Vorwort

Überblick über die Entwicklung der Vereinigung
Im Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach wurde zu Anfang des 19. Jahrhunderts der Versuch unternommen, den Salzmangel durch die Gewinnung von Salz aus Lagerstätten, die auf dem eigenen Territorium lagen, zu beheben. Zu diesem Zweck wurde 1819 der Salineninspektor Glenck aus Wimpfen am Neckar auf Veranlassung Goethes nach Weimar geholt, um die Verwendungsfähigkeit der Sole bei Stotternheim zu prüfen. Die dort bereits 1775 errichtete Bergwerks-Societät hatte vor allem wegen technischer Mängel zu keinem Abbau geführt. Das Glencksche Unternehmen hatte mehr Erfolg. Nach achtjährigen Bohrungen wurde 1828 erstmals Salz auf der Stotternheimer Saline, die nach der Großherzogin Louise benannt war, gewonnen. Bald darauf konnte Glenck noch Salinen bei Köstritz (Heinrichshall) und bei Bufleben (Ernsthall) in Betrieb nehmen (vgl. Bericht des Salinendirektors Grenzendörfer, 1934 in: HStAW, Vereinigte Thüringische Salinen Gebr. Eberhardt Nr. 286).
Die Nachkommen Glencks, die die Salinen verwalteten, bildeten 1880 eine Aktiengesellschaft, deren Vermögen zu einem großen teil der Bankier Strupp aus Meiningen erwerben konnte. Der Sitz der AG wurde für kurze Zeit Heinrichshall bei Köstritz, doch infolge unaufhaltsamen Produktionsrückganges wurde die Saline Heinrichshall verkauft. Bei Stotternheim wurde neben der alten Glenckschen Saline Louisenhall eine zweite, Neuhall, angelegt, die an der Bahnstrecke Erfurt-Sangerhausen lag. Die nun noch verbliebenen Salinen der AG waren um Erfurt konzentriert, so dass der Sitz der Verwaltung 1909 nach Erfurt verlegt wurde.
Die Thüringischen Salinen, also auch die in der AG zusammengeschlossenen Betriebe Louisenhall, Ernsthall und Neuhall, hatten mit Absatzschwierigkeiten zu kämpfen. Das natürliche Absatzgebiet Thüringen, dessen Bedarf für den persönlichen Gebrauch und für die Salz verbrauchende Industrie wie Gurkeneinlegereien, Talgschmelzen, Darmschleimereien vollauf hätte gedeckt werden können, ging durch die vom "Norddeutschen Siedesalz-Syndikat" getroffene Absatzbeschränkung zu einem Teil verloren. Die Märkte außerhalb Thüringens - u. a. Leipzig, Dresden, Marburg, Köln, Schweinfurth - brachten bei Weitem keinen Ausgleich. Die Vereinigten Thüringischen Salinen gehörten mehreren Monopolverbänden an: 1910-1926 dem Mitteldeutschen Salinen-Verein, 1928-1932 dem Norddeutschen Siedesalz-Syndikat und seit 1933 der Norddeutschen Salinen-Vereinigung GmbH. Die Aufgabe letzterer bestand in der Regelung und Förderung aller in Deutschland hergestellten Chlornatriumsalze und wirkte sich durch starke Absatzbeschränkungen für die Thüringer Salinen negativ aus. Betrug die Absatzquote in den Jahren 1927-1929 im Rahmen der im Norddeutschen Siedesalz-Syndikat vereinigten Salzproduktionsstätten 8.000 -10.000 Tonnen (das entsprach einem Beteiligungssatz von 3,33%) so dank diese Ziffer auf 2,66%im Jahr 1934. Der Konkurrenzkampf durch die Steinsalzwerke und größeren Unternehmen der Salzindustrie, die schon immer über hohe Quoten verfügten, wirkte sich ungünstig für die kleineren Salinen aus. (Dies betraf im Wesentlichen auch die anderen die thüringischen Salinen Schwarzburger Saline Oberilm AG in Stadtilm, AG Saline und Solbad Salzungen und Neusulzaer Salinen Societät in Bad Sulza.) Die Produktionskapazitäten wurden künstlich auf einem niedrigen Stand gehalten. Dabei wären die Vereinigten Thüringischen Salinen bei voller Ausnutzung der Produktionsmöglichkeiten in der Lage gewesen, bei der Herstellung von vorwiegend Feinsalz die zehnfache Menge des Jahresdurchschnitts von 1933 zu produzieren. Die Steigerung der Kapazität der medizinischen Bäder auf Louisenhall vermochte auch keinen Ausgleich zu schaffen. Louisenhall als unrentabelste der Salinen wurde 1935 geschlossen.
Die Belegschaftsstärke der Salinenvereinigung betrug 1934 insgesamt 101 Personen Davon entfielen auf die einzelnen Salinen:
Louisenhall - 1 Betriebsführer, 1 Bürogehilfe, 24 Arbeiter, 1 Aufwartung;
Neuhall - 1 Betriebsführer, 1 Bürogehilfe, 1 Meister, 38 Arbeiter, 1 Aufwartung;
Ernsthall - 1 Betriebsführer, 1 Bürogehilfe, 24 Arbeiter, 1 Aufwartung.
Dazu kamen 2 Direktoren in der Verwaltung und 3 Beamte (vgl. Akte Nr. 286).

