oder gegebenenfalls neu gebildet, alte Registratur- und Archivsignaturen erhoben sowie erweiterte Inhaltsbestimmungen bedarfsgerecht vorgenommen. Umfangreiche Vorgangskonvolute, deren Zusammenstellung zu einer Akte offensichtlich ausschließlich auf thematische und zeitliche Analogien der auch formal geschlossene Einheiten darstellenden Teilstücke zurückging, wurden ggf. zur Verbesserung der Verpackungssituation und der Handhabbarkeit grob zu getrennten Verzeichnungseinheiten geteilt. Zudem unterlag der gesamte Bestand erschließungsbegleitend einer teils neuerlichen, teils erstmaligen Bewertung nach einheitlichem, auf alle VPKA-Bestände des Staatsarchivs Meiningen angewandtem Muster. Nach Eingabe der Erschließungsinformationen in die Archivdatenbank Augias-Archiv und der Implementierung einer Ordnungssystematik liegt der Bestand vollumfänglich sowie elektronisch recherchierbar vor.
Teil der Erschließungsarbeiten war es ebenfalls, die überlieferten Unterlagen auf ihren Erhaltungszustand hin zu prüfen. Aus konservatorischen Gründen mussten im Zuge dessen einzelne Akten für die Benutzung bis auf Weiteres gesperrt sowie nicht lagerungsbeständige Aktenbestandteile (v. a. Spurensicherungsfolie) entfernt werden.
Bestandsanalyse
Der Bestand umfasst 5,9 lfm Unterlagen, die mit Ausnahme der Rückkehrer-Zuziehenden-Akten vollständig flach erschlossen sind. Insgesamt deckt die Überlieferung den Zeitraum von 1946 bis 1990 ab. Dabei liegt der Schwerpunkt eindeutig auf den späten 1970er und 1980er Jahren, aus welcher Periode offenbar noch keine Abgabe an und Bewertung durch das Zentralarchiv des MdI stattgefunden hatte. Die vorhergehenden Jahrzehnte sind demgegenüber nur spärlich dokumentiert, was insbesondere aus dem Fehlen der gleichförmigen Massenakten resultiert.
Die Unterlagen des VPKA Neuhaus dokumentieren v. a. Zuständigkeit und Aufgabenwahrnehmung der Behörde durch eine beispielhafte Auswahl ihres Schriftguts. Nachgeordnet erlauben sie Rückschlüsse auf deren Organisation und Geschichte. Neben allgemeinen Einblicken in Geschäftsgänge sowie die Kommunikation mit übergeordneten und anderen öffentlichen Stellen nimmt die Interaktion mit der Bürgerschaft in alltäglichen wie außergewöhnlichen Umständen erheblichen Raum ein. Besonderes repetitive Vorgänge erhalten als Kernstück der Polizeiarbeit erhebliches Gewicht. Hierzu zählen die Anzeigenaufnahmen und Anzeigenbearbeitungen bei den Fachabteilungen der Kriminal-, Verkehrs- und Schutzpolizei ebenso, wie die Tagesrapporte und Lagefilme der Operativen Diensthabenden. Letztere sind vor allen anderen geeignet, das tägliche Geschehen kontinuierlich und kleinteilig nachzuzeichnen. Ergänzt wird dies durch Journale, welche einen Überblick der Korrespondenz einzelner Fachabteilungen bieten, und die Aktivitäten der Bediensteten nachzeichnende Tätigkeitsbücher. Demgegenüber erscheinen die Wahrnehmung klassischer Querschnittsaufgaben sowie der Verkehr zwischen den Abteilungen und mit anderen Stellen anhand der diese betreffenden, zumeist aus unzusammenhängenden Vorgängen formierten, thematisch diversen Akten deutlich schwieriger nachvollziehbar.
