Preface
Familiennachlass von Loebell
Zur Geschichte des Bestandsbildners
Die Ursprünge der Familie Loebell liegen in Schlesien. Ob der erste Namensträger dorthin aus dem Elsas oder aus Schwaben gekommen sei und ob Verwandtschaft mit den österreichischen Freiherrn Löbl von Greinburg bestehe, ist umstritten und Gegenstand der familiengeschichtlichen Forschungen von gewesen. Georg von Loebell, Ordenshauptmann zu Wartenburg, wurde 1454 von Herzog Rudolf von Sagan dem Deutschen Orden in Preußen zu Hilfe geschickt. Dadurch gelangte ein Teil der Familie nach (Ost-) Preußen. Im 16. Jahrhundert begründete ein Namenträger von Preußen aus in Kurland einen Zweig des Geschlechts. Die familiengeschichtlichen Forschungen einzelner Familienmitglieder im 19. und im 20. Jahrhundert, in deren Zuge der Großteil des im Nachlass vereinigten Schriftguts zusammengebracht wurde bzw. die einen Teil des im Familienarchiv vereinigten Schriftguts erst entstehen ließen, verfolgten u. a. den Zweck, den genealogischen Zusammenhang aller in Ostpreußen, im Baltikum, in Schlesien, in Süddeutschland (einschließlich Österreichs und des Ersaß), in Russland lebenden und auch der dort wohnhaft gewesenen Träger des Namens -Loebell- oder -Leubel- o. ä. zu erweisen bzw. auszuschließen.
Der kurländische Zweig erlangte im 17. Jahrhundert das kurländische und das polnische Indigenat und wurde als altadlig anerkannt. Dazu gibt es im Familienarchiv aussagekräftige Unterlagen. Im 18. Jahrhundert wandten sich kurländische Loebell dem brandenburg-preußischen Staate zu. Carl George von Loebell (1777-1841) trat in die preußische Armee ein und begründete durch seine Ehe mit Emilie Uebel einen brandenburgischen Zweig des Geschlechts. Ähnliches, also Übergang nach Preußen, ist bei anderen kurländischen Angehörigen des Geschlechts zu beobachten, so für Carl Georgs Bruder Heinrich Christian (1780-1822), für Ernst Friedrich Christian von Loebell (1764-1845) und Leopold Benedikt von Loebell (1766-1807). Im Familiennachlass spiegelt sich vorwiegend das Leben Carl Georg von Loebells und die Lebensschicksale seiner Nachkommen.
Von besonderer Bedeutung für die Erforschung der Familiengeschichte und damit für die Entstehung des Familienarchivs ist der älteste Sohn von Carl Georg, Robert von Loebell (1815-1905). Er ist der Verfasser der 1895 erschienenen Schrift -Zur Geschichte der Familie von Loebell (von Leubell genannt von Loebell)-. Leider handelt es sich bei diesem Büchlein um eine recht lückenhafte und unsystematische Arbeit, die viele Wünsche übriglässt. Immerhin lässt sie erkennen, was an Dokumenten Robert von Loebell bis dahin teils durch Erbgang, also von Seiten seines Vaters Carl Georg, teils durch Erwerb von Seiten anderer Angehörigen des Geschlechts, zusammengebracht hatte. Familiengeschichtlich interessiert waren von seinen Nachkommen sein ältester Sohn Arthur (1848-1928), der seine militärische Laufbahn in der preußischen Armee als Generalleutnant beendete, dessen einziger Sohn Egon von Loebell (1879-1939), zuletzt Oberst im Reichswehrministerium, und Kurt-Ulrich von Loebell (1892-1959), der vierte Sohn von Friedrich Wilhelm von Loebell (1855-1931), dem jüngsten der Söhne Robert von Loebells. Friedrich Wilhelm von Loebell war Unterstaatssekretär in der Reichskanzlei, Oberpräsident der Provinz Brandenburg und schließlich preußischer Innenminister (1914-1917) und erreichte damit den höchsten Rang, zu dem jemals ein Angehöriger des Geschlechts gelangt ist. Von seinen sechs Söhnen hatte nur Kurt-Ulrich Nachkommen. Egon von Loebell scheint in den 30er Jahren beabsichtigt zu haben, gemeinsam mit seinem Vetter Kurt-Ulrich eine umfangreiche Familiengeschichte zu verfassen und herauszubringen; dazu ist es nicht gekommen.
