Preface
Siedelhöfe (auch Sattelhöfe) sind Bauernhöfe, die keine landesüblichen Frondienste zu leisten hatten. Diese Gutskomplexe nahmen eine Mittelstellung zwischen Ritter- und Bauerngütern ein.
Neben der Abtei Saalfeld waren die Grafenhäuser Orlamünde und Schwarzburg in Schwarza begütert. Die Inhaber von zwölf Hufen Landes in Schwarza, die zu Saalfeld gehörten, hatten seit dem Mittelalter an das Benediktinerkloster Saalfeld zu zinsen. 1544 werden noch neun Güter als vom nunmehr säkularisierten Stift Saalfeld abhängig aufgeführt. Aus ihnen entstanden später drei zu Saalfeld gehörige freie Siedelhöfe. 1573 gelangte die Herrschaft Saalfeld zunächst zum ernestinischen Haus Sachsen-Altenburg und später zur Linie Sachsen-Coburg-Saalfeld bzw. Sachsen-Meiningen. Die komplizierten Zins- und Lehnrechte, Fragen der Landeshoheit sowie Probleme der Hohen und Niederen Gerichtsbarkeit führten zu Spannungen zwischen Sachsen-Saalfeld und Schwarzburg-Rudolstadt, lagen doch die Siedelhöfe auf schwarzburgischem Territorium.
Der Obere Siedelhof liegt links der Schwarza in der heutigen Edelhofstraße. Lundgreen (Geschichte des Marktfleckens Schwarza (Saale), Weimar 1928) benennt Angehörige der miteinander verschwägerten Familien Söffing, Wedel und Hochhausen. 1792 erwarb der Schulze Fischer von Schwarza diesen Siedelhof.
Das einstmals repräsentative Gebäude des Mittleren Siedelhofs liegt rechts der Schwarza am zentralen Kreisverkehr im Ortskern von Schwarza. Einige Quellen des 19. Jahrhunderts nennen ihn auch den vorderen Siedelhof. Seine Besitzer stammten zumeist aus der Beamtenschaft des Herzogtums Sachsen-Saalfeld oder des Fürstentums Schwarzburg-Rudolstadt. Eine Ausarbeitung des späten 19. Jahrhunderts (Nr. 271) listet die folgenden Besitzer auf: ab 1531 Familie von Watzdorf, ab 1645 Friedrich Wiegand von Vippach, ab 1688 Günther Christoph von Roß, ab 1700 Ahasverus Fritsch, ab 1707 Johann Christoph Stiehler, ab 1718 Johann Christoph Müller, ab 1726 Johann Christoph Bamberg, 1734 Heinrich Wilhelm Günther Breithaupt, ab 1739 Angehörige der Familien von Beulwitz und von Hopfgarten. 1769 erwarb Johann Christian Zeidler den Siedelhof, um ihn bereits 1770 wieder an Karl Wilhelm Ludwig von Beulwitz zu verkaufen. 1794 kaufte Johann Nicol Mackeldey, Besitzer des Unteren Siedelhofs, den Mittleren Siedelhof. Er vererbte ihn an seine Tochter Laura Dorothea Scheller, geb. Mackeldey. Der Hof ging 1870 an Anna Graneß, geb. Scheller über, die ihn wiederum an ihre Tochter Elsa, verheiratete Fischer, vererbte. 1931 wurden Max Kirchner und Johanna Kirchner, geb. Fischer als Besitzer des Mittleren Siedelhofs genannt.
Der Untere (hintere) Siedelhof liegt ebenfalls rechts der Schwarza in der heutigen Humboldtstraße. Er wird in den älteren Urkunden als Siedelhof in Nieder-Schwarza bezeichnet und wurde gemeinsam mit einem Vorwerk vergeben. Der Untere Siedelhof blieb über viele Jahrhunderte im Besitz der Familie Mackeldey. Der Abgeordnete im Landtag von Schwarzburg-Rudolstadt Franz Friedrich Eduard Mackeldey (* 1816, † 1868) wird mit dem Titel Herr auf Schwarza als Besitzer des Unteren und Mittleren Siedelhofes und Besitzer der Schwarzaer Mühle genannt.
Herkunft und Bearbeitung des Bestandes
Friedrich Lundgreen veröffentlichte 1928 die "Geschichte des Marktfleckens Schwarza (Saale)", die umfangreiche Abschnitte zu den Siedelhöfen enthalten. Als Quellen nennt er neben staatlichen, kirchlichen und kommunalen Archivalien auch Unterlagen "aus dem Schellerschen Hause" (Vorwort Seite 11, ähnlich Fußnote 2, S. 61). Es dürfte sich bei dem hier verzeichneten Bestand um diese Unterlagen handeln. Hierfür spricht, dass einige von Lundgreen zitierte Urkunden darin enthalten sind. Auch liegt der Schwerpunkt der Überlieferung auf dem Mittleren und Unteren Siedelhof, die ja beide ab 1794 im Besitz der Familie Mackeldey (resp. Scheller) waren.
Vermutlich sind die Unterlagen nach dem Zweiten Weltkrieg in das Staatsarchiv gelangt und wurden dort ohne besondere Kennzeichnung abgelegt. Vielfach wurden Karteikarten mit der Bestandsbezeichnung und einer einfachen Titelbildung in die Mappen und Bündel eingelegt. Einige Dokumente hat Jens Beger in den 1990er Jahren dem so genannten Varia-Bestand zugeordnet. Frank Esche und Uwe Grandke haben im Zuge der Bestandserfassung des Jahres 2001 weitere Unterlagen zu den Siedelhöfen identifiziert, als besonderen Bestand beschrieben und mit den von Jens Beger erfassten wiedervereinigt.
Bei der Erschließung im Winter 2020/2021 zeigte sich, dass insbesondere die umfangreicheren Bündel aus im 19. Jahrhundert chronologisch geordneten Einzelschriftstücken bestanden, die Dokumente aus dem Mittleren und Unteren Siedelhof vermischten. Da eine ursprüngliche Registraturordnung nicht rekonstruiert werden konnte, blieb nur der Weg, jedes einzelne Blatt eigenständig zu verzeichnen. Die notgedrungene Fragmentierung des Bestandes erleichtert andererseits den Zugriff auf einzelne Informationen. Da der Provenienzzusammenhang bereits im 19. Jahrhundert durch die chronologische Ordnung zerstört war, ist ein einigen Fällen die Zuordnung von Dokumenten zu den beiden (oder gar drei) Siedelhöfen nur mit hohem Aufwand möglich. Dies betrifft vor allem Kaufverträge, die einer Belehnung durch die Besitzer der Siedelhöfe vorangingen.
Rudolstadt im Januar 2021
Uwe Grandke
(Oberarchivrat)