Preface
Wasserwirtschaftsdirektion Werra-Gera-Unstrut - Geschichte des Registraturbildners
Organisation der Wasserwirtschaft
Thüringen nach 1945
Im Juni 1945 wurde in Thüringen die obere Wasserwirtschaftsbehörde beim Landesamt für Land- und Forstwirtschaft gebildet. In der Abteilung F entstand die Unterabteilung Wasserwirtschaft, die seit 1947 Abteilung der Hauptabteilung (HA) Landwirtschaft war. Als untere Wasserwirtschaftsbehörden wurden am 1. September 1945 drei Wasserwirtschaftsämter mit Nebenstellen neu errichtet, deren Verselbständigung 1951 zu sechs Wasserwirtschaftsämtern führte: Erfurt, Meiningen und Rudolstadt und ab 1. Januar 1951 auch Eisenach, Gera und Mühlhausen. Der oberen Wasserwirtschaftsbehörde nachgeordnet waren bis 1948 die Landesanstalt für Gewässerkunde und die Landesstelle für Wasseruntersuchungen.
Mit der Auflösung der Länderverwaltungen 1952 und Bildung der Bezirke erfolgte eine Umorganisation der Wasserwirtschaft. Die Ministerialabteilungen wurden als Wasserwirtschaftsreferate in die Bezirksräte überführt. Die noch bestehenden Wasserwirtschaftsämter und die Wasserbauämter bildeten in Verbindung mit den Wasser- und Bodenverbänden (deren Auflösung sich bis 1953 vollzog) sowie sonstigen bedeutenden wasserwirtschaftlichen Anlagen den Grundstock für 16 zentralgeleitete volkseigene Wasserwirtschaftsbetriebe (Z-Betriebe). Sie nahmen zum Januar 1953 ihre Arbeit aufnahmen. Die Z-Betriebe waren nach Einzugsgebieten gegliedert, auf Thüringer Territorium waren dies die Flüsse Werra mit Leine, Unstrut mit Gera und Helme, Weiße Elster mit Pleiße und die Saale bis zur Mündung mit Ilm, Schwarza, Salza und Fuhne. Die Z-Betriebe waren zuständig für Unterhaltung und Ausbau der Vorfluter und ihre Bewirtschaftung. Zum Aufgabenbereich gehörten v. a. Talsperren und Hochwasserrückhaltebecken, Fern- und Gruppenwasserversorgungen, Überwachung der Gewässer, Flusskläranlagen sowie Kläranlagen, die von besonderer Wichtigkeit waren, und Forschungsaufgaben. Darin eingeschlossen war auch dieInstandhaltung der Gewässer, die den Wasserläufen I. und II. Ordnung des Preußischen Wassergesetzes entsprachen. Daneben wurden Wasserwirtschaftsbetriebe auf örtlicher Ebene gebildet (K-Betriebe), denen die Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung in den Gemeinden oblag.
Entwicklung zentraler institutioneller Strukturen in der DDR
Auf zentraler Ebene wurde 1951 die Wasserwirtschaft ein eigenes Plangebiet in der Staatlichen Plankommission. Des Weiteren nahm auf Grundlage des Ministerratsbeschlusses vom Mai 1952 am 1. Juli 1952 das Amt für Wasserwirtschaft seine Arbeit auf. Zu seinen Aufgaben gehörten:
- Einheitliche zentrale Planung aller wasserwirtschaftlichen Schwerpunkte,
- einheitliche Lenkung aller wasserbaulichen Maßnahmen bei Konzentration auf Großbaumaßnahmen,
- Anleitung und Kontrolle der zentralgeleiteten Wasserwirtschaftsbetriebe,
- Regelung der Grundsatzfragen auf dem Gebiet des Wasserrechts,
- Hochwasserschutz,
- Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet der Wasserwirtschaft. Zu diesem Zweck wurde Ende 1953 das Institut für Wasserwirtschaft als dem Amt nachgeordnete Einrichtung gegründet.
