Preface

Die Geschichte der Herrschaft Farnroda ist seit 1461 eng mit dem Geschlecht der Burggrafen von Kirchberg verbunden. Namengebend für dieses Geschlecht war die gleichnamige Burg im heutigen Stadtgebiet von Jena. Sie war Reichsbesitz und wurde von einer Burggrafenfamilie edelfreier Herkunft verwaltet, die sich - erstmals 1149 - nach der Burg nannte und bis 1348 in deren Besitz blieb. Güter und Rechte der Burggrafen konzentrierten sich zunächst im Raum zwischen Jena, Weimar und Apolda. 1253 wurde als Hauskloster das Zisterzienserinnenkloster Kapellendorf gegründet. Das 14. Jahrhundert brachte den Verlust der ursprünglichen Besitzbasis; 1348 wurde Kapellendorf an die Stadt Erfurt zu Lehen ausgegeben. Danach saßen Burggrafen zeitweise in Camburg, dann in Kranichfeld. Mit Burg und Dorf Farnroda wurde 1461 ein neuer Besitzschwerpunkt erworben, der - obwohl ursprünglich nur ein Rittergut - später als Herrschaft Farnroda bezeichnet wurde. Nach und nach wurden Güter und Rechte in der Umgebung hinzugekauft (Wutha, Seebach, Hucherode, Eichrode, Lengröden). Dem Burggrafen Georg Ludwig (gestorben 1686), Kammerpräsidenten des Landgrafen von Hessen-Darmstadt, dann Statthalter des Herzogs von Sachsen-Eisenach, gelang es, durch Verträge mit Sachsen-Eisenach Ansätze einer eigenen Landeshoheit auszubilden, die allerdings in den folgenden Jahrzehnten zu andauernden Auseinandersetzungen mit den Behörden in Eisenach führten; insbesondere das Unterkonsistorium in Farnroda war diesen ein Dorn im Auge.

Burggraf Georg Ludwig erwarb durch seine zweite Ehe mit Magdalene Christine Gräfin von Manderscheid und Blankenheim (gestorben 1715) einen Teil der Grafschaft Sayn auf dem Westerwald mit der Residenz Hachenburg. Dorthin verlegte der Sohn, Burggraf Georg Friedrich, nach dem Tod der Mutter seinen Wohnsitz. Die Herrschaft Farnroda war fortan nur noch Fernbesitz; die Entscheidungen fielen in Hachenburg.

Die Verwaltungsakten aus der Zeit vor 1715 waren in Farnroda geblieben. Fortan entstanden neue Akten sowohl in Farnroda wie in Hachenburg; der Landesherr auf dem Westerwald und die Beamten in Farnroda standen im regen Briefwechsel. Dies führte zur Entstehung von zwei umfangreichen Registraturen.

Mit dem Erlöschen des (burg-) gräflichen Hauses im Jahr 1799 fielen die Lehen in und um Farnroda an den Herzog von Sachsen-Weimar und Eisenach zurück. Erbin der Grafschaft Sayn-Hachenburg und des Eigengutes in Thüringen war die Burggräfin Luise, verheiratete Fürstin von Nassau-Weilburg. Sie verkaufte in der Folge den Rest den Besitzes in Thüringen an den Herzog von Sachsen-Weimar; dieser erhielt auch die in Farnroda vorhandenen Archivalien, die später Teil des sogenannten Eisenacher Archivs wurden.

Archiv und Registratur in Hachenburg fielen 1799 an Nassau-Weilburg. Die auf dem Westerwald gelegenen Besitzungen, die zeitweise in andere Hände gelangt waren, kamen im Ergebnis des Wiener Kongresses 1815 wieder an das Haus Nassau zurück. Die Archivalien - auch die Farnroda betreffenden Stücke - wurden nach Idstein und später nach Wiesbaden verbracht. Sie bilden heute den Bestand 341 (Herrschaft Farnroda) des Hessischen Hauptstaatsarchivs Wiesbaden; eine Kopie dieses Findbuchs ist im Thüringischen Hauptstaatsarchiv Weimar vorhanden.
Die in Farnroda entstandenen Akten wurden nach Eisenach geschafft und kamen mit dem dortigen Archiv in der Mitte des 19. Jahrhunderts nach Weimar. Bei der Verzeichnung des sogenannten Eisenacher Archivs wurden sie dem Bestand "Grafen und Herren" zugewiesen, der in den 1930er Jahren von Wilhelm Engel bearbeitet wurde. Dabei wurde innerhalb des Bestandes eine Gruppe III., Burggrafen von Kirchberg, gebildet, die die Nummern 181-688 umfaßte. Auf Provenienzen wurde keine Rücksicht genommen. So wurden nicht nur Akten aus dem Archiv der Burggrafen und einschlägige Betreffe aus dem Archiv der Herzöge von Sachsen-Weimar in dieser Bestandsgruppe zusammengeführt, sondern in Einzelfällen fand diese Vermischung auch innerhalb von Aktenbänden statt.