In der Generation von Kurt-Ulrichs Enkeln sind ausschließlich weibliche Nachkommen vorhanden, so dass zumindest der von Carl Georg von Loebell (1777-1841) begründete Zweig des Geschlechts im Mannesstamme erlöschen wird.
Bestandsgeschichte
Der erste, der bewusst auf ihn überkommene Dokumente zusammenhielt und erfolgreich versuchte, andere familiengeschichtlich bedeutsame Schriftstücke zu erwerben, war Robert von Loebell (1815-1905). Was zumindest er gegen Ende des 19. Jahrhunderts besaß, lässt seine 1895 erschienene kleine Familiengeschichte (siehe oben) erkennen. Die Positionen 5/110 L 4- 1 bis 5/110 L 4- 14 werden in der Schrift zitiert und auch mit dieser Zählung 1 bis 14 geführt. Roberts Enkel Egon von Loebell hat diese Zählung beibehalten, als er in den 30er Jahren die wichtigsten in seinem Besitz befindlichen Schriftstücke nummerierte - 1 bis 35 (36) - und in 31 (32) Papierhüllen einlegte. Wahrscheinlich hat bereits Robert von Loebell die Schriftstücke in die Papierhüllen eingelegt und Egon von Loebell diese nur beschriftet. Von vielen älteren Urkunden hat Robert von Loebell beglaubigte Abschriften herstellen lassen. Darüber hinaus müssen in Robert von Loebells Besitz alle Dokumente seiner Eltern, nicht nur der auch in der kleinen Familiengeschichte genannte Ehrenbürgerbrief aus dem Jahre 1840 (5/110 L 4- 43), sondern auch die Lebensdokumente, die in 5/110 L 4- 41 und 5/110 L 4- 42 vereinigt sind, gewesen sein, ferner das aus der Verwaltung des Gutes Lehnin stammende Amtsbuch (5/110 L 4- 44) und natürlich alle Schriftstücke, die sich in Gestalt von überwiegend in familiengeschichtlichen Angelegenheiten entstandenem Schriftwechsel, Exzerpten und eigenen Aufschreibungen bei ihm befanden. Auch die zwei in 5/110 L 4- 57 zusammengefassten Lebensdokumente seines Bruders Oswald von Loebell (1823-1898) dürften von Robert von Loebell erworben worden sein. Erwiesen ist das für die aus dem Nachlass seines Schwagers, des Generals von Petery, stammenden Schriftstücke, die er von seiner Schwester, dessen Witwe, erhalten haben muss (5/110 L 4- 56, 5/110 L 4- 58). Natürlich waren auch die zwei Lebensdokumente seines 1870 20jährig gefallenen Sohnes Joachim Egon in seinem Besitz (5/110 L 4- 60).
Das werdende Familienarchiv bereicherten dann vor allem Egon von Loebell (1879-1939) und Friedrich Wilhelm von Loebells, des preußischen Innenministers, Sohn Kurt-Ulrich. Egon von Loebell brachte Lebensdokumente seines Vaters Arthur von Loebell (1848-1928) ein (5/110 L 4- 59), der ebenfalls familiengeschichtlich interessiert war - er hat 1901 unter dem Titel -Ein Ehrenmal für die Verteidiger von Danzig 1807- Tagebuchaufzeichnungen von Ernst Friedrich Christian von Loebell, dem sogenannten Familienhelden, ediert (5/110 L 4- 76 Nr. 4). Alles, was sich bei ihm aus dem Besitz seines Vaters und seines Großvaters befand, ging zusammen mit seinem eigenen Nachlass, der aus Lebensdokumenten und aus aus familiengeschichtlicher Neigung entstandenem Schriftverkehr und entsprechenden Aufzeichnungen bestand (5/110 L 4- 28 und 29, 5/110 L 4- 32 bis 5/110 L 4- 35, 5/110 L 4- 65 bis 5/110 L 4- 73), nach seinem 1939 erfolgten Ableben wohl auf seinen Vetter Kurt-Ulrich von Loebell über.
