Vorwort

Die Akten umfassen den Zeitraum von 1552 (V. 27) bis 1926 (Allg.3, 29, 73, 74, 128, 235, 281) aus der ehemaligen Ephorie Gotha-Land, später Kirchenkreis Gotha.
Der gesamte Bestand hat einen Umfang von ca. 60 laufenden Metern (lfm).

Die "Acten der Herzoglichen Ephorie Gotha-Land" wurden in einem Zeitraum von ca. 1/2 Jahr im Landeskirchenarchiv verzeichnet. Erschließungsgrundlage waren z.T. evtl. vorhandene Akten-Titel, es mussten aber vor allem für den ersten, allgemeinen Teil umfangreiche Enthält-Vermerke ausgearbeitet werden, um eine größere Erschließungstiefe zu erreichen.

Der Erhaltungszustand der Akten ist meistens gut bis sehr gut. Der größere Teil ist sogar in Fadenheftung gebunden und foliiert. Vor allem im ersten Teil (Allgemein) waren aber hauptsächlich Lose-Blatt-Sammlungen vorhanden, so dass Sammelakten mit sehr langen Enthält-Vermerken angelegt werden mussten.
Schon im 19. Jahrhundert sind mehrfach kleinere Ephorien zu größeren zusammengelegt worden. Daher sind die Ortsakten von kleinen Orten auch unter den Ortsakten der ehemaligen kleinen Ephorie-Sitze zu finden: z.B. sind die Briefe und Dokumente der Orte Apfelstädt, Bischleben, Bittstädt usw. bis Thörey auch unter den Ortsakten von Ichtershausen abgelegt mit dem Institutions-Eintrag "Akten der früheren Inspektion Ichtershausen".
Am Schluss dieses Vorwortes befindet sich eine Liste mit der 1867 bestehenden Struktur der Ephorie Gotha-Land.

Wertvolles Material enthalten eine Reihe der Visitationsarbeiten (wissenschaftliche Abhandlungen), die die Pfarrer jährlich abzuliefern hatten (z.B. Allg. 69).
Besonders erwähnenswert für die wissenschaftliche Forschung sind dabei die Beiträge zur Regionalgeschichte (von Pfarrern und Lehrern verfasst), die Lebensläufe der Geistlichen und Schullehrer (Allg.12 Allg.16 Allg.17), die Visitations-Ausarbeitungen der Geistlichen zu Hexenprozessen, Aberglauben, zur Regionalgeschichte (Allg.55-69) u.a.
Überhaupt ist die Geschichte des kleinen Herzogtums Sachsen-Coburg und Gotha deswegen sehr interessant, weil die Fürstenfamilie mit den Dynastien fast aller europäischen Herrscherhäuser verbunden ist, und das Ländchen am Leben der auswärtigen Mitglieder Anteil nahm. Unter anderem daher war man im Herzogtum weltoffen und liberal gesinnt.

In vielen Akten zeigen sich die Umbrüche des 19. Jahrhunderts: mehrere Auswanderungswellen, das Ende der Agrargesellschaft und dadurch Ablösung von Naturalabgaben und Abschaffung althergebrachter Rechte (Hirtenschuttfreiheit, Pferchschlag, Frondienste der Anspänner, Eiserne Kuh usw.), die beginnende Trennung von Kirche und Staat (Ende der kirchlichen Schulaufsicht mit Trennung von Kirchen- und Schulämtern, Zivilehe usw.), das starke Bevölkerungswachstum in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts (Neubau und Erweiterung von Schulen), der vermehrte Wohlstand (deutlich an Inventarverzeichnissen, Kirchrechnungen und Stiftungen).

Die Protokolle und Vorträge der Ephoralkonferenzen reflektieren die Stimmung unter der Landbevölkerung während der großen Umbrüche in den Lebensverhältnissen im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts, die Auseinandersetzungen mit neuen geistigen Strömungen und die politischen Kontroversen z.B. mit der Sozialdemokratie (Allg.05. Ephoralkonferenzen), kurz vor dem 1.Weltkrieg mit Diskussionen um Nationalismus, aber auch die Friedensbewegung (Allg.72).
Beachtenswert sind auch die vielen Blätter mit Bemerkungen, die in den Schultabellen liegen (ab Allg.125).
Um ein vieles genauer als z.B. Brückners Landeskunde, Lehfeld oder Dehio sind die Kunstgutberichte, z.B. I. 18 "Kunstwerke und Altertümer" 1853.

Viele Akten enthalten auf der Innenseite des Aktendeckels oder auf einem Vorsatzblatt eine Liste mit Gebühren (Pro Memoria, Citation, Regist., Resol., relat.nunc., Commun., Abschrift, Rescript, Revision, Rubr.u.Heftg., Liquid., d.Boten). Ebenfalls gibt es bei vielen gebundenen Akten ein Inhaltsverzeichnis ("Akten-Rotulus").

Die Schreibweise der Ortsnamen in den Akten weicht oft noch bis Mitte des 19. Jahrhunderts von der heute üblichen ab; es wurde aber fast immer der heute verwendete Ortsname in den Aktentiteln und Enthältvermerken eingetragen.


Eisenach, den 29.03.2016
W. Wolff




Frühere Struktur der Ephorie Gotha-Land (1867)
Nach der übersichtlichen Bezirkseinteilung des Herzogtums Gotha in Allg. 172

1. Landratsamt Gotha
Kirchen- und Schulamt für den Landbezirk Gotha
Rent- und Steueramt Gotha
I Landwehr-Compagnie-Bezirk Gotha

Justizamt Gotha
(resp.Physikat)
Ephorie Molschleben
VI. Schulbezirk
1. Bufleben
2. Bufleben
3. Goldbach
4. Hausen
5. Hochheim
6. Molschleben
7. Pferdingsleben
8. Pfullendorf
9. Remstädt
10. Siebleben
11. Warza
12. Westhausen

Ephorie Uelleben
V. Schulbezirk
13. Aspach
14. Boilstädt
15. Cobstädt
16. Gamstädt
17. Grabsleben
18. Großrettbach
19. Günthersleben
20. Seebergen
21. Sundhausen
22. Teutleben
23. Trügleben
24. Tüttleben
25. Uelleben

Justizamt (resp.Physikat) und Ephorie Ichtershausen
V. Schulbezirk
26. Altdietendorf (seit 1905 Dietendorf)
27. Apfelstädt
28. Bischleben
29. Bittstädt
30. Eischleben
31. Haarhausen
32. Holzhausen
33. Ichtershausen
34. Ingersleben
35. Kornhochheim (Filiale von Sülzenbrücken)
36. Molsdorf
37. Neudietendorf
38. Rehestädt (Filiale von Thörey)
39. Rhoda
40. Stedten
41. Sülzenbrücken
42. Thörey

Justizamt (resp.Physikat) Tonna
Ephorie Tonna
V. Schulbezirk
43. Aschara
44. Ballstädt
45. Bienstädt
46. Burgtonna
47. Döllstädt
48. Eckardtsleben
49. Eschenbergen
50. Gierstädt
51. Gräfentonna
52. Großfahner
53. Herbsleben
54. Illeben
55. Kleinfahner
56. Töttelstädt
57. Werningshausen
58. Wiegleben

Ephorie Volkenroda
VIII. Schulbezirk
59. Hohenbergen
60. Kleinkeula
61. Körner mit Österkörner und Peißel
62. Menteroda
63. Obermehler und Pöthen
64. Volkenroda