Inventory signature

1-97-2360

Runtime

1330 -1944

Extent

51,1 lfm

Finding aids

Online-Findbuch

Content

Die Seckendorffsche Herrschaft Meuselwitz

Im Jahre 1676 erkaufte der Kanzler Veit von Seckendorff das Rittergut Meuselwitz und 1677 das Dorf Schnauderhainichen, über deren künftigen Erbgang er in einem am 5. Juli 1683 errichteten Fideikommiß Verfügung traf. Er bestimmte, daß die Güter nach seinem Tod an seines jüngeren Bruders Heinrich Gottlob von Seckendorff zu Oberzenn hinterlassenen ältesten Sohn Ernst Ludwig und nach demselben auf den jüngeren, den späteren Reichsgrafen und Feldmarschall Friedrich Heinrich, nach deren Tod aber immer an den an Jahren Ältesten, gleich ob er von dem älteren oder dem jüngeren der Brüder stamme, fallen solle. Bei Fehlen von deren Nachkommenschaft sollten die Güter an den Ältesten des gesamten Geschlechtes übergehen. Es handelte sich also um ein S e n i o r a t.
1742 änderten die Gebrüder Ernst Friedrich, Johann Wilhelm Gottfried, Franz Philipp und Philipp Heinrich, Söhne des verstorbenen Ernst Ludwig von Seckendorff die Nachfolge durch die P a c t u m s u c c e s s o r i u m ab. Es sollte nunmehr der an Lebensalter älteste von den vier Brüdern und ihrer Nachkommenschaft in den Genuß der Rittergutseinkünfte gelangen, jedoch mit der Administration der Güter nichts mehr zu tun haben und sich lediglich mit einem festen Pachtquantum von 800 Mfl. jährlich begnügen.
Friedrich Heinrich von Seckendorff schlug durch die M a j o r a t s d i s p o s i t i o n vom 29. April 1754 zu den alten Fideikommißgütern Meuselwitz und Schnauderhainichen, zu denen Veit Ludwig von Seckendorff 1692 noch Mumsdorf hinzugekauft hatte, die von ihm erworbenen Güter Wuitz, Starkenberg mit Vorwerk Dorotheenhof und das kanzleischriftsässige Freihaus in Altenburg hinzu. Die Sukzession im Majorat sollte sich nach der 1742 getroffenen Verabredung richten, war aber dahin modifiziert, daß das Majorat an den ältesten der Brüder und dann auf deren männliche Deszendenz bis zu deren Aussterben fallen sollte, wo es dann auf den nächsten der Brüder und dessen männliche Nachkommen übergehen sollte, so daß die Proximitas lineae, nicht das Lebensalter galt. Der Inhaber das Majorats hatte an den sogenannten Stammerben jährlich 800 Mfl. zu zahlen, wie es 1742 bestimmt wurde.
Auf den Reichsgrafen Friedrich Heinrich von Seckendorff, der 1763 starb, sind in der Verwaltung der Majoratsherrschaft gefolgt:
Friedrich Carl von Seckendorff 1763 - 1799
Wilhelm Heinrich von Seckendorff 1800 - 1817
Veit Ludwig von Seckendorff 1818 - 1827
Alfred von Seckendorff 1827 - 1876
Oskar Edwin von Seckendorff 1877 - 1892
Veit Adolf und sein Sohn 1892 - 1943
Carl Friedrich von Seckendorff 1923 - 1945
1922 wurde das Familienfideikommiß durch Familienschluß aufgehoben und in die Freiherr von Seckendorffschen Stiftungen Meuselwitz und Starkenberg umgewandelt. 1940 stellten die Mitglieder des Vorstandes der Freiherrl. von Seckendorffschen Stiftung Meuselwitz nach § 18 der Verordnung zur Durchführung und Ergänzung des Gesetzes über das Erlöschen der Fideikommisse und sonstiger gebundener Vermögen vom 20. März 1939 (RGBl. I.S. 509) beim Fideikommißsenat des Thüringer Oberlandesgerichtes den Antrag auf Aufnahme und Bestätigung eines Beschlusses über eine Aufhebung der Stiftung. Der Vorstand der Stiftung Veit Adolf von Seckendorff, der das Vermögen der Stiftung übernehmen sollte, beantragte, den Grundbesitz in einen Erbhof umzuwandeln. Ob dies geschehen ist oder nicht, kann aus Mangel an Unterlagen nicht gesagt werden. 1945 wurden die Güter Meuselwitz und Starkenberg, das seit 1923 Carl Friedrich von Seckendorff bewirtschaftet hatte, enteignet und in Neubauernstellen aufgeteilt.