Kurt-Ulrich von Loebell fügte dem Familienarchiv die Lebensdokumente seines Vaters, des preußischen Innenministers Friedrich Wilhelm von Loebell (1855-1931) (5/110 L 4- 61 und 5/110 L 4- 62), der ebenfalls Neigung zur Familiengeschichte hatte (5/110 L 4- 30), und die seines kinderlos verstorbenen Bruders Hans Joachim von Loebell (1885-1953) (5/110 L 4- 74) ein. Nach seinem eigenen Tod wurde sein geringfügig erhaltener Schriftverkehr zu familiengeschichtlichen Fragen aus den 30er Jahren zum Familienarchiv gegeben. Das Ganze ging nun auf seinen ältesten Sohn Friedrich Wilhelm von Loebell (gestorben 2002) über, nach dessen Tod auf seine Witwe, Frau Ingrid von Loebell, eine geborene Hansen.
Im Jahre 2004 entschloss sich Frau Ingrid von Loebell, von ihrem Schwager, Herrn Herbert von Loebell beraten und unterstützt, das Familienarchiv von Loebell als Depositum dem Stadtarchiv Erfurt anzuvertrauen. Grund für diese Entscheidung war die Tatsache, dass insofern eine besondere Beziehung der Familie zur Stadt Erfurt besteht, als der Ur-Ur-Großvater ihres verstorbenen Mannes, der Generalleutnant Carl George von Loebell, 23 Jahre in Erfurt Dienst getan und 1840 mit der Ehrenbürgerwürde der Stadt ausgezeichnet worden war (5/110 L 4- 43). Der Depositalvertrag datiert vom 7. August 2004/27. Juli 2004. Im Stadtarchiv Erfurt ist das Familienarchiv von Loebell als Zugang 27/2004 gebucht worden.
Im Mai 2007 ist von der Eigentümerin ein Nachtrag abgegeben worden, vor allem Unterlagen von Friedrich Wilhelm von Loebell (1855-1931) und seinen Nachfahren umfassend. Dieser Nachtrag ist im Stadtarchiv Erfurt als Zugang 56/2007 gebucht worden.
Bearbeitungsbericht
Bei der Übergabe des Familienarchivs war dieses nur notdürftig geordnet. Einen gewissen Eindruck vom damaligen Ordnungszustand vermittelt ein Verzeichnis, das im Dezember 2004 in Vorbereitung des Depositalvertrages erstellt worden und diesem, mit dem Datum vom 23. Dezember 2004 versehen, als Anlage beigefügt worden ist.. Bei der Ordnung ist versucht worden, die einzelnen Teilnachlässe herauszuschälen und dadurch das allmähliche Anwachsen des Familienarchivs deutlich zu machen. Dies konnte natürlich nur mit Einschränkung gelingen, da vieles von der noch erkennbaren Ordnung nicht aufgegeben werden durfte und sollte. Auch darf die nun hergestellte Ordnung nicht darüber hinwegtäuschen, dass das, was sich heute als Familienarchiv der von Loebell darstellt, weitgehend von einzelnen familiengeschichtlich interessierten Familienangehörigen bewusst zusammenerworben worden ist, sich von einigen Angehörigen des Geschlechts also nur das im Familienarchiv befinden kann, was sie oder ihre Nachkommen auf Bitte an die -sammelnden- Verwandten abgegeben haben. Um echte Nachlässe oder auch nur Teilnachlässe handelt es sich dabei demnach nicht. Am ehesten als Nachlässe oder zumindest Teilnachlässe anzusprechen sind die im nunmehr geordneten und verzeichneten Familienarchiv als Nachlässe von Carl George von Loebell (1777-1841), Robert von Loebell (1815-1905) und Egon von Loebell (1879-1939) vereinigten Schriftstücke. Bedingt mag dies auch für die Nachlässe von Friedrich Wilhelm von Loebell (1855-1931) und Hans Joachim von Loebell (1885-1953) gelten, obwohl in beider Falle davon auszugehen ist, dass sich bei ihrem Tode viel mehr Schriftgut in ihrem Besitz befunden habe. Ob davon im Falle des ersten von der Witwe bzw. den Söhnen, im Falle des zweiten von den Erben das meiste vernichtet worden ist oder ob sich irgendwo noch weitere Teile ihres Nachlasses befinden, muss dahingestellt bleiben.
Die zahlreichen Dokumente aus dem Nachlass des Generals von Petery (gestorben 1851), des Schwiegersohns von Carl George von Loebell, hat Robert von Loebell mit Dokumenten aus seinem eigenen Lebensgang zusammenbinden lassen. Der Band ist dementsprechend dem Nachlass von Robert von Loebell zugeordnet worden.