Bei der 1995/96 mit Hilfe der EDV durchgeführten Neuverzeichnung durch Johannes Mötsch wurden diese Provenienzen wieder getrennt und ein Bestand "Herrschaft Farnroda" gebildet, der nur die Akten enthält, die aus dem Archiv der Burggrafen von Kirchberg stammen. Die Stücke herzoglicher Provenienz bleiben im Bestand "Grafen und Herren" desEisenacher Archivs.
Da einzelne Bände des Bestandes in den vergangenen 60 Jahren häufig benutzt worden sind, mußte deren Struktur aufrechterhalten bleiben, auch wenn eine Zusammenführung von Teilen mehrerer Bände unter einem Aktentitel gelegentlich sinnvoller gewesen wäre. Allerdings sind Akten mit langer Laufzeit und disparatem Inhalt in Einzelfällen aufgeteilt worden. Einzelnachweise hierzu bietet die Nummernkonkordanz; sie erlaubt auch die Feststellung, welche Bände Schriftstücke unterschiedlicher Provenienz enthielten, das nun auf zwei Bestände verteilt ist.

Auf folgende Aktengruppen ursprünglich fremder Provenienz, die auf dem Erbweg an die Burggrafen von Kirchberg gelangt sind, ist noch hinzuweisen:

- 1601 erlosch die Kelsterbacher Linie der Grafen von Isenburg; eine Schwester der letzten Grafen war mit dem Burggrafen von Kirchberg verheiratet. Diese Dame hatte einen Halbbruder namens Hans Otto, dessen rechtlicher Status umstritten war; Vater und Mutter sahen ihn und seine Schwestern als ehelich an. Die Gültigkeit dieser Ehe wurde allerdings von den übrigen Grafen von Isenburg bestritten; zudem war die Mutter bürgerlicher Herkunft. Hans Otto von Isenburg fand später im Landgrafen von Hessen-Darmstadt einen Verfechter seiner Ansprüche. Die drei unverheirateten Töchter Hans Ottos, deren letzte 1707 starb, setzten daher den Landgrafen und den Burggrafen von Kirchberg zu ihren Erben ein. Der schriftliche Nachlaß dieser drei Fräulein von Isenburg, die in Grünberg bei Gießen lebten, gelangte in der Folge nach Farnroda und wurde Teil des Archivs der Burggrafen.


- Anna Amalie Gräfin von Solms-Sonnenwalde, geborene Gräfin von Nassau-Weilburg, hatte neben Kindern, die ledig blieben, zwei Töchter, die mit dem Grafen Philipp Ernst von Hohenlohe-Langenburg und dem Pfalzgrafen Georg Wilhelm von Birkenfeld verheiratet waren. Ihr umfangreiches Erbe fiel nach ihrem Tod (1634) andie Enkelkinder, darunter Anna Magdalene, Ehefrau des Burggrafen Georg Ludwig von Kirchberg. Das Archiv dieser Familie enthält deshalb einige Akten zur Erbteilung Solms-Sonnenwalde. 1689 starb Burggraf Ludwig Kraft als letztes der vier Kinder aus der Ehe des Burggrafen Georg Ludwig mit Anna Magdalene von Hohenlohe. Ihm folgten seine Halbbrüder aus der zweiten Ehe des Vaters. Die Verwandten aus dem Hause Hohenlohe erhoben daher gegenüber den Burggrafen Ansprüche auf den Anteil des Erbes Solms-Sonnenwalde.

- Georg Ludwig Burggraf von Kirchberg, wohl der bedeutendste Vertreter des Geschlechts, stand nacheinander als Kammerpräsident bzw. Statthalter in Diensten des Landgrafen von Hessen-Darmstadt und des Herzogs von Sachsen-Eisenach. Einige dienstliche Akten aus der Darmstädter Zeit nahm er bei seinem Abschied mit.


Literatur: H. F. Avemann, Vollständige Beschreibung des uralten und weitberühmten Hochgräflichen Geschlechtes der Herren Reichsgraf- und Burggrafen von Kirchberg in Thüringen, Franckfurt am Mayn 1747. Der Verfasser entstammte einer Eisenacher Beamtenfamilie, deren Mitglieder vielfach auch in Diensten der Burggrafen standen. Erhatte daher wohl Zugang zum Archiv; seine Darstellung hat deshalb einen hohen Quellenwert.

Der Bestand ist beispielhaft wie folgt zu zitieren:
Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar, Herrschaft Farnroda (Burggrafen von Kirchberg) Nr. 1.

Weimar 1996

gez. Johannes Mötsch