Das Amt für Wasserwirtschaft wurde auf Grundlage der Verordnung über die Vervollkommnung und Vereinfachung der staatlichen Organisation auf dem Gebiet der Wasserwirtschaft vom 13. Februar 1958 (GBl. Teil I Nr. 15 vom 4. März 1958) ein selbständiges zentrales Verwaltungsorgan und dem Ministerrat direkt unterstellt.
Gründung der Wasserwirtschaftsdirektionen 1958
Die Änderung in der staatlichen Organisation der Wasserwirtschaft wirkte sich 1958 auch auf die bestehenden zentralgeleiteten Wasserwirtschaftsbetriebe aus. Sie wurden aufgelöst und am 1. Juli 1958 zu sieben Wasserwirtschaftsdirektionen (WWD) mit territorialer Zuständigkeit für Großeinzugsgebiete gestrafft. Die neuen Großeinzugsgebiete stimmten mit den Bereichen der Organe der Wasserstraßen weitgehend überein (vgl. GBl. Teil I Nr. 15 vom 4. März 1958, S. 188).
In Thüringen wurde die WWD Werra-Gera-Unstrut (VI) mit Sitz in Erfurt gebildet. Sie war dem Amt für Wasserwirtschaft nachgeordnete Haushaltsorganisation und Rechtsträger der zentralen wasserwirtschaftlichen Anlagen. Gemäß der Anordnung über das Statut der Wasserwirtschaftsdirektionen vom 15. Oktober 1959 (GBl. Teil I Nr. 62 vom 12. November 1959, S. 809-810) hatte sie die folgenden Aufgaben der Wasserbewirtschaftung wahrzunehmen:
- Perspektiv-, Vor- und Jahresplanung für das Großeinzugsgebiet auf der Grundlage der Wasserbilanzen,
- Durchführung von Forschungs- und Entwicklungsarbeiten,
- wasserwirtschaftliche Projektierung und Bauaufsicht,
- Wahrnehmung der Investitionsträgerschaft für zentrale wasserwirtschaftliche Maßnahmen,
- Durchführung der Gewässeraufsicht an zentralen Vorflutern in Zusammenarbeit mit Flussmeisterbereichen, die die Instandhaltung der Vorfluter zu gewährleisten hatten,
- Aufstellung von Wassernutzungsplänen für ober- und unterirdische Gewässer,
- technische Leitung bei der Hochwasserabwehr in der Bezirkskatastrophenkommission,
- Wahrnehmung der Unterhaltungspflicht an den zentralen Wasserläufen,
- technisch-wissenschaftliche Beratung und Unterstützung der örtlichen Organe der Staatsmacht in Fragen der Wasserwirtschaft,
- Mitarbeit in den Ingenieurkollektiven bei den örtlichen Räten.
Das Institut für Wasserwirtschaft war weiterhin dem Amt für Wasserwirtschaft unterstellt. Das Institut bearbeitete Hauptaufgaben der wasserwirtschaftlichen Forschung, koordinierte die Forschungstätigkeit und schlug dem Amt für Wasserwirtschaft Maßnahmen für die Einführung der Forschungsergebnisse in die Praxis vor. Die Außenstelle Erfurt des Institutes wurde der Wasserwirtschaftsdirektion als Forschungsstelle angegliedert.
Bei den Räten der Bezirke erfolgte zum 1. Juli 1958 die Bildung selbstständiger Abteilungen Wasserwirtschaft und auch bei den Räten der Kreise wurden Arbeitsgebiete Wasserwirtschaft eingerichtet. Ab Januar 1964 wurden die K-Betriebe auf Bezirksebene zu VEB Wasserversorgung und Abwasserbehandlung WAB (vorangegangen war 1956 die Bildung technischer Leitbetriebe und 1962 Gründung von Kreiswasserwerken) und im April zur Vereinigung Volkseigener Betriebe VVB WAB zusammengefasst. Mit diesen Zusammenlegungen wurden die Doppelfunktionen und Kompetenzunklarheiten beseitigt.
