Vorwort
Geschichtlicher Überblick
Die anfänglich dem Superintendenten von Saalfeld unterstellte Adjunktur Gräfenthal setzte sich aus Ortschaften der Ämter Gräfenthal, Probstzella und Saalfeld zusammen (Allg. 2 dieses Bestands). Die genannten Ämter gehörten bis zum Tode Friedrich Wilhelm III., mit dem die ältere Linie Sachsen-Altenburg am 14.4.1672 ausstarb, zum Herzogtum Sachsen-Altenburg. Im Erbteilungsvertrag vom 16.5.1672 gelangten sie an Herzog Ernst den Frommen von Sachsen-Gotha. Im Teilungsvertrag zwischen seinen sieben Söhnen, 1680/81, erhielt Johann Ernst, der Begründer der Linie Sachsen-Saalfeld, die sich seit 1735 Sachsen-Coburg-Saalfeld nannte, die Ämter und Städte Saalfeld, Gräfenthal, Probstzella, Pößneck und Lehesten, so dass die Kirchspiele der Adjunktur Gräfenthal in einer Hand blieben. Das letztgenannte Herzogtum bestand bis 1826. Bei der neuen Länderteilung trat Herzog Ernst I. im Hildburghäuser Erbteilungsvertrag vom 12.11.1826 das Fürstentum Saalfeld, zu dem Gräfenthal gehörte, an das neugebildete Herzogtum Sachsen-Meiningen-Hildburghausen unter Bernhard II. Erich Freund ab.
Dann erst, 1829, wurde die Adjunktur Gräfenthal in eine selbständige Ephorie (Superintendentur) umgewandelt (Vergleiche G. Brückner, Landeskunde des Herzogtums Meiningen, I, 1851, S. 469; vergleiche auch Allg. 3 dieses Bestands).
Bei Sachsen-Meiningen verblieb die Diözese Gräfenthal bis zum Zusammenschluss des Landes Thüringen.
Adjunkt, seit 1829 Ephorus, war immer der jeweilige Pfarrer zu Gräfenthal.
Zusammensetzung der Adjunktur
Nach dem Bericht des Adjunkten Valentin Bernhardi vom 3.7. 1672 (Allg. 2 dieses Bestands) setzte sich die Adjunktur Gräfenthal damals wie folgt zusammen:
1. Die Kirche Gräfenthal mit den eingepfarrten Dorfschaften Buchbach und Meernach.
2. Die Hauptkirche zu Großneundorf mit den Dorfschaften Gebersdorf, Gösselsdorf, Lippelsdorf, Sommersdorf und Creunitz. Hierzu gehörten die drei Filiale:
a. Schmiedefeld mit den eingepfarrten Ortschaften Glashütte, die Piesau genannt, Taubenbach, Wallendorf mit der Hammerschmiede und Lichte;
b. Spechtsbrunn mit Hasenthal samt dem fürstlichen Vorwerk und Hohenofen und mit der neuen Hammerschmiede in Friedrichsthal;
c. Lichtenhain.
3. Die Kirche zu Probstzella mit Zopten und Kleinneundorf.
4. Die Kirche und das Städtlein Lehesten mit der neuen Papiermühle.
5. Die Kirche Lichtentanne mit dem Filial Schmiedebach
6. Die Kirche und Gemeinde Großgeschwenda mit Schlaga (und dem markgräflich brandenburgischen Filial Seinbach)
7. Die Kirche und Gemeinde zu Marktgölitz mit den eingepfarrten Orten Limbach, Jehmichen, Pippelsdorf, Hammerschmiede, das Königsthal genannt, und der Blaufarbenmühle an der Loquitz gelegen.
8. Die Kirche und Gemeinde Oberloquitz mit dem Filial Reichenbach und dem Dörflein Schaderthal.
9. Die Kirche Hoheneiche mit Filialen und eingepfarrten Orten.
10. Die Kirche Reichmannsdorf.
Nach Ausscheidung des Kirchspiels Hoheneiche aus der Adjunktur und nach mancherlei sonstigen Veränderungen bestand die Diözese Gräfenthal im Jahre 1843 aus folgenden Kirchspielen:
1. Stadt Gräfenthal, eingepfarrt: Buchbach, Meernach
2. Großgeschwenda, Filial: Schlaga
3. Großneundorf, eingepfarrt: Arnsbach, Creunitz, Gebersdorf, Gösselsdorf, Lippelsdorf, Sommersdorf.
4. Stadt Lehesten, eingepfarrt: Brennersgrün.
5. Lichtentanne, Filial: Schmiedebach, dahin eingepfarrt: Louisengrün
6. Marktgölitz, eingepfarrt: Gabe Gottes, Jehmichen, Königsthal, Limbach, Pippelsdorf
7. Oberloquitz, eingepfarrt: der Hof Obergölitz mit dem ehemaligen Forsthaus Obergölitz, Filial: Reichenbach, dahin eingepfarrt: Schaderthal.