Da von einigen Mitgliedern der Familie Seckendorff besonders umfangreiche archivalische Nachlässe überkommen sind, scheint es angebracht, deren Lebensgang als eine erste Orientierung kurz aufzuzeigen.
Veit Ludwig von Seckendorff wurde am 20. Dezember 1626 in Herzogenaurach als Sohn des seit 1632 schwedischen Obersten Joachim Ludwig von Seckendorff, der wegen angeblicher Verbindung mit den Kaiserlichen in Salzwedel enthauptet wurde, und der Maria Anna Schertlin von Burtenbach geboren. Auf den ersten Unterricht, den Veit Ludwig in Coburg, Mühlhausen und Erfurt empfing, folgte der Besuch des Reyherschen Gymnasiums in Gotha und der Universität Straßburg, wo er Philosophie, Jura und Geschichte studierte. Nach der Rückkehr von einer von Ernst dem Frommen finanzierten Reise in die Niederlande bestellte ihn der Herzog zum Aufseher über seine Bibliothek. 1652 wurde Seckendorff Hof- und Justizienrat. Sein 1656 erschienener "Teutscher Fürstenstaat" in dem er eine Zusammenstellung von Regeln zur Regierungspraxis gibt, nimmt unter den Staatsschriften seiner Zeit eine hervorragende Stellung ein. Obwohl ihn Ernst der Fromme 1664 zum Kanzler ernannt hatte, folgte er noch im gleichen Jahr einer Berufung des Herzogs Moritz nach Zeitz, wo er ebenfalls das Amt des Kanzlers und dazu das des Konsistorialpräsidenten übertragen erhielt. Gotha hatte er wegen zu großer dienstlicher Belastungen, die die Reformen Ernst des Frommen mit sich brachten, verlassen. Auch die Zeitzer Ämter legte er 1681 nieder, behielt nur das Amt des Landschaftsdirektors in Altenburg bei und zog sich auf sein 1676 angekauftes Gut Meuselwitz zurück, wo er sich hauptsächlich der wissenschaftlichen Arbeit widmete. Als Gegenstück zu seinem "Fürstenstaat" edierte er 1685 auf Rat Speners den "Christenstaat". Im dritten und umfangreichsten seiner Werke, dem 1692 f. erschienenen "Commentarius historicus et apologeticus de Lutheranismo" legte Seckendorff seine Auffassung über die Geschichte des Luthertums nieder. 1692 nahm er noch die Berufung zum Kanzler der neu gegründeten Universität Halle an, starb aber schon am 18. Dezember des gleichen Jahres ebenda.
Friedrich Heinrich von Seckendorff, späterer Reichsgraf, k.u.k. Feldmarschall, Reichsfeldmarschall und Gouverneur von Philippsburg, wurde am 16. Juli 1673 in Königsberg in Franken als Enkel des schwedischen Obersten Joachim Ludwig von Seckendorff und Sohn des s.-gothaischen Kriegsrates Heinrich Gottlob von Seckendorff geboren. Nach der Vorbildung durch einen Hofmeister studierte er von 1688 bis 1690 in Jena, Leipzig und Leyden. Mit seinem Eintritt in die englich - holländische Armee 1693 begann seine wechselvolle militärische Laufbahn unter den Fahnen zahlreicher deutscher und europäischer Staaten. Während des spanischen Erbfolgekrieges kämpfte er als Major, dann als Oberst in einem ansbachischen Dragonerregiment in Flandern und am Oberrhein und zeichnete sich bei Oudenarde aus. 1709 trat er in die Dienste Augusts I. von Polen, der ihn als beglaubigten polnischen Minister nach Den Haag entsandte. 1713 dämpfte er einen Aufstand in Polen, belagerte 1715 Stralsund mit, trat 1717 als Generalfeldmarschallleutnant in kaiserliche Dienste und war an der Belagerung und Einnahme von Belgrad beteiligt. 1718 und 1719 ist er in Italien zu finden und wird zum Reichsgrafen ernannt. Obwohl er 1721 das Amt eines Gouverneurs von Leipzig übernahm, blieb er fernerhin in kaiserlichen Diensten. 1726 wurde er kaiserlicher Gesandter in Berlin. Diesen Posten behielt er auch bei, als er zum Gouverneur von Philippsburg ernannt wurde. Unter gleichzeitiger Ernennung zum Generalfeldmarschall wurde ihm der Oberbefehl gegen die Türken übertragen. Da der Feldzug unglücklich verlief, wurde er in Wien interniert und unter Anklage gestellt. Erst 1740 wurde er, inzwischen nach Graz gebracht, von Maria Theresia entlassen. Im folgenden Jahr legte er seine Feldmarschalls- und Geheimratswürde nieder, trat aber mit dem gleichen Rang und der gleichen Würde in die Dienste Kaiser Karls VII. und übernahm das Kommando über die bayrische Armee. Mit der er im Jahre 1744 Bayern mit Ausnahme von Ingolstadt, Braunau, Schärding und Passau den Österreichern wieder abnahm. 