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  • Historische Bibliothek im Augustinerkloster
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Opening hours

Mo 14.00-18.00, Di und Mi 8.00-18.00, Do und Fr 10.00-13.00

Archive manager

Dr. Michael Ludscheidt


  • 300,0 lfm

    Inventory

  • 1550-1900

    Runtime


Archive history

Die Einführung der Reformation in Erfurt 1524/1525 war nicht nur verbunden mit einer Neuordnung der einzelnen Pfarreien, mit der Neuordnung des Gottesdienstes - wozu Liturgie, Predigt oder auch das evangelische Gesangbuch gehörten - sondern auch mit einer eigenen geistlichen Leitung, dem Evangelischen Ministerium. Dessen Einführungszeit steht nicht genau fest, es muss jedoch 1543 bestanden haben.

Überlieferung
Eine solche Leitung bedurfte zweifelsohne auch der Verwaltung. Es entstanden Schriftstücke, Briefe und Urkunden, nach und nach Akten. Für die Verwaltung war es notwendig, dass wichtige schriftliche Unterlagen erhalten blieben. So führen uns die ältesten Schriftstücke in die Lutherzeit zurück: Lutherbriefe, die zum wichtigsten Bestand des heutigen Archvis gehören, oder Akten, die etwas über das Verhältnis zur Stadt oder zum Landesherren aussagen.
Für den Aufbau der evangelischen Kirche wurde schon in den ersten Jahren der Reformation das Instrument der Visitation eingeführt. So gibt es vereinzelte Visitationsberichte ab 1557, dann aber gehäuft und geordnet ab 1648, im 18. Jahrhundert als General- und als Spezialvisitationen durchgeführt. Gerade diese Visitationsakten weisen auf eine geordnete Verwaltung hin. Dies tun auch die sogenannten Protokolle des Evangelischen Ministeriums, die fast lückenlos ab 1648 geführt werden. Allerdings sind es Protokolle über die geistliche Gerichtsbarkeit, die zeigen, welche Befugnisse das Evangelische Ministerium in dieser Zeit hatte. 1741 werden diese "Protokollain causis matrimonialibus" gewissenhaft verzeichnet. Es wird sogar angegeben, in welches Material sie eingebunden sind, ob in beschriebenes oder in grünes bzw. rotes Pergament, in weißes Leder oder ob sie gar nur geheftet sind. Nach der Auflistung der Protokollbände von 1741 gibt es dann ein erstes vorhandenes Verzeichnis um 1750: "Documente und Briefschaften, welche in der Ministerialbibliothek zu finden sind. Danach findet sich ein Katalog vom 27. Juni 1775, in dem auf 72 Seiten und unter 24 Titeln die Schriften aufgeführt werden, "welche das evangelische Wesen in Erfurt betreffen und zum Teil von Herrn Syndico Johann Georg Rumpel ausgearbeitet, aus dem Nachlass und nach dessen ausdrücklicher Verordnung auf die Ministerial Bibliothek geliefert worden." (Archiv des E.M, A II, e1).
Dass Akten auch damals nicht sicher waren, geht aus einem Bericht an das Evangelische Ministeirum hervor, in dem mitgeteilt wird, dass Ratsprotokolle aus der Syndikatsstube entwendet wurden und dass gegen drei Actuarios, welche die Schlüssel zur Rats- und Syndikatsstube verwalteten, Suspension verhängt wurde, bis entweder die entwendeten Bücher wieder herbeigeschafft oder die Freveltäter ausfindig gemacht wurden. Außerdem sollten die noch vorhandenen Protokolle unverzüglich im Regierungs-Archiv eingelagert werden, bis sichere Schränke angefertigt seien. In einem Nachtrag wird dann erwähnt, dass eine Magd die Bücher in Kramläden gebracht und verkauft habe (A III, a1). Ein weiteres Verzeichnis findet sich aus dem Jahr 1792. Hier erfahren wir, dass die Akten im sogenannten Senioratsschrank aufbewahrt werden. Sie wurden dem damaligen Senior gegen Unterschrift übergeben. Der Senior war zuständig und verantwortlich für Akten und Archiv. Hier werden die Akten in 74 laufenden Nummern mit vielen Unternummern aufgeführt (A II, e1).
1820 wird an "eine königliche hochlöbliche Regierung" berichtet, dass sich im Inspektionskreise - gemeint ist wohl der Bereich des Evangelischen Ministeriums, nur ein Archiv hier in Erfurt befindet. Dieses Archiv wird in der Bibliothek aufbewahrt und ist gegen Entwendung und Verderben der Urkunden hinlänglich gesichert. Es enthält Urkunden und Akten, welche das evangelische Kirchen- und Schulwesen vor und nach der Reformation Luthers betreffen. Zuständig für das Archiv ist von jeher ein Pfarrer und ein Diakonus (B I, e1). 40 Jahr nach dem letzten Aktenverzeichnis wird am 4. Oktober 1832 in einer Sitzung des Evangelischen Ministeriums festgestellt, dass das bisherige Aktenmaterial einer Neuordnung bedarf, und ein Jahr später legt der Actuarius Möller einen Neuentwurf des Verzeichnisses mit einem Musterblatt vor. Im ausführlichen Entwurf sind die Aktennummern eines älteren Repertoriums vermerkt, dessen Entstehungsjahr allerdings unklar ist und das nicht mit dem Verzeichnis von 1792 übereinstimmt. Vielleicht steht der folgende Vorgang im Zusammenhang mit einer Neuordnung des Archivs: Am 15. August 1834 soll ein Preisangebot vom Papiermüller eingeholt werden für Akten, die eingestampft werden sollen. Im September findet sich dann eine Quittung über 34 Taler und 12 Pfennig für die alten Akten, die aus der Ministerialbibliothek an den Papiermüller verkauft wurden ((B I, e3).

