Preface
Institutionsgeschichte
Das Ministerium Rudolstadt wurde als oberste Landesverwaltungsbehörde durch Verordnung vom 26. April 1850 errichtet, es nahm seine Tätigkeit am 1. Juli 1850 auf. Die Behörde gliederte sich vorerst in vier Fachabteilungen, von denen die dritte Nachfolger der gleichzeitig aufgehobenen Regierung Rudolstadt wurde. Sie war zuständig für alle Angelegenheiten der inneren Landesverwaltung, für Polizei und Straßenbau und war Aufsichtsbehörde über die zum 1. Juli 1850 neu errichteten Landratsämter, die an die Stelle der älteren Verwaltungsämter getreten waren. Durch die im Zuge der Reaktion erfolgte rückläufige Behördenorganisation 1858, mit der, wie es hieß, der "in den Jahren des Umsturzes verloren gegangene Boden zurückgewonnen" werden sollte, wurden die Fachabteilungen des Ministeriums wieder aufgehoben. An ihre Stelle traten erneut die früheren Landeskollegien, für die Abteilung Inneres die "Regierung". Doch hielten diese restaurativen Bestrebungen der allgemeinen politischen und wirtschaftlichen Entwicklung nicht stand, sodass schon 1868 das Ministerium wieder oberste Behörde "für alle Zweige der Staatsverwaltung" wurde. Getrennte Fachabteilungen aber entstanden erst allmählich "nach Bedürfnis". Bis zur Wiedereinrichtung der Abteilung Inneres des Ministeriums 1898 nahm deren Aufgaben die erste Abteilung bzw. das Präsidium wahr, die Registratur jedoch wurde von Anfang bis Ende getrennt geführt. Als II. Abteilung des Ministeriums Rudolstadt bestand das "Innere" bis zum Ende des Staates Schwarzburg-Rudolstadt und dessen Aufgehen im Lande Thüringen 1920, ihre Aufgaben übernahm sodann die "Gebietsregierung", die 1923 aufgehoben wurde.
Bestandsbearbeitung
Die Akten des Ministeriums Rudolstadt - Abteilung Inneres - gelangten nach Aufhebung der Behörde 1923 in das Staatsarchiv. Die gleichzeitig mit den Akten abgegebenen, um 1855 angelegten Behördenrepertorien dienten bis zur Neubearbeitung des Bestands in den Jahren 1970/71 als archivische Findbücher.
Bei der Errichtung des Ministeriums 1850 übernahm die Abteilung Inneres die gesamte Registratur ihrer Vorläuferbehörde, der Regierung. Nur die Akten über Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, meist Lehnssachen, gelangten an die dafür zuständigen Justizämter. Außerdem übernahm die Abteilung Inneres die Registratur der 1835 errichteten Straßen-, Wasser- und Uferbaukommission, die seitdem als Unterabteilung des Inneren weitergeführt wurde.
Aus der älteren Regierungsregistratur gab jedoch das Ministerium schon 1853 größere Teile an das Archiv ab. Aktenrepertorien existierten nicht, sie wurden erst beim Ministerium angelegt, in die aber alle bei der Regierung entstandenen Akten, soweit diese nicht vorher an das Archiv abgegeben worden waren, eingingen. So kommt es, dass der Bestand Ministerium Rudolstadt - Abteilung Inneres - zahlreiche Akten enthielt, die bereits bei der Vorläuferbehörde Regierung geschlossen oder vom Ministerium weitergeführt wurden und die teils bis in das 17. Jahrhundert zurückreichen.
Auf das Aktenwesen und die Registraturordnung hatte die rückläufige Behördenorganisation von 1858 - 1868 keinen Einfluss, die Registratur für die inneren Angelegenheiten blieb in der 1850 bzw. 1855 eingerichteten Form bis zum Ende 1923 bestehen. Das hatte aber insofern Nachteile, als der Aufgabenbereich infolge der allgemeinen politischen und wirtschaftlichen Entwicklung mannigfachen Veränderungen unterlag und die zu völlig neuen Sachgebieten entstehenden Akten nicht in das alte Registraturschema passten. Die Eingliederung solcher Akten wurde daher weitgehend von subjektiven Gesichtspunkten bestimmt, und wo auch diese versagten, entstanden sogenannte "Varia"-Gruppen.
Eine größere Bereinigung erfuhr die Registratur erst 1918. Außer zahlreichen Kassationen wurden größere Teile an das Geheime Archiv abgegeben, wo sie in den gleichnamigen Bestand unter den Lagersignaturen D XIV - D XVIII eingeordnet wurden. Weitere Kassationen durch die Behörde erfolgten in den Jahren 1921/22.
Die Neubearbeitung setzte zunächst eine provenienzgerechte Bestandsbildung voraus. Alle vor 1850 geschlossenen, von der Vorläuferbehörde stammenden Akten wurden herausgelöst, während die früher an das Archiv gelangten und in den Bestand "Geheimes Archiv" eingegangenen Ministerialakten wieder eingegliedert wurden. Nach der Neubearbeitung umfasst der Bestand Ministerium, Abteilung Inneres mit 106 lfm. etwa 23 % seines ursprünglichen Umfangs (vgl. R. Ruhe: Methodische Erfahrungen bei der Bildung eines Provenienzbestandes im Staatsarchiv Rudolstadt, in: Archivmitteilungen Heft 3 1975, S. 99-102).
Die Neubearbeitung des Bestandes wurde unter Leitung des Staatlich geprüften Archivars Rudolf Ruhe in den Jahren 1970-1971 mit den Archivassistentinnen Hildegard Zapfe und Barbara Müller durchgeführt. Das Findbuch schrieb Friedel Deubler, es kam 1975 zum Abschluss.
gez.
Rudolf Ruhe
PS: Die beiden 1975 entstandenen Bände des Findbuchs wurden im Sommer 2005 eingescannt und mittels einer "Optical Caracter Recognition"-Software in eine Textdatei umgewandelt, die wiederum in die Erschließungsdatenbank des Thüringischen Staatsarchivs Rudolstadt importiert wurde.
Eine inhaltliche Überarbeitung fand dabei insofern statt, als Orts- und Personennamenindizes gebildet wurden. Auch wurde auf eine strengere Trennung von Titel und Enthält-Vermerken geachtet, als das seinerzeit durch Rudolf Ruhe und Hildegard Zapfe geschah. Einige wenige unverständliche Aktentitel konnten korrigiert werden. Allerdings wurde die teilweise exzessive Erfassung von Druckschriften, die sich insbesondere in Akten aus dem Ende des 19. Jahrhunderts naturgemäß häufen, auf ein vertretbares Maß reduziert.
Datenbanktechnisch ist der Bestand mit den anderen Beständen verknüpft, die in den 1970er Jahren ganz oder teilweise durch Herauslösung aus dem ehemaligen "Geheimen Archiv" entstanden.
Rudolstadt im September 2005
gez.
Dr. Uwe Grandke
Oberarchivrat