Laufzeit
1812-1923
Umfang
203 Akteneinheiten
Findmittel
Findkartei
Inhalt
Mühlhäuser Friedhöfe (ohne Ortsteile) - Friedhofsverwaltung
Die Stadt Mühlhausen hatte kurz vor 1802 beschlossen, die Friedhöfe der Stadt, die bei den Kirchen lagen, aufzuheben und vor die Stadt zu verlagern und schon entsprechend das Land außerhalb der Stadtmauer dafür gekauft. Die Mühlhäuser weigerten sich jedoch zunächst, sich außerhalb der Stadt begraben zu lassen. So wurden erst nach Einmarsch der Preußen auf Veranlassung des ersten preußischen Kommandeurs in Mühlhausen, General von Pelet, die Friedhöfe um die Kirchhöfe aufgelöst und ein erster überkonfessioneller Friedhof, der "Alte Friedhof", Ecke Eisenacher Straße/Brunnenstraße angelegt. Die Einweihung dieses Gottesackers erfolgte unter Regie der Preußen mit der Bestattung des Bürgermeisters H. Adolf Tilesius am 21. September 1802.
Ein erstes Leichenhaus für den "Alten Friedhof" nach den Plänen des aus Mühlhausen gebürtigen preußischen Hofbaurates Friedrich August Stüler wurde am 26.11.1839 eingeweiht. Erbaut worden ist es aus freiwilligen Spenden der Mühlhäuser Einwohner und einer großen Summe in Höhe von 600 Talern des Kaufmanns Heinrich Wilhelm Lutteroth. Außerdem hatte dieser auch ein Legat von 1.000 Talern gegeben, von dessen Zinsen die Friedhofsunterhaltung gesichert werden sollte.
In den Jahren 1889-1890 wurde eine Kapelle auf dem Alten Stadtfriedhof erbaut und am
23. März 1890 feierlich eingeweiht. Der Entwurf stammt vom Architekten und späteren Stadtbaurat Hans Messow. Die Kapelle besteht aus einem neuromanischen Saal mit Apsis und zwei kreuzartigen Nebenräumen sowie einem rechteckigen Westturm, Portal und Freitreppe. Die Ausmalung erfolgte durch den Mühlhäuser Malermeister Carl Michel. Der Friedhof war 5,27 ha groß und bestand bis ca. 1955. Anfang des 20. Jahrhunderts zeigte sich bereits, dass dem aufkommenden Bedürfnis nach Feuerbestattungen nicht entsprochen werden konnte. 1916 wurde dann auf Wunsch der Bevölkerung auch ein Urnenhain für die im Gothaer Krematorium eingeäscherten Leichen eingerichtet.
Der alte aufgelassene Friedhof mit Kapelle mit einigen wenigen Grabsteinen wird heute als Parkanlage genutzt. Hier befinden sich am südlichen Rand seit 1900 auch der jüdische Friedhof und eine Ehrengrabstätte für die im 1. Weltkrieg gefallenen Mühlhäuser Bürger.
Der ältere jüdische Friedhof An der Burg bei der ehemaligen Kaiserpfalz außerhalb der Stadtmauer, erstmals 1417 erwähnt, 1767 mit einer Mauer umfriedet, wurde um 1900 aufgelassen und eine bereits zwischen 1851 bis 1870 nach Osten geplante Erweiterung nicht mehr ausgeführt. Bereits um 1872 hatte die jüdische Gemeinde von der Stadtverwaltung einen 300 qm großen neuen Begräbnisplatz auf einem Teilstück des Anfang des 19. Jh. angelegten städtischen Friedhofs zugewiesen bekommen. Ca. 70 Grabsteine wurden um 1900/01 gemäß einer Weisung des Magistrats vom 20. August 1898 umgesetzt. Heute befinden sich noch 151 Grabstellen auf diesem zweiten von einem schmiedeeisernen Zaun umgebenen jüdischen Begräbnisplatz, auf dem die vorerst letzte Grabstätte im Jahre 1950 angelegt wurde.
