Preface

Amtsbezirk Tunzenhausen

Behördengeschichte

Mit der Kreisordnung f.d.ö.Pr. vom 13. Dezember 1872, welche am 01. Januar 1874 in Kraft trat, wurde die gutsherrliche Polizeigewalt und das Aufsichtsrecht der Gutsherren über die Landgemeinden endgültig aufgehoben. Zur Verwaltung der Ortpolizei auf dem platten Lande wurde das Ehrenamt des Amtsvorstehers geschaffen, der als ländliche Ortpolizeibehörde in seinem Amtsbezirk die Aufgaben der Polizeiverwaltung erfüllte.
Nach § 21 der Kreisordnung (KrO) f.d.ö.Pr. vom 13. Dezember 1872 zerfielen die Kreise, mit Ausnahme der Stadtkreise, in Amtsbezirke, bzw. Stadt- und Amtsbezirke.
Die Amtsbezirke bestanden aus einer oder mehreren Landgemeinden, aus einem oder mehreren Gutsbezirken, oder aus Landgemeinden und Gutsbezirken. Nach § 47 der KrO.f.d.ö.Pr. erfolgte die Einteilung der Kreise in Amtsbezirke behufs Verwaltung der Polizei und Wahrnehmung anderer öffentlicher Angelegenheiten. Die Amtsbezirke waren mithin in erster Linie polizeiliche Verwaltungsbezirke.
Die Amtsbezirke sollten möglichst ein räumlich zusammenhängendes und abgerundetes Flächengebiet umfassen, dessen Größe und Einwohnerzahl so bemessen war, dass einerseits die Erfüllung der durch das Gesetz der Amtsverwaltung auferlegten Aufgaben gesichert war und andererseits die Unmittelbarkeit und ehrenamtliche Ausübung der örtlichen Verwaltung nicht erschwert wurde.
Die Bildung der Amtsbezirke sowie deren evtl. erforderliche Abänderung erfolgte nach vorheriger Anhörung der Beteiligten auf Vorschlag des Kreistages durch den Minister des Innern.

1874 wurde der Amtsbezirk Tunzenhausen folgendermaßen gebildet:
1. Gemeindebezirk Rohrborn
2. Gemeindebezirk Schallenburg
3. Gemeindebezirk Tunzenhausen
4. Gutsbezirk Tunzenhausen
5. Gemeindebezirk
6. Gemeindebezirk Wenigensömmern
7. Gutsbezirk Wenigensömmern
8. Gemeindebezirk Wundersleben
9. Gutsbezirk Wunderleben

Der Amtsvorsteher wurde vom Oberpräsidenten auf 6 Jahre ernannt und zwar auf Grund einer vom Kreistag aufgestellten, nötigenfalls vom Provinzialrat zu ergänzenden Vorschlagsliste, in welche aus der Zahl der Amtsangehörigen die zu Amtsvorstehern befähigten Personen aufgenommen wurden. Der so bestellte Amtsvorsteher war Ehrenbeamter und hatte lediglich Anspruch auf eine Amtsunkostenentschädigung. War nach Erklärung des Kreistages für einen Amtsvorsteherposten keine geeignete Person in dem betr. Amtsbezirk zu ermitteln, so bestellte der Oberpräsident einen kommissarischen Amtsvorsteher, der im Gegensatz zu dem Ehrenamtsvorsteher einer Vergütung erhielt.
Der Amtsvorsteher wurde vom Landrat nach Vorschrift der Verordnung vom 06. Mai 1867 vereidigt. Er war mittelbarer Staatsbeamter und durfte das Prädikat "königlich" nicht führen. Für jeden Amtsbezirk wurde nach den für die Ernennung des Amtsvorstehers geltenden Bestimmungen ein Stellvertreter des letzteren ernannt.

Der Amtsvorsteher in Tunzenhausen verwaltete, und zwar selbstständig mit eigener persönlicher Verantwortlichkeit

1. Die Polizei (örtliche Polizei), insbesondere die Sicherheits-, Ordnung-, Sitte-, Gesundheits-, Gesinde-, Armen-, Wege-, Wasser-, Feld-, Forst-, Fischerei-, Gewerbs-, Bau-, Feuer-, und Fremdenpolizei, soweit sie nicht durch besondere Gesetze dem Landrat oder anderen beamten übertragen war.
2. Die sonstigen öffentlichen Angelegenheiten des Amtes nach näherer Vorschrift der Kreisordnung.