Weiterentwicklungen in den 1970er Jahren
Der Anfang der 1950er Jahre begonnene Trend zur Konzentration und Zentralisierung durch die Zusammenführung von Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung und die Bildung von Entscheidungsstrukturen mit größerer räumlicher Ausdehnung kam bis Mitte der 1970er Jahre zum Abschluss. Wichtigste Veränderung auf zentralstaatlicher Ebene war die Bildung des Ministeriums für Umweltschutz und Wasserwirtschaft der DDR zum 1. Januar 1972, welches aus dem Amt für Wasserwirtschaft hervorging und dessen Aufgaben übernahm (Bekanntmachung über die Bildung von Ministerien vom 3. Januar 1972, In: GBl. Teil II, Nr. 2 vom 18. Januar 1972, S. 18 ff.).
Wasserwirtschaftsdirektionen 1975 bis zu deren Auflösung
Auf Grundlage der Verfügung über die Stellung, Aufgaben und Arbeitsweise der Wasserwirtschaftsdirektionen vom 26. Juni 1975 (In: VuM / MUW Nr. 4/75 vom 31.12.1975, S. 27 ff.) kam es zur Neuordnung der Wasserwirtschaftsdirektionen. Sie wurden dem Ministerium für Umweltschutz und Wasserwirtschaft unterstellt und waren diesem verantwortlich und rechenschaftspflichtig. In nunmehr 5 Flusseinzugsgebiete organisiert firmierten die WWD wie folgt:
- Küste I
- Oder/Havel II
- Untere Elbe III
- Saale/Werra IV
- Obere Elbe/Neiße V
Zu ihren Hauptaufgaben gehörten:
1. Wasserwirtschaftliche Entwicklungsplanung in Abstimmung mit den Räten der Bezirke zur Sicherung der Wasserversorgung für Bevölkerung, Industrie und Landwirtschaft,
2. die rationelle Bewirtschaftung der zugeordneten Gewässer, Gewässerstraßen und dazugehörigen wasserwirtschaftlichen und wasserbaulichen Anlagen und deren Instandhaltung und Ausbau sowie allgemeiner Hochwasser- und Küstenschutz und
3. die Ausübung der Gewässeraufsicht.
Einige WWD hatten Sonderaufgaben, so die WWD Oder/Havel die Koordination der Zusammenarbeit mit Polen und die WWD Obere Elbe/Neiße die Zusammenarbeit mit der CSSR.
Es folgte die Bildung einer Reihe weiterer Großeinrichtungen innerhalb der WWD:
- Oberflussmeistereien in den Grenzen der 15 Bezirke mit den Aufgaben Gewässeraufsicht, Instandhaltung und Ausbau der Gewässer und wasserwirtschaftlichen Anlangen,
- Komplexbauleitungen zur Vorbereitung und Durchführung volkswirtschaftlich bedeutender wasserwirtschaftlicher Vorhaben,
- Talsperrenmeistereien zur einheitlichen Leitung und Bewirtschaftung der Talsperren.
Die Wasserwirtschaftsdirektion Saale/Werra mit Sitz in Halle war nun ihrem neuen, vergrößerten Einzugsbereich (Bezirke Erfurt, Gera, Suhl, Halle, Leipzig) für die flussweise Erfassung des Wasserbedarfes, die Ermittlung des Wasserdargebotes (Süßwassergehalt im Wasserkreislauf) und die Ausarbeitung der Wasserbilanzierung verantwortlich. Sie nahm die ständige und vorausschauende wasserwirtschaftliche Entwicklungsplanung nach Flusseinzugsgebieten auf Grundlage einer kontinuierlichen Erfassung des Wasserbedarfs der verschiedenen Nutzergruppen vor (Führung eines Wassernutzungsregisters), war verantwortlich für die Abwasserbehandlung, Wasserrückhaltung und Sanierung der Flussgebiete, unterhielt die wasserbaulichen Anlagen, plante Rekonstruktion und Ausbau der Kapazitäten, überwachte Oberflächenabfluss, Grundwasserstände und Gewässerbeschaffenheit und gewährleistete die geohydrologischen Erkundungen. Sie führte ein Register der wasserwirtschaftlichen Schutzgebiete einschließlich der Deponieflächen und legte in Zusammenarbeit mit den örtlichen Volksvertretungen Trinkwasserschutzgebiete sowie Talsperrengebiete zur Sicherung der Wasserversorgung und zum Hochwasserschutz fest.
