Vorwort

Tilo Wetzel wurde am 1. Januar 1958 in Zeitz geboren. Nach Beendigung der 10. Klasse absolvierte er eine Lehre bei der SDAG Wismut, Bergbaubetrieb Schmirchau als Facharbeiter für Bergbautechnologie. Bis zu einem Arbeitsunfall im Dezember 1980 arbeitete er im Bergbaubetrieb Schmirchau als Streckenhauer. Infolge des Unfalls erfolgte die Umsetzung in den Grubenhilfsbetrieb, wo er bis Dezember 1989 beschäftigt war. Ein Studium zum Bergbauingenieur lehnte er ab, da dieses andie Bedingung geknüpft war, in die SED einzutreten.
Im Sommer 1989 bekam Tilo Wetzel aufgrund der Tätigkeit seiner damaligen Frau bei der Geraer Puppenbühne, unmittelbaren Kontakt zu regimekritischen Kreisen der DDR. In diesem Rahmen erhielt er erste Kontakte zur Sozialdemokratischen Partei (SDP) in der DDR. Im Oktober 1989 trat er in Jena in die SDP ein und warb unmittelbar danach in Gera fürdie Partei. Er war maßgeblich an der noch im Oktober erfolgten Gründung des ersten Ortsvereins in Gera und weiteren Gründungen in der näheren Umgebung beteiligt.
Tilo Wetzel war Kandidat der SDP zur ersten freien Wahl der Volkskammer der DDR. Ihm wurde die geschäftsmäßige Leitung des Gründungsparteitages des Landesverbandes Thüringen der SDP übertragen, welcher am 27. Januar 1990 im Gothaer Tivoli stattfand. Außerdem war er Mitglied des Bürgerkomitees zur Auflösung des MfS/AfNS des Bezirkes Gera und später des Runden Tisches Gera. In Folge diesesEngagements wurde er zu einem Ratsmitglied des Rates des Bezirkes Gera ohne Geschäftsbereich berufen.
Da seine Volkskammerkandidatur nicht erfolgreich war, begann er am 14. Mai 1990 seine Arbeit als Leiter der Bezirksplankommission des Rates des Bezirkes Gera. Zu einem besonderen Schwerpunktgebiet der Bezirksplankommission gehörte die Gründung und Mitarbeit in der Wirtschaftsfördergesellschaft GmbH für Ostthüringen. Diese von den Landkreisen Ostthüringens, der Stadt Gera und der Wismut GmbH getragene Gesellschaft hatte über 1990 hinaus Bestand und entwickelte die ersten Gewerbegebiete der Region. In Folge der Neubildung des Landes Thüringen wurden die Räte der Bezirke zum 31. Dezember 1990 aufgelöst. Damit war auch die Tätigkeit von Tilo Wetzel in der Bezirksverwaltungsbehörde Gera beendet.

Der vorliegende Bestand wurde auf Initiative von Herrn Tilo Wetzel am 5. Februar 2004 in das Thüringische Staatsarchiv Rudolstadt übernommen. Bei den Unterlagen handelte es sich um eine nur grob vorgeordnete Sammlung von Schriftstücken aus seinen verschiedenen Wirkungsbereichen. Der zeitliche Schwerpunkt der Überlieferung liegt in den Jahren 1989/90.

Im Februar 2005 erfolgte im Archiv eine thematische Ordnung und technische Bearbeitung der Unterlagen, in deren Ergebnis die Bildung von 42 Akten stand. Um das Zusammenwirken der Bereiche aus Politik, Verwaltung und Wirtschaft zu dokumentieren, wurde die bereits von Tilo Wetzel vorgenommene Aktenbildung zum überwiegenden Teil beibehalten. Infolgedessen war jedoch eine intensive Erschließung erforderlich, die im Oktober 2005 durch Katrin Beger erfolgte. Im Rahmen der Erschließung wurde eine einfache Klassifikation des Bestandes erstellt, die jedoch nur als grobe Orientierung dienen kann.

Mit der Erschließung dieses Bestandes stehen der Forschung Quellen zur Verfügung, die in Auszügen das Ende der DDR und die komplexen Umwälzungen im Zusammenhang mit der Neubildung des Landes Thüringen unter politischen, sozialen und wirtschaftlichen Aspekten für das Gebiet Ostthüringens dokumentieren.


Rudolstadt, den 28. Oktober 2005


Katrin Beger
Oberarchivrätin