Die überwiegend Planungssachen, Arbeitsberichte aller Abteilungen und Besprechungsprotokolle umfassende Überlieferung der Amtsleitung bildet vorrangig die Arbeitsweise des Volkspolizeikreisamtes im politisch-ideologischen Kontext der zentralistisch organisierten DDR ab. In Ergänzung dessen bieten die mit der Arbeit in den Kampfgruppen, der Sportvereinigung Dynamo, den Parteiorganisationen sowie des Politischen Stellvertreters befassten Unterlagen eine vertiefte Sicht auf Facetten der Wirkungsweise alltäglicher ideologischer Indoktrination. Obgleich die Arbeit des Stabsbereiches und mehr noch der Fachabteilungen davon zwangsläufig ebenfalls nicht unbeeinflusst blieb, fokussieren deren Unterlagen klar auf die Erfüllung klassischer administrativer und in einem erweiterten Sinn (s. Feuerwehr, Pass- und Meldewesen, Betriebsschutz) polizeilicher Aufgaben. Neben der intendierten Abbildung der Behördenarbeit und -geschichte blicken sie mittelbar durch Ermittlungsverfahren, Eingaben, Ereignisanalysen und Antragsbearbeitungen etc. über alle gesellschaftlichen Distinktionslinien hinweg tief in die Öffentlichkeits- und Alltagskultur bis hinein in private Lebensläufe, -situationen und gar intime Gedankengebäude. Zusätzlich stellen zahlreiche statistische Berichte eine profunde Quelle für die Untersuchung z. B. der Kriminalitätsentwicklung oder des stark reglementierten grenzüberschreitenden Verkehrs im Kreis dar. Damit bildet insbesondere die Überlieferung der Fachabteilungen einen wertvollen Fundus für eine Vielzahl geschichtswissenschaftlicher Forschungsbereiche von der Politik- und Verwaltungs-, über die Alltags- und Sozial- bis hin zur Kriminalitäts-, Mentalitäts- und Migrationsgeschichte.
Nutzungshinweise
Im Allgemeinen bestehen die nach einheitlichem Aktenplan abgelegten, oft umfangreichen Akten aus verschiedenen, lediglich über die Aktenplanposition verbundenen Vorgängen. Infolgedessen unterliegt die zielgerichtete Adressierbarkeit fragestellungsabhängig mitunter klaren Grenzen. Insbesondere die Suche nach konkreten Ereignissen, Personen oder administrativen Handlungen wird dementsprechend auch durch das vorliegende Findmittel unzureichend unterstützt.
Der Rückgriff auf die Anzeigen- und Brieftagebücher mag hier als zusätzliche Einstiegsmöglichkeit dienen, mithilfe derer eine Datierung und Vorgangsbestimmung über die Geschäftszeichen ermöglicht wird. Auf diese Weise können zu adressierende Verzeichnungseinheiten identifiziert werden. Im Falle der Ermittlungsakten sind hierfür die in den Enthält-Vermerken nachgewiesenen Anzeigennummern zu nutzen. Allerdings bleibt mitunter eine weitere Zugangshürde – die teils jahrgangsübergreifende Zuordnung verschiedener Anzeigentagebuchnummern zu einer anderen thematisch gleichartigen – bestehen, indem sich die Angaben des Enthält-Vermerks ausschließlich auf den Hauptvorgang beziehen.
Literaturhinweise
Goschala, Franz/Römhild: Heinz: Beiträge zur Geschichte des Volkspolizei-Kreisamtes Bad Salzungen 1950 – 1979. Bad Salzungen o. J.
Lindenberger, Thomas: Volkspolizei. Herrschaftspraxis und öffentliche Ordnung im SED-Staat 1952 – 1968. Köln 2003.
Ministerium des Innern (Hg.): Geschichte der Deutschen Volkspolizei 1945 – 1961. Berlin 1979.
Schulze, Dieter: Das große Buch der Deutschen Volkspolizei. Geschichten – Aufgaben – Uniformen. Berlin 2006.
Korrespondierende Bestände
Landesarchiv Thüringen
4-51-1010 Bezirksbehörde der Deutschen Volkspolizei (BDVP) Suhl
4-51-3206 Kreisstaatsanwaltschaft Neuhaus
4-82-1060 Polizeiinspektion Neuhaus
Bundesarchiv Berlin-Lichterfelde
DO 1 Ministerium des Innern
DO 101 Sportvereinigung Dynamo
Bestellung von Akten im Staatsarchiv Meiningen:
4-51-1060 Volkspolizeikreisamt (VPKA) Neuhaus, Nr.
Zitierweise außerhalb des Staatsarchivs Meiningen:
Landesarchiv Thüringen - Staatsarchiv Meiningen, 4-51-1060 Volkspolizeikreisamt (VPKA) Neuhaus, Nr.