Seit den 1920er Jahren befasste sich die Stadt Mühlhausen mit Erweiterungsplänen des städtischen Friedhofes und einer evtl. Neuanlage - zuerst am Herbstberg, dann am Stadtberg. Schließlich erfolgte 1928/29 der Bau des Neuen Friedhofs mit einer Fläche von ca. 17 ha auf dem Stadtberggelände bei Felchta. Die Einweihungsfeier fand am 28.10.1929 statt, die Inbetriebnahme erfolgte im gleichen Monat mit der ersten Beisetzung am 06.10.1929. Der Entwurf der Friedhofsanlage stammt von Stadtbaurat Theodor Huß. Später wurden einige Teilflächen des Friedhofes mit kleineren Ehrengrabstätten belegt:
1. Deutscher Soldatenfriedhof, 2. Weltkrieg, 277 Gräber in 9 Reihen auf 890 m² ohne Ehrenmal, mit Heckenbegrenzung.
2. Russischer Soldatenfriedhof, 2. Weltkrieg, 1947 eingerichtet als sowjetischer Helden- und Ehrenfriedhof mit 138 benamten Gräbern und einem 9 m hohen Ehrenmal sowie Heckenbegrenzung, 1995 grundlegende Instandsetzung.
3. Einweihung der neu geschaffenen Grabanlage für die Opfer des Faschismus (OdF) am 11.09.1949, dem Gedenktag für die OdF; Sondergrabstätten: Ehrenhain für die Verfolgten des Naziregimes/KZ-Opfer, VVN-Gräber östlich des Krematoriumsplatzes von 1959 (Einweihung 26.07.) nach Entwurf von Meyer, mit Gedenkstein aus Travertin mit Inschrift "für die Kämpfer gegen den Faschismus 1933-1945 und Gedenkstein mit Inschrift "Zum Gedenken der Opfer von Kriegen, Gewalt, Flucht und Vertreibung 1945", enthüllt am 06.09.1996 vom "Bund der Vertriebenen". Für diese Grabstätten besteht eine Pflegeverpflichtung für die Stadt.
4. Ehrenhain für antifaschistische Widerstandskämpfer und verdienstvolle Bürger, errichtet 1986 (Einweihung 25.04.1986) auf zwei ehemaligen Grabfeldern, Entwurf von Prof. Schiefelbein und Dipl.-Ing. Barbara Eger von der Hochschule für Architektur und Bauwesen Weimar (HAB) und dem Kombinat Landschafts- und Grünanlagenbau Mühlhausen (LGM) (keine Beisetzungen).
5. Urnengemeinschaftsanlage von 1979 auf 600 m², Neugestaltung 1991/92 nach Entwurf von Christiane Frisch und Dierk Röbke durch Baubetriebsabteilung.
Auf Antrag der Stadt erfolgte am 9. Mai 1995 durch das Thüringische Landesamt für Denkmalpflege die Ausweisung des Neuen Friedhofs als Denkmalensemble mit dem Status "Historische Park- und Gartenanlage". Auch dient der Friedhof als Biotop für viele Pflanzen- und Tierarten und als Grünanlage im Sinne von Erholung und Bildung.
Die Gebäude bestehen aus:
- Haupteingang mit zwei Flachbauten und Friedhofsmauer mit Arkadenbögen von 1928,
- Krematorium mit 11 m hoher Trauerhalle und Funktionsbauten, erbaut 1928/29, (Entwurf K.
Theodor Huß, Walter Krause, Hans König), in Betrieb bis Anfang der 1990er Jahre,
Rekonstruktion 1992,
- Brunnen: Evabrunnen (Entwurf v. K. Theodor Huß 1931, 2,30 hohe Figur Walter Krause
1932, 1992 restauriert) und 4 Schöpfbrunnen am Nordweg, 3 Brunnen am Südweg
(1946/Fa. Ortlepp), 2 Brunnen. Brunnen zumeist aus heimischem Travertin.