1745 verständigte er Österreich mit Bayern, was zum Frieden von Füssen führte. Nach der Wahl Franz I. zum Kaiser erhielt er von Maria Theresia alle Ehrenstellen zurück. Ratschläge, die er dem Wiener Hof gegen Preußen gegeben hatte, waren der Anlaß, daß ihn König Friedrich I. von Preußen im Dezember 1758 durch ein Husarenkommando aus der Kirche in Meuselwitz verhaften und nach Magdeburg bringen ließ, von wo er erst im Mai 1759 im Austausch mit dem in österreichische Gefangenschaft geratenen Prinzen Moritz von Dessau entlassen wurde. Am 23. November 1763 starb er in Meuselwitz.
Ernst Friedrich von Seckendorf, späterer s.-gothaischer Geh. Rat, Kanzler, Domherr, Subsenior und Prälat des Hochstifts Naumburg wurde am 14. November 1696 in Oberzenn(?) geboren. Aus seinen Ernennungsdekreten (Nr. 1337) ergeben sich folgende Daten seiner Laufbahn: 1723 s.- weißenfelsischer Hof- und Justizienrat; 1724 Kammerrat ebenda; 1732 s.-gothaischer Geh. Legationsrat; 1734 Schloßhauptmann zu Altenburg und Amtshauptmann zu Camburg; 1737 s.-gothaischer Geh. Legationsrat und bevollmächtigter Minister und s.-weißenfelsischer Rat und Bevollmächtigter am kaiserlichen Hof in Wien; 1738 Geh. Rat und Konsistorialpräsident in Altenburg; 1740 s.-weißenfelsischer Geh. Rat; 1743 Kanzler in Altenburg.- Am 15. April 1725 heiratete er Anna Sabina Christophora von Krosigk, die am 15. Mai 1740 in Wien an Auszehrung starb. Darauf heiratete er am 19. Juni 1744 Caroline Vitztum von Eckstädt, die am 19. August 1762 starb. Ernst Friedrich von Seckendorff starb am 24. August 1756.
Friedrich Carl von Seckendorff, späterer braunschweigischer Oberst, s.-altenburgischer Obersteuerdirektor, Direktor des Stifts Naumburg wurde am 24. August 1727 in Altenburg als erster Sohn des Ernst Friedrich von Seckendorff geboren und in der Schloßkirche zu Altenburg getauft. Während der Wiener Gesandtschaft seines Vaters lebte er in Merbitz bei Halle im Hause seiner Großmutter, nach dessen Rückkehr bei dem Feldmarschall, der die Erziehung dem Magister Dapp übertrug. Zusammen mit seinem jüngeren Bruder Ernst Anton und in Begleitung Dapps bezog er 1746 das Collegium Carolinum in Braunschweig, das er, da er eine mangelhafte Auffassungsgabe besaß und äußerlich durch schwere Blatternerkrankung stark entstellt war, nach zwei Jahren wieder verließ. Aus eigenem Entschluß trat er als Fähnrich in braunschweigische Dienste. Die Hoffnungen, die er in die militärische Laufbahn gesetzt hatte, erfüllten sich nur in bescheidenem Maße. Am 3. Juli 1753 ging er die von seinem Großonkel und dem Feldmarschall von Diemar verabredete Ehe mit Elisabeth von Diemar in Deberdorf ein und kehrte 1754 nach Braunschweig zurück. Auf Betreiben seines Großonkels erhielt er 1755 seinen Abschied und den Charakter eines Obersten und lebte fortan in Meuselwitz. Seine Frau starb am 1. März 1759 an der Auszehrung. Am 6. Oktober 1760 verheiratete er sich in Stadtroda wieder mit Charlotte von Tümpling. Nach dem Tod des Grafen Friedrich Heinrich von Seckendorff, der ihm 85 000 Rthl. Schulden und Legate hinterließ, trat er die Nachfolge in den Gütern an, deren Verschuldung insbesondere durch einen langwierigen Prozeß mit dem Pachter von Starkenberg, Winkler, beständig zunahm. Des weiteren führte Seckendorff einen Prozeß gegen den Edlen Schubarth vom Kleefeld, der eine scharfe Schmähschrift gegen ihn herausgegeben hatte. Seckendorff starb am 25. Dezember 1799.

