Vorwort
Behördengeschichte
Nach der Entstehung des Landes Thüringen 1921 wurde das seit 1879 geltende Reichsgerichtsverfassungsgesetz grundsätzlich beibehalten. Das 1879 als schwarzburg-rudolstädtisches Amtsgericht errichtete Amtsgericht Stadtilm wurde demzufolge 1921 als thüringische Behörde weitergeführt. In Folge der staatlichen Neuordnung machten sich allerdings geringfügige Veränderungen notwendig. Bestimmungen zur richterlichen Kompetenz sowie zur Amtszeit wurden neu festgelegt. Die erstinstanzliche Zuständigkeit der Amtsgerichte in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, bei Gesetzesübertretungen, bei Vergehen und Verbrechen erhöhte sich. Anstelle von Schwurgerichten traten erweiterte Schöffengerichte, und Gütestellen wurden eingerichtet, die vor der Klage beim Amtsgericht durchlaufen werden mussten.
Am 1. Oktober 1923 vollzog sich eine grundlegende Neueinteilung der Gerichtsbezirke, die bis 1945 maßgebend war. Die bisherigen Bezirke der Gerichte wurden aufgehoben und Amtsgerichte, Landgerichte und staatsvertraglich bestimmte Gerichtsgemeinschaften errichtet. Die Amtsgerichte der thüringischen Einzelstaaten führten nun die Bezeichnung „Thüringische Amtsgerichte“. Das Thüringische Amtsgericht Stadtilm gehörte zum Landgericht Rudolstadt. Alle Einrichtungen im Gerichtswesen waren bis 1935 nachgeordnete Behörden im Bereich des Justizministeriums.
Unter der Herrschaft der Nationalsozialisten war Thüringen kaum noch in der Lage, behördenorganisatorische Initiative zu entwickeln. Der entscheidende Eingriff in die Justizhoheit kam Anfang 1934 mit dem Gesetz über den Neuaufbau des Reiches, welches die Landesregierungen nunmehr den Anforderungen des zuständigen Reichsministers unterstellte. Blieb hierdurch die Justiz noch formal eine Länderangelegenheit, so führte das „Erste Gesetze zur Überleitung der Rechtspflege auf das Reich“ vom 16. Februar 1934 zur Begründung einer Reichskompetenz. Schließlich bewirkten weitere Gesetze im Jahre 1935 eine endgültige Umwandlung sämtlicher Justizbehörden der Länder in Reichsbehörden. Die bisherigen obersten Landesjustizbehörden erhielten zwischenzeitlich den Charakter von Außenstellen des Reichsjustizministeriums, welches wiederum an die Stelle des Landesjustizministeruims trat.
Nach der Sowjetischen Besetzung Thüringens Mitte 1945, wurde die staatliche Verwaltungsorganisation an die neuen sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen angepasst. Die Sowjetische Militär-Administration Thüringen setzte eine aus Deutschen gebildete Landesregierung und einen Landespräsidenten ein, dem unmittelbar die Präsidialkanzlei unterstand, und welche vorerst die Aufgaben der Landesjustizverwaltung wahrnahm. Im Juni 1946 wurde das Landesamt für Justiz aus einer Abteilung der Präsidialkanzlei errichtet und später als Justizministerium fortgesetzt, das bis 1952 bestehen blieb. In der oberen Gerichtsorganisation veränderte man zunächst nur wenig. Den Sitz des Oberlandesgerichtes in Jena verlegte man 1945 nach Gera und 1950 nach Erfurt. Erst mit dem „Gesetz betreffend der Änderung der Gerichtsbezirke im Lande Thüringen“ vom 1. August 1949 wurde die untere und mittlere Gerichtsorganisation nochmalig neu gegliedert. In Folge dessen wurde das Amtsgericht Stadtilm aufgehoben. Sein Gerichtsbezirk wurde dem Amtsgericht Arnstadt zugewiesen.
Bearbeitungsgeschichte
Der Bestand gelangte in zwei Teilübergaben, 1946 und 1957, in das Staatsarchiv Rudolstadt. Bereits 2000 wurde mit der Eingabe der von Gerhard und Rudolf Ruhe sowie Friedel Deubler 1947 bzw. 1968 erstellten Findkartei in das damals verwendete Archivprogramm FAUST begonnen. Beendet werden konnte diese Arbeit jedoch erst im Dezember 2005. Nach Abschluss der Retrokonversion der Findkartei erfolgte durch Frau Beger die EDV-gestützte Erschließung von noch unverzeichnet vorliegenden Testamenten und Erbscheinen mit dem nunmehr verwendeten Archivprogramm AUGIAS. Die vorhandene Gliederung der Findkartei bildete die Basis für die vorliegende Klassifikation des Bestandes. Sie wurde im Verlauf der Bearbeitung ergänzt bzw. präzisiert.
Der vorliegende Bestand beinhaltet 425 Akten mit einem Umfang von 4,9 laufenden Metern. Die Laufzeit der Akten erstreckt sich über den Zeitraum von 1879 – 1952. Bis auf eine Akte ist die Laufzeit auf die Jahre bis 1949 beschränkt. Einzige Ausnahme bildet eine Testamentsakte (Nr. 210) deren Laufzeit erst 1952 mit der Abschlussverfügung endet. Da der darin enthaltene Vorgang 1949 endet, wurde die Akte im Bestand belassen. Die Laufzeit vor 1923 erklärt sich aus der Tatsache, dass Akten die vom thüringischen Amtsgericht weitergeführt wurden, im Bestand verblieben sind.
Bei der Zitierweise sind die Bestandsbezeichnung und die Nummer anzugeben.
Beispiel: Thüringisches Amtsgericht Stadtilm, Nr. 1
Rudolstadt, den 7. Januar 2006
Katrin Beger
Oberarchivrätin