Im Laufe der Zeit hatte die Familie Eberhardt den größten Anteil der Aktien der Vereinigten Thüringischen Salinen AG erworben, so dass die Gesellschafter als auch die Betriebsleiter der Familie Eberhardt angehörten. Von 355.100 Reichsmark Aktien besaß 1935 allein Staatsrat Otto Eberhardt 240.000 RM, sein Bruder Karl 31.000 RM, Banken 35.000 RM und verschiedene kleinere Aktionäre 44.000 RM. Der Rest bestand aus Aktien die im Besitz der Salinen AG selbst waren. Zum 1. Juli 1936 wurde die AG in eine offene Handelsgesellschaft (OHG) umgewandelt. Das gesamte Vermögen der AG ging auf die OHG über, der Sitz wurde nach Stotternheim verlegt.
Die Familie Eberhardt, insbesondere Otto Eberhardt, ging nun daran, die übrigen Salinen in Thüringen unter ihren Einfluss zu bringen. Im Jahre 1938 wurde in einer Sitzung des Aufsichtsrates der Schwarzburger Saline Oberilm, dessen Vorsitzender Otto Eberhardt war, beschlossen, die AG umzuwandeln und das Vermögen auf die Vereinigten Thüringischen Salinen zu übernehmen. Von 366.000 RM Grundkapital kamen 75% in die Hände der OHG. Im gleichen Jahr wurde mit der Saline Salzungen AG in gleicher Weise verfahren. Das Vermögen von 500.000 RM Grundkapital wurde unter Abfindung ausscheidender Aktionäre ebenfalls in die OHG übernommen. Bei der Begründung der Übernahme trat die vom Nationalsozialismus geförderte Konzentration der Produktion klar zu Tage: "Die beabsichtigte Umwandlung soll zunächst dem Bestreben der nationalsozialistischen Wirtschaftsführung Rechnung tragen, die kleinen anonymen Kapitalgesellschaften aufzulösen und durch Personengesellschaften zu ersetzen…" (vgl. Akte Nr. 17).

Nunmehr befanden sich die meisten und größten Salinen in Thüringen fast ausschließlich im Besitz der Familie Eberhardt. Otto Eberhardt hatte dabei eine Vormachtstellung inne, die sich einesteils auf den größten Aktienanteil gründete. Diese Hegemonie wurde noch wesentlich durch seine politische Tätigkeit verstärkt. Otto Eberhardt war seit 1932 Mitglied der NSDAP und mit dem Reichsstatthalter und Gauleiter von Thüringen Fritz Sauckel befreundet. Eberhardt übernahm 1934 die Vertretung Thüringens beim Reich und war der Inspirator des dort errichteten Thüringen-Hauses. Zugleich wurde er Gauwirtschaftsberater für Wirtschaft und Industrie im Gau Thüringen. 1936 wurde er von Reichskanzler Adolf Hitler zum Thüringischen Staatsrat ernannt, 1937 zum SS-Sturmbannführer und dann zum Obersturmbannführer befördert. Er war Mitglied in Aufsichtsräten verschiedener großer Wirtschaftsunternehmen, u. a. der Thüringischen Zellwolle AG Schwarza, der Lenzinger Papier- und Zellstofffabrik AG in Lenzig, der Spinnstoff-GmbH Berlin-Schwarza, den Berlin-Suhler-Waffen- und Fahrzeugwerken GmbH, der Hirtenberger Patronen-, Zündhütchen- und Metallwarenfabrik AG Hirtenberg / Niederdonau und nicht zuletzt war er Vorsitzender des Verwaltungsrates der Wilhelm-Gustloff-Stiftung.
Anfang 1939 erlag Otto Eberhardt den Folgen eines Autounfalles und wurde in einem Staatsbegräbnis in Belvedere bei Weimar beigesetzt. Die Salinen kamen unter die Verwaltung der übrigen Mitglieder der Familie Eberhardt, in deren Händen sie bis zur Zerschlagung des nationalsozialistischen Staates blieben.
Auf Grund der Befehle 124 und 126 der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland (SMAD) wurden die Salinen unter Sequester gestellt. Sie führten nunmehr die Zusatzbezeichnung "kommissarische Verwaltung". Die seit 1945 einsetzenden Selbstständigkeitsbestrebungen der Saline Oberilm führten zum Erfolgt, dieses Werk bekam am 1. Januar 1946 eine eigene Verwaltung. Die übrigen Salinen blieben vorerst in der Vereinigung zusammengeschlossen. Nachdem sie in das Eigentum des Landes Thüringen übergegangen waren, war der Weg für ihre Entwicklung zu volkseigenen, sozialistischen Betrieben frei.
Dr. Hans Herz

Bestandsgeschichte
Der Aktenbestand wurde 1952 in das Staatsarchiv Weimar übernommen. Der ursprüngliche Umfang von ca. zwölf lfm wurde durch Kassationen auf zehn lfm (428 Akteneinheiten) reduziert. Überlieferungslücken wurden keine festgestellt. Der Aktenbestand umfasst im Wesentlichen Schriftgut aus den Jahren 1880 bis 1945. Einige Akteneinheiten reichen über die zeitliche Grenze des Jahres 1945 hinaus und schließen 1948/49 ab. Des Weiteren beinhaltet der Bestand eine größere Anzahl Abschriften von Bergbaukonzessionen aus den Jahren seit 1821, die wahrscheinlich in den zwanziger, dreißiger Jahres des 20. Jh. angefertigt worden sind.
Der Bestand wurde 1965 von Hilmar Mackeldey unter Anleitung des Archivars Dr. Hans Herz sachlich geordnet und verzeichnet. Die zum großen Teil in den Akten angewandte kaufmännische Ablage wurde beibehalten. Entsprechend der Gliederung wurde der Bestand neu signiert und ein Findbuch verfasst, welches 2008 retrokonvertiert wurde.