Geschichte des Bestandes

Das Seckendorffsche Archiv begreift einmal solche Archivalien in sich, die bei der Verwaltung der Güter der Seckendorffschen Herrschaft Meuselwitz erwachsen sind. Der größte Teil der Patrimonialgerichtsakten war bereits nach Aufhebung der Patrimonialgerichtsbarkeit in S.-Altenburg 1849 bzw. 1854 den staatlichen Gerichtsbehörden übergeben worden, die übrigen sind bis auf wenige Stücke jetzt in den Bestand Amtsgericht Meuselwitz eingereiht worden.
Zum anderen enthält das Seckendorffsche Archiv Akten, Briefe und Nachlässe der Familie von Seckendorff. Die sehr umfangreiche dienstliche Korrespondenz des Feldmarschalls Friedrich Heinrich von Seckendorff wurde 1844 an das Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien und an das Wiener Kriegsarchiv abgegeben (Inventar des Haus-, Hof- und Staatsarchivs Bd.I S. 476 u. 489). Das "Familienarchiv des Geschlechtsverbandes der Grafen und Freiherrn von Seckendorff" wurde durch Satzung vom 19. Juli 1899 begründet und sollte aufnehmen: Geburts- Trauungs- und Todesnachrichten, sonstige Personalnachrichten über einzelne Familienmitglieder, Nachweisungen über Besitzverhältnisse in der Familie, Bücher und sonstige Schriften, welche die Familie betreffen und die abgeschlosssenen Familienratsakten. Die Archivalien waren in zwei Zimmern des Meuselwitzer Schlosses, das 1945 durch Bomben schwer beschädigt wurde, gelagert, doch blieben die Archivräume unversehrt.

Überführung des Bestandes in das Staatsarchiv

Im Zuge der Bodenreform wurde der Bestand unter Aufsicht von Herrn von Owstin und Angestellten Grünert im April und Mai 1946 in das Staats-, jetziges Landesarchiv Altenburg überführt.

Bearbeitung des Bestandes

Da der Bestand sich in ziemlicher Unordnung befand, die Umschläge einer großen Anzahl von Paketen und Faszikeln abgerissen und der Inhalt zerstreut war, ergab sich die Notwendigkeit, ihn neu aufzunehmen. Wie aus den alten Signaturen zu ersehen ist, waren die Verwaltungsakten des Majorats und die familiengeschichtlichen Archivalien früher getrennt verzeichnet. Bei der Neuordnung wurde die bisherige Trennung in Guts- und Familienakten, die ohnehin in vielen Fällen nicht befriedigen konnte, aufgegeben und eine fortlaufende Signierung durchgeführt. Nicht archivwürdiges Material, im wesentlichen Rechnungsbelege, wurden ausgeschieden. Diese Arbeiten wurden vom Unterzeichneten von 1947 bis 1951 erledigt.

Dr. Patze, Juli 1952


Ergänzung

Im Jahre 2006 konnte ein im Stadtarchiv Meuselwitz lagernder Teilbestand des Familienarchivs von Seckendorff im Umfag von ca. 250 Aktenbänden in das Staatsarchiv Altenburg übernommen und in den hier lagernden Bestand eingearbeitet werden. Im Jahr 2007 folgte eine Gütliche Einigung zwischen dem Freistaat Thüringen und dem Seckendorffschen Familienverband, in deren Folge der Gesamtbestand juristisch in das Eigentum des Landes überging. Die Übertragung des maschinenschriftlichen Findbuches und seiner Nachträge in das Datenbanksystem AUGIAS-Archiv erfolgte ab 2008 durch Ilona Fröbel.

Doris Schilling, 2019