8. Probstzella, eingepfarrt: Kleinneundorf und Zopten.
9. Schmiedefeld, eingepfarrt: Mittelberg, Piesau, Schwefelloch, Taubenbach und die Schwarzburg-Rudolstädtischen Orte Ober- und Unterlichte und Geyersthal; Filial: Reichmannsdorf, dahin eingepfarrt: Schlagethal und Sophiental.
10. Spechtsbrunn, eingepfarrt: Christiansgrün, Ernstthal, Friedrichsthal im Amt Gräfenthal, Haasenthal, Vorwerk Haasenthal, Hohenofen und Marienthal; Filial: Lichtenhain.
11. Wallendorf, eingepfarrt: Ascherbach, der obere und untere Bockhammer und Teich.
(Nach: Staatshandbuch Meiningen 1843, Seite 269 ff.)
Der Aktenbestand
Die Entstehung der vorliegenden Archivalien fällt in den Zeitraum von 1568 bis 1921 (Gn. 16 und Allg. 26 dieses Bestands).
Die Akten vor 1829 sind von zweierlei Herkunft. Der eine Teil erging bei der vormals übergeordneten Superintendentur Saalfeld, der andere bei der damaligen Adjunktur Gräfenthal. Die in Saalfeld ergangenen Archivalien sollten nach Errichtung der neuen Ephorie Gräfenthal alsbald dorthin abgegeben werden. Doch war dieser Vorgang im November 1835 noch nicht abgeschlossen (Allg. 3 dieses Bestands). Ja, ein Teil der abzugebenden Stücke verblieb noch bis in die neueste Zeit im "Ephoralarchiv Saalfeld". Schon frühzeitig erlitten die älteren Akten, hauptsächlich infolge zeitweiser Geringschätzung und Unachtsamkeit, erhebliche Verluste. So klagt schon der Pfarrer und Adjunkt Heinrich Anton Schleisig (+ 25.12.1804) hinsichtlich der Registratur der Gräfenthaler Pfarr- und Adjunkturakten: "Diese herrliche Einrichtung ist ganz und gar vernachlässigt worden, wer eigentlich schuld daran, kann (ich) nicht sagen, bei meinem Einzug fand ich alle Fächer leer, was anjetzo zu finden, das habe ich von Herrn Handelsagenten Butler, Herrn Apotheker Mollwitz und Herrn Pfarrer Meyer zu Hoheneiche, der zuvor (1767 bis 1768) Substitut (des Adjunkten zu Gräfenthal) war, und von Käsekrämern erhalten. Dieses versichere ich nach der Wahrheit". (Allg. 98 dieses Bestands).
Eine archivalische Bearbeitung hatte der gegenwärtige Bestand bisher überhaupt noch nicht erfahren, wenn auch die in Gräfenthal vorhandenen Archivalien 1927 in eine vier (!) Schreibmaschinenseiten umfassende, aber unvollständige und unbrauchbares Verzeichnis zusammengefaßt worden sind (Landeskirchenratsakten über Oberpfarrarchive, Beiakten-Band II zu Nr. VII 25 B 2 Bl. 167 ff).
Die Hauptmasse des jetzt vorliegenden Bestands gelangte in zwei Sendungen, 1928 und 1931, nach Eisenach (Übernahmeakten des Landeskirchenrats Nr. IV 1 B 6 S 2 Band II Bl. 173 und Bl. 248 ff.). Die erste, völlig ungeordnete und unverzeichnete Sendung erhielt neben Akten und Einzelrechnungen größere Mengen ungehefteter Papiere. Die zweite Sendung bestand aus nur teilweise gehefteten Aktenbänden und Einzelrechnungen, sowie aus mehreren Bündeln loser Blätter. Ein kurzes Verzeichnis (Bl. 248 der Übernahmeakten) war beigefügt.
Die Neuordnung
Der im besonderen Maße ordnungsbedürftige Bestand ist nunmehr im Archiv des Landeskirchenrats geordnet und verzeichnet worden.
Außer den Gräfenthaler Ablieferungen wurden auch die im "Ephoralarchiv Saalfeld" (das mit einem Repertorium 1928 ebenfalls hierher abgeliefert worden ist) befindlichen Gräfenthaler Reste herangezogen, soweit ihre Zugehörigkeit aus den Aktentiteln des Saalfelder Repertorioums erkennbar war. (Auf eine Durchsuchung der zahlreichen ungenau oder gar nicht beschrifteten Aktenbündel nach hierher gehörigen Aktenschriftstücken musste verzichtet werden, da eine solche Durchsicht, Blatt für Blatt, wegen ihres großen Umfangs allzu zeitraubend gewesen wäre).
Der Bestand umfasst nunmehr 794 Einheiten, von denen 500 neu zu bilden waren. Deren Heftung und Beschriftung hat noch zu geschehen.
Eisenach, den 29. Dezember 1954
gez. Dr. Schäfer