Die Aufgaben der WWD auf Thüringer Gebiet wurden nach der Auflösung der Bezirksstrukturen und der Wiedererrichtung des Landes Thüringen im Zuge der Wiedervereinigung 1990 vom neu gegründeten Ministerium für Umwelt und Landesplanung sowie vom staatlichen Umweltamt Erfurt übernommen.
Literaturhinweis:
Henriette van der Wall und R. Andreas Kraemer: Die Wasserwirtschaft in der DDR, Studie im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung, Forschungsstelle für Umweltpolitik der FU Berlin, Januar 1991
Bestandsbearbeitung
Akten mit der Provenienz Wasserwirtschaftsdirektion Werra-Gera-Unstrut sowie ein kleiner Teil Wasserwirtschaftsdirektion Werra-Saale gelangten in mehreren Abgaben des Staatlichen Umweltamtes Erfurt 2005 ins Hauptstaatsarchiv. Rund 1.400 (ca. 35 lfm) Akten waren in 3 Listen erfasst, sie enthielten knappe Angaben zum Aktentitel und waren - nicht durchgängig - datiert. In einer Abgabe im Jahr 2010 aus dem Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz mit überwiegender Provenienz Rat des Bezirkes Erfurt, Abt. Wasserwirtschaft waren ebenfalls einzelne Unterlagen der WWD enthalten. Der größte Teil des archivwürdigten Schriftgutes war in der WWD Werra-Gera-Unstrut entstanden, was das entscheidende Kriterium für die Bestandsbildung war.
Der Bestand beinhaltet 605 Verzeichnungseinheiten, v. a. Projektunterlagen zur Trink- und Brauchwasserversorgung und Abwasserbehandlung der Städte und Gemeinden und der Industrie (u. a. zu Nordthüringer Kaliwerken) und Landwirtschaft, Meliorationen, wasserwirtschaftliche Planungen in den Flussgebieten und Talsperren, Gewässerunterhaltung, Wasseranalysen sowie einzelne Wasserrechtssachen. Bei den Projektunterlagen handelt es sich überwiegend um Baupläne und Zeichnungen. Etwa ein Fünftel der Akten ist nach der Neustrukturierung der Wasserwirtschaftsverwaltung 1975 in der Oberflussmeisterei Erfurt der Wasserwirtschaftsdirektion Werra-Saale entstanden, teilweise sind die Akten weitergeführt worden. Diese Unterlagen wurden als Nachprovenienzen in den Bestand integriert, da die Aufgaben gleichblieben. Nach- sowie Vorprovenienzen einzelner Akten wurden bei der Verzeichnung in der Datenbank nachgewiesen.
Nur für die Oberflussmeisterei sind in sehr geringem Umfang Verwaltungsakten mit Stellenbeschreibungen, vom Personalrat und zu Auszeichnungen überliefert. Weitere Organisationsunterlagen sowie Verwaltungs- und Personalakten der Wasserwirtschaftsdirektion Werra-Gera-Unstrut / Wasserwirtschaftsdirektion Werra-Saale sind nicht vorhanden.
Laufzeit: (1929) 1940-1991 mit Schwerpunkt 1958-Anfang 1970er Jahre
Umfang vor noch ausstehender technischer Bearbeitung: 19 lfm / 605 VE
Zitierweise: Wasserwirtschaftsdirektion Werra-Gera-Unstrut Nr. …
Bettina Fischer, 3. November 2015
Verweise
Im Thüringischen Staatsarchiv Rudolstadt wird der Bestand 5-51-5020 Wasserwirtschaftsdirektion Saale-Werra (Umfang: rd. 10 lfm, Laufzeit: 1975-1991) verwahrt.