Bestandssignatur
6-94-3715
Laufzeit
1879 - 1996
Umfang
6,25 lfm, 1 Karte
Findmittel
Inhalt
Betriebsgeschichte
Im Jahr 1865 begann Johann Andreas Topf (1816-1891), von Beruf Braumeister und Brauereitechniker, in Erfurt mit der Herstellung industrieller Feuerungseinrichtungen. Der wirtschaftliche Erfolg führte am 1. April 1878 zur Gründung der Spezialmaschinenfabrik für Mälzerei-Anlagen J. A. Topf &Söhne. Seit 1885 war der Firmensitz Dreysestraße 7/9, heute Sorbenweg, in Erfurt. Der Familienbetrieb entwickelte sich unter Ludwig Topf sen. (1863-1914) in den nächsten Jahrzehnten zu einem Großunternehmen und weltweit führenden Produzenten für komplette Mälzereianlagen, Einrichtung von Speichern und Getreidepflege-Anlagen mit pneumatischen und mechanischen Fördereinrichtungen sowie Feuerungsbau einschließlich Bekohlungs- und Entaschungsanlagen. Die Firma beschäftigte 1903 über 600 Mitarbeiter. In 50 Ländern Europas und in Übersee vertrieb und installierte sie weiterhin Anlagen zum Trocknen und Silos zum Lagern von Getreide, Malz und anderen landwirtschaftlichen Produkten. Als Nebenzweig der Produktion entwickelte sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Herstellung von Krematorien. Nach 1939 und verstärkt nach 1941 errichtete die Firma im Auftrag der SS in mehreren Konzentrationslagern Krematorien zum Verbrennen der Leichen der ums Leben gekommenen Häftlinge sowie Lüftungsanlagen für Gaskammern. Sie trug damit eine Mitverantwortung an der industriell organisierten Massenvernichtung von Menschen durch die Nationalsozialisten. Im Jahr 1941 betrug die Zahl der Beschäftigten einschließlich der ausländischen Fremdarbeiter und Kriegsgefangenen 962.
Am 20. November 1945 wurde die Firma durch die sowjetische Besatzungsmacht als "herrenlos" unter Sequester gestellt; die Zahl ihrer Beschäftigten wurde am 13. Juli mit 180 angegeben. Sie wurde am 10. Mai 1947 in Eigentum des Landes Thüringen übergeführt und am 30. Juli 1948 in Staatseigentum umgewandelt. Nach der Angliederung des Betriebes an die VVB Nagema Dresden unter dem Namen "Nagema Topfwerke Erfurt VEB" wurde die Produktion mit einer eingeschränkten Angebotspalette fortgesetzt. Am 30. April 1952 fand eine vorübergehende Umbenennung nach einem griechischen Freiheitskämpfer in "VEB Maschinenfabrik Nikos Belojannis" statt. Im Jahr 1957 wurde der Betrieb, der rund 800 Mitarbeiter beschäftigte, unter dem Namen "VEB Erfurter Mälzerei- und Speicherbau" (EMS) in das Kombinat FORTSCHRITT Landmaschinen Dresden eingegliedert und konnte vor allem in Osteuropa seine führende Stellung behaupten.
Nach der friedlichen Revolution von 1989/90 stellte sich das Unternehmen 1990 in Fortführung der Projektierung und Entwicklung traditioneller Erzeugnisse des Mälzerei- und Silobaus in Beton-, Stahl- und Edelstahlausführung sowie Anlagen der Umwelttechnik unter erheblichem Personalabbau den Bedingungen der freien Marktwirtschaft und führte seit dem 26. Juni 1990 den Firmennamen "ems GmbH". Im Juli 1993 wurde das Werk als "Siloanlagenbau GmbH" reprivatisiert, musste allerdings bereits 1994 Konkurs anmelden und die Produktion später einstellen.
Während einer der Eigentümer, Ludwig Topf jun. (1903-1945), Selbstmord begangen hatte, waren seine Geschwister Ernst-Wolfgang (1904-1979) sowie Johanna Topf (geb. 1902) unter Mitnahme von Geschäftsunterlagen in die Westzone geflüchtet. Sie gründeten 1951 in Wiesbaden eine neue Firma Topf & Söhne für Maschinen- und Feuerungsbau mit einer Niederlassung speziell für Feuerungs- und Ofenbau in Recklinghausen. Da ihr der wirtschaftliche Erfolg versagt blieb, musste sie Konkurs anmelden und wurde am 18. März 1963 im Handelsregister gelöscht.
Das Vorwort des Findbuches gibt Auskunft über die verschlungenen Wege, auf denen das Archivgut in das Hauptstaatsarchiv gelangte.
Fotos aus dem Bestand J. A. Topf & Söhne: http://www.topfundsoehne-fotos.de/topfundsoehne/projektinformationen.html
GND: http://d-nb.info/gnd/6052539-3