Der Amtsvorsteher hatte ferner auch auf denjenigen Gebieten, die seiner Obhut nicht übertragen waren, das Recht und die Pflicht, da, wo die Erhaltung der öffentlichen Ordnung, Ruhe und Sicherheit sein Einschreiten notwendig machten, das Erforderliche anzuordnen und ausführen zu lassen. Außerdem erstreckten sich seine polizeilichen Befugnisse auf:
Die Gemeinde- und Gutsvorsteher waren verpflichtet den Aufträgen und Anweisungen des Amtsvorstehers, die dieser gemäß seiner gesetzlichen Befugnisse in Dienstangelegenheiten an sie erließ, nachzukommen, und sie konnten vom Amtsvorsteher unter Anwendung der im § 132 LVG gegebenen Zwangsmittel, mit Ausnahme der Haftstrafe, hierzu angehalten werden.
Die Gendarmen hatten den Anforderungen des Amtsvorstehers in polizeilichen Angelegenheiten zu genügen.
Nebenseiner bereits genannten Tätigkeit stand der Amtsvorsteher auch dem Landrat und dem Kreisausschuss für die Geschäfte der allgemeinen Landes- und Kreiskommunalverwaltung, sowie bei Beaufsichtigung der zum Amtsbezirk gehörigen Gemeinden und Gutsbezirke vermittelnd und begutachtend zur Verfügung.
Die Aufsicht über die Geschäftsführung des Amtsvorstehers in Tunzenhausen führte der Landrat zu Weißensee als Vorsitzender des Kreisausschusses.
Das Verzeichnis der jeweiligen Amtsvorsteher konnte nicht vollständig ermittelt werden. Unter Hinzuziehung der betr. Akten der Regierung zu Erfurt wurde folgende Aufstellung angefertigt:

1874
Amtsvorsteher: Rittergutsbesitzer Hauptmann d. L. Bontin
Stellvertreter: Schulze Brauer zu Rohrborn


1884
Amtsvorsteher: Rittergutsbesitzer Hauptmann d. L. Bontin
Stellvertreter: Gemeindevorsteher Otto zu Tunzenhausen

1888
Amtsvorsteher: Gemeindevorsteher Otto zu Tunzenhausen
Stellvertreter: Wirtschaftsinspektor Koch zu Wundersleben

1894
Amtsvorsteher: Otto, Tunzenhausen auf weitere 6 Jahre
Stellvertreter: Rittersgutsbesitzer Hünersdorf, Wenigensömmern
1899
Amtsvorsteher: Gemeindevorsteher Otto, Tunzenhausen
Stellvertreter: Rittersgutsbesitzer Hünersdorf, Wenigensömmern

1904 unterschreibt der vormalige Stellvertreter Hünersdorf als Amtsvorsteher, und 1912 erschein ein Amtsvorsteher namens Hoffmeister, 1928 sind die Schriftstücke mit Tümmler unterzeichnet, und nach 1933 unterschreibt der Amtsvorsteher Jödicke.
Neben dem Amtsvorsteher stand als weiteres Organ der Amtsverwaltung der Amtsaussschuss. Er setzte sich aus den Vertretern der zum Amtsbezirk gehörenden Gemeinden und selbstständigen Gutsbezirke zusammen und hatte das Recht, die Ausgaben des Amtsbezirkes zu bewilligen und zu kontrollieren, sowie bei einer Reihe von Polizeiverordnungen mitzuwirken.

Nach dem Zusammenbruch 1945 wurden die Amtsbezirke aufgehoben, und in Tunzenhausen, wie überhaupt in Preußen, fand die Tätigkeit des Amtsvorstehers ihr Ende.

Literatur: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung
Bd. 1 (1906), S. 54, 61-62, 992-993


Bestandsgeschichte

Der Aktenbestand des Amtsbezirkes Tunzenhausen erstreckt sich auf die Zeit von 1876 bis 1944. Der Bestand umfasst lediglich 25 Aktenbände. Und wurde chronologisch geordnet.
Über den Verbleib des Bestandes nach 1945 konnte nichts ausgesagt werden. Der Bestand wurde 1962 vom Rat des Kreises Sömmerda ohne Übergabeverzeichnis an das Landesarchiv Gotha abgeliefert.

Laufzeit:
1876 - 1944

Umfang:
0,2 lfm

Findmittel:
Online-Findbuch