Die Verzeichnungseinheiten 5/110 L 4- 1 bis 5/110 L 4- 36 waren in dieser Zählung und Reihenfolge von Robert von Loebell zusammengestellt worden. Deshalb und weil sie von ihm mit dieser Zählung teilweise auch in der von ihm verfassten Familiengeschichte angeführt werden (siehe oben), blieben sie bei Ordnung und Verzeichnung zusammengefasst und wurden keinem mehr oder weniger fiktiven Teilnachlass zugeordnet. Die Nummer 31 fehlte bereits, als Egon von Loebell die Hüllen dieser ihm von seinem Großvater - über seinen Vater, Arthur von Loebell? - überkommenen Dokumente beschriftete.
Die Urkunde 5/100 L 4- 37 fügt sich diesen 36 Verzeichnungseinheiten organisch an, stellt sie doch die Ausfertigung der Urkunde dar, von der eine Abschrift unter 5/110 L 4- 4 liegt.
Die wenigen Bücher und Druckschriften sind im Nachlass belassen worden (5/110 L 4- 76). Dessen ungeachtet haben einige davon zusätzlich eine -virtuelle Signatur- der Dienstbibliothek des Stadtarchivs Erfurt erhalten. Auch das Bild von Carl George von Loebell ist im Nachlass verblieben (5/110 L 4- 77).
2007 ist von der Eigentümerin ein Nachtrag abgegeben worden. Da der 2004 abgegebene Teil des Familienarchivs bereits 2005 verzeichnet worden war, musste der Nachtrag in die bestehende Klassifikation eingefügt werden. Dabei sollte die Klassifikation grundsätzlich nicht angetastet werden und die Zahl der Umsignierungen klein bleiben. Die Schriftstücke des Nachtrags gelangten ganz überwiegend in neugebildete Verzeichnungseinheiten, die man an der Erweiterung der Nummer durch einen Kleinbuchstaben erkennt. Ganz wenige Schriftstücke wurden in vorhandene Akteneinheiten eingefügt, wodurch dort Umsignierungen erforderlich wurden.
So ergibt sich schließlich die folgende innere Ordnung des Familienarchivs von Loebell:
Dokumente zur älteren Familiengeschichte und jüngerer Schriftverkehr dazu: Nummern 1 bis 37
Nachlass Heinrich Christian von Loebell (1780-1822): Nummer 38
Nachlass Heinrich von Loebell (geboren 1816): Nummer 39
Nachlass Ernst Friedrich von Loebell (1764-1845): Nummer 40
Nachlass Carl George von Loebell (1777-1841): Nummern 41 bis 43
Nachlass Robert von Loebell (1815-1905): Nummern 44 bis 56 (17 Verzeichnungseinheiten)
Nachlass Oswald von Loebell (1823-1898): Nummer 57
Nachlass General von Petery (gestorben 1851): Nummer 58
Nachlass Arthur von Loebell (1848-1928): Nummer 59
Nachlass Joachim Egon von Loebell (1850-1870): Nummer 60
Nachlass Friedrich Wilhelm von Loebell (1855-1931): Nummer 61 bis 62 b (5 Verzeichnungseinheiten)
Nachlass Margarete von Loebell, geb. von Flottwell (1862-1919): Nummer 62 c
Nachlass Frieda von Loebell, geb. von Flottwell: Nummer 62 d
Nachlass Paul von Loebell (geboren 1860): Nummer 63
Nachlass Egon von Loebell (1879-1939): Nummern 64 bis 73
Nachlass Hans Joachim von Loebell (1885-1953): Nummer 74 und 74 a
Nachlass Siegfried von Loebell (geb. 1887): Nummer 74 b
Nachlass Kurt Ulrich von Loebell (1892-1959): Nummer 75
Nachlass Wolfgang von Loebell (geb. 1899): Nummer 75 b
Nachlass Friedrich Wilhelm von Loebell (1925-2002) und Herbert von Loebell: Nummer 75 c
Bücher und Druckschriften: Nummer 76
Bilder: Nummer 77.
Kassationen sind bei der Verzeichnung des Familienarchivs nicht vorgenommen worden.
Die Verzeichnung der 2004 abgegebenen Unterlagen hat mit Unterbrechungen in den Monaten Juli bis November 2005 stattgefunden. Die Verzeichnung des Nachtrags hat im Dezember 2008 stattgefunden.
Erfurt, den 21. November 2005/19. Dezember 2008
gez. Dr. Benl