Neuordnung und Odyssee des Archivs im 20. Jahrhundert
100 Jahre sollten vergehen, bis das Archiv erneut überarbeitet und geordnet wurde. Professor Alfred Overmann, 1901 bis 1932 Leiter des Erfurter Stadtarchivs, nahm sich in seinem Ruhestand kirchlicher Archive an. So bekamen u. a. das Archiv des Evangelischen Ministeriums und das Archiv des Evangelischen Waisenhauses neue Findbücher. Diese waren vor allem nach den Wirren des 2. Weltkrieges, Auslagerung und der Neuaufstellungen von unschätzbarem Wert. Im Zuge des Bombenkrieges wurden 1944 Bibliothek und Archiv nach außerhalb Erfurts ausgelagert. Hohenfelden und Wanderleben spielten dabei eine Rolle. Nach dem Krieg beauftragte der zuständige Prosenior den Architekten Kellner in Friedrichsdorf/Taunus, der seinerzeit die Auslagerungen vorgenommen hatte, Bibliothek, Archiv und Glasfenster aus ihren Auslagerungsorten nunmehr wieder zurückzuführen (C 121). Unklar bleibt in diesem Zusammenhang, welche Rolle das Rathaus bei der Auslagerung oder Rückführung gespielt hat. In den Akten finden sich Hinweise auf die Lagerung des Archivs im Rathaus. Ob vielleicht der damalige Archivpfleger, Stadtoberinspektor Bamberg, der von 1937 bis 1949 als kirchlicher Archivpfleger beauftragt war, damit zu tun hatte, ist nicht mehr zu ergründen.
In diesem Zusammenhang muss auf die Kirchenbücher der Stadtgemeinden hingewiesen werden. Seit 1933 waren sie im Kloster in einer zentralen Kirchenbuchstelle zusammen gefasst und wurden von dem Genealogen Gerhard Bürger betreut. Als Archiv und Bibliothek ausgelagert wurden, brachte Bürger die Kirchenbücher in seiner Wohnung am Haarberg unter, wo sie sicherer waren als im Kloster. Nachdem sie 1947 wieder mit dem Archiv im Kloster vereint waren, wurde am 16. September 1947 die zentrale Kirchenbuchstelle aufgelöst. Die Kirchenbücher wurden den einzelnen Gemeinden wieder übergeben (C 320/321). Jedenfalls wurden Bibliothek und Archiv 1947 ins Kloster zurückgeholt und zunächst provisorisch gelagert. Es bedurfte langer Verhandlungen zwischen Seniorat, Parochialverband und Evangelischem Waisenhaus, das damals die meisten der noch intakten oder wieder hergestellten Räume nutzte, um einige Räume für Bibliothek und Archiv zu finden (C 320). 1948 bis 1975 betreute Dr. Erich Wiemann als Bibliothekar und Archivpfleger beide Einrichtungen. In diesen Jahren war das Archiv zwar beengt, aber doch nutzbar im Kloster untergebracht. Nachdem 1975 Dr. Wilhelm Velten Archiv und Bibliothek von Dr. Erich Wiemann übernommen hatte, kam es in den folgenden Jahren zu Bauarbeiten im Kloster, in deren Gefolge die Bestände des Archivs wieder mehrfach umgelagert und schließlich auseinander gerissen wurden. Ein Teil war wieder im Kloster neben der Orgelempore zu finden, der andere im Keller des Kreiskirchenamtes in der Schmidtstedter Straße notdürftig untergebracht. Es blieb über viele Jahre ein unbefriedigender Zustand.

Erst 1996 kam wieder Bewegung in das Archivwesen. Der Kirchenkreis konnte im Zuge von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen einige Mitarbeiterinnen anstellen, die das gesamte Archiv überprüften und nach dem Overmannschen Findbuch neu ordneten. Es wurde festgestellt, dass es in den Kriegs- und Nachkriegsjahren keine nennenswerten Verluste gegeben hatte. Jetzt konnten auch die Bestände nach 1945 aufgearbeitet und in einem neuen Findbuch geordnet werden. Als im Herbst 2000 durch neuerliche Bauarbeiten im Kloster der dortige Bestand kurzfristig geräumt werden musste, wurden endlich Räume gefunden, in denen das gesamte Archiv zusammen geführt werden konnte. Allerdings musste dabei der Umstand in Kauf genommen werden, dass Bibliothek und Archiv jetzt räumlich getrennt untergebracht sind. Bisher wurden beide immer in einem Atemzug genannt - sie waren bis etwa 1975 mit Ausnahme der kriegsbedingten Auslagerungen immer gemeinsam im Kloster untergebracht.
Wenn man vom Bestand des Archvis spricht, dann muss man allerdings auch immer von den Akten der Superintendentur sprechen, die rund 100 Jahre existierte und zu der die Gemeinden Ringleben, Wandersleben, Röhrensee und Mühlberg gehörten. Im Findbuch zur Superintendentur finden wir Akten zwischen 1806 und 1935. Und es geht auch immer um das Archiv des Evangelischen Waisenhauses, gegründet 1669, das spätestens seit Professor Overmanns Wirken mit dem Archiv des Evangelischen Ministeriums vereinigt war. Dass bei den letzten Umzugsarbeiten 2000/2001 auch die Akten des Evangelischen Martinsstifts (1821-1958) auftauchten, war ein Grund zu besonderer Freude.

Literaturhinweise:
Rudolf Kohlschmidt: Geschichte des Evangelischen Ministeriums, Erfurt1941
Wilhelm Velten: Alfred Overmann, in: Mitteilungen des Geschichtsvereins Erfurt, 1996, S. 128f.