Der überlieferte Aktenbestand der Friedhofsverwaltung im Bestand 11/878 und 11/276/ beginnt in einigen Aktengruppen 1802.
Im Bestand sind Grabregister, Bestattungsscheine (seit 1928),
Eine Serie Grabregister wurde im Januar 1994 und eine weitere im September 2016 vom Fachdienst 8.3 Stadtgrün und Friedhofsverwaltung dem Stadtarchiv zur Archivierung übergeben. Diese enthalten Angaben zum zuständigen Standesamtes, den Lebensdaten des Verstorbenen, dessen letztem Wohnsitz, der Sterberegisternummer und zum Aussteller des Totenscheins. Ist dem Vorgang ein Grabstättennachweis beigefügt, kann man daraus ersehen, wo der Verstorbene beigesetzt wurde.
Im 19. bis Mitte 20. Jh. gab es die städtische Friedhofsverwaltung, um 1949 eine städtische Garten- und Friedhofsverwaltung mit den Abteilungen Stadtgärtnerei, Städtische Anlagen, Garten- und Friedhofsinspektor und Städtische Friedhofsverwaltung mit Untergliederung Neuer Friedhof und Alter Friedhof mit insgesamt knapp 40 Beschäftigten.
Zu DDR-Zeiten waren die Friedhöfe weiter in der Trägerschaft der Stadt und wurden lange Zeit vom damaligen Dienstleistungskombinat für Stadt- und Gemeindewirtschaft (DLK) im Auftrag der Stadt bewirtschaftet. Mit Auflösung des DLK erfolgte ab 1991 die gesamte Planung, Pflege und Unterhaltung des Friedhofes durch die Stadtverwaltung, Amt für Stadtwirtschaft. Die Bereiche Stadtreinigung, Grünanlagenpflege und Friedhofsverwaltung wurden dem Amt für Stadtwirtschaft in der Stadtverwaltung angegliedert, ab ca. 2003 unter der Bezeichnung Grünflächenamt im Dezernat 2, Abt. Stadtgrün und ab 2013 Dezernat 2, Fachbereich 8 - Grün- und Verkehrsflächen, Fachdienst 8.3. Stadtgrün und Friedhofsverwaltung.
Nicht berücksichtigt bei der Zusammenstellung wurden die Friedhöfe der Ortsteile Windeberg, Saalfeld, Görmar und Felchta, die sich seit Jahrhunderten bei den dortigen Kirchen befinden. Von diesen Friedhöfen sind in diesem Bestand auch keine Akten erfasst worden.
R. Henning, 5/2017
Quellen, Literatur:
- Röbke, Dierk: Der Neue Friedhof in Mühlhausen - Eine Anlage mit überregionaler Bedeutung. - In: Mühlhäuser Beiträge H. 22/1999, S. 37 ff.
- Röbke, Dierk: Neuer Friedhof Mühlhausen. Denkmalpflegewerk. Stadtverwaltung Mühlhausen Grünflächenamt: Mühlhausen 1999. Mns. StadtA Mühlhausen 86/388
- 11/875/10 Bd. 3 (Personal des Neuen Friedhofs)
- Chronik der Stadt Mühlhausen, Bd. 4-8.
- Kahl, Monika. Denkmale jüdischer Kultur in Thüringen. Kulturgeschichtliche Reihe Thüringisches Landesamt für Denkmalpflege. Bd. 2. Bad Homburg, Leipzig 1997.
- Bauakten zum Friedhof auch in Bestand Kirchen 11/636/Kirchen, Pfarren, Friedhofsgebäude.
- Mühlhäuser Beiträge, Sonderheft 11. Carsten Liesenberg: Zur Geschichte der Juden in Mühlhausen und Nordthüringen und die Mühlhäuser Synagoge. Mühlhausen. 2002.
Anmerkung: Im Kartenbestand befinden sich auch Pläne zum Alten und Neuen Friedhof