Preface
Vorwort
Die Gründung der Ministerialabteilung für Angelegenheiten des herzoglichen Hauses, auswärtige Angelegenheiten und Militärsachen war Teil einer umfassenden Behördenreform im Herzogtum Sachsen-Altenburg. Markiert wird diese durch das Gesetz vom 14. März 1866. Auf dessen Grundlage waren im Herzogtum die Landesregierung und das Finanzkollegium als eigenständige Behörden aufgelöst und mit dem Geheimen Ministerium vereinigt worden. Das neu geschaffene Gesamtministerium fungierte ab diesem Zeitpunkt als oberste Landesbehörde, welche in vier Abteilungen zerfiel:
Abteilung I. für Angelegenheiten des herzoglichen Hauses, auswärtige Angelegenheiten, für Kultus (bei Weiterbestand des Konsistoriums) und Militärsachen
Abteilung II. für Justiz
Abteilung III. für Inneres
Abteilung IV. für Finanzen
War anfänglich der Abteilung I. noch der Bereich Kultus zugeordnet, änderte sich dies bereits drei Jahre später mit dem Gesetz vom 4. Januar 1869: Das Konsistorium - als letzte noch eigenständige Behörde - wurde aufgehoben und mit dem Gesamtministerium vereinigt. Die Aufgaben des Kultus wurden aus der Abteilung I. herausgelöst und gemeinsam mit dem bisherigen Zuständigkeitsbereich des Konsistoriums einer neugebildeten Ministerialabteilung für Kultusangelegenheiten übertragen.
Überlieferungslage und inhaltliche Schwerpunkte
Der Bestand umfasst heute 1389 Aktenbände in einem Gesamtumfang von 28,5 lfm. Er gelangte in zwei Ablieferungen ins Archiv. Der Hauptteil wurde 1930 aus dem ehemaligen Ministerialgebäude aus Altenburg übernommen. 1951 folgten 100 Aktenbände fürstlicher Familienkorrespondenzen aus dem Zeitraum von 1765 bis 1945, die der ehemalige Herzog Ernst von Sachsen-Altenburg aus dem Schloss Fröhliche Wiederkunft an das Archiv übergab.
Anders als es die Aufgabenzuweisung durch das Gesetz von 1866 erwarten lässt, sind ausschließlich Akten zu den Angelegenheiten des herzoglichen Hauses überliefert. Außenpolitische Angelegenheiten aller Art sowie die Zusammenarbeit Sachsen-Altenburgs mit den anderen Mitgliedsstaaten innerhalb des Deutschen Bundes scheint sich das Gesamtministerium als eigenen Zuständigkeitsbereich herangezogen zu haben. Dafür spricht eine umfangreiche Aktengruppe von ca. 300 Aktenbänden, die als Sachgruppe 01. im Bestand Gesamtministerium überliefert ist. Hinsichtlich der Militärsachen ist es nach 1866 nur inhaltlich eingeschränkt zu Aktenbildungen gekommen. In den Jahren 1862 und 1867 hatte Sachsen-Altenburg Militärkonventionen mit Preußen abgeschlossen, in deren Folge eine selbständige Altenburger Militärverwaltung ein Ende fand. Die wenigen Militärangelegenheiten, die weiterhin in Landesverantwortung blieben, wurden von der Ministerialabteilung des Innern koordiniert. Die Akten sind in diesem Bestand in der Sachgruppe 13. überliefert.
Bei den Akten der Abteilung I., die bereits zeitgenössisch kurz als Hausministerium bezeichnet wurde, handelt es sich um eine umfassende und scheinbar vollständige Überlieferung aller Angelegenheiten des herzoglichen Hauses. Dazu gehören nicht nur private Ereignisse innerhalb der eigenen fürstlichen Familie wie Geburten, Eheschließungen und Todesfälle, die Erziehung der Prinzen und Prinzessinnen oder Reisen und Besuche. Auch Regierungswechsel und Erbhuldigungen sowie politische und familiäre Verbindungen zu den anderen sachsen-ernestinischen Häusern werden im Bestand dokumentiert.
Einen breiten Raum im Verantwortungsbereich des Hausministeriums nahm die Finanzierung des Hofstaates ein. Ihm oblag die Aufsicht über die gesamte Schatull- und Vermögensverwaltung. Dazu gehörten sowohl die Gelder, die den regierenden und nicht regierenden Mitgliedern der herzoglichen Familie Sachsen-Altenburg privat zur Verfügung standen als auch die Finanzen der Marstallkasse und der Hofmarschallamtskasse, mit denen die Ausstattung und der Betrieb des Marstalls und der Hof- und Schlossverwaltung sichergestellt werden musste. Einen großen Kostenpunkt machte hierbei der Personaletat aus. So verwundert es nicht, dass eine umfangreiche Aktengruppe den Anstellungs- und Dienstverhältnissen beim Hofstaat und der Dienerschaft (Sachgruppe 06.) gewidmet ist. Zusätzlich zu Gesamtverzeichnissen der Dienerschaft - teilweise mit Angaben zu Namen, Funktion und Gehalt in der Sachgruppe 01.1. - finden sich hier zahlreiche Einzelfall- oder Sammelakten zur Besetzung der unterschiedlichen Positionen - vom Oberhofmarschall bis zum Ofeneinheizer, vom Hoforganisten oder Hofzahnarzt bis zur Silberscheuerin. Die Akten zur Anstellung der Hofmarschalle, Hofgärtner, Stallmeister, Schlosswächter und Hofzimmermänner enthalten darüber hinaus ganz spezifische Instruktionen im Sinne von Arbeitsanweisungen oder Tätigkeitsbeschreibungen. Durch die erweiterte Erschließung des Bestandes und die Vergabe detaillierter Enthält-Vermerke ist hier erstmals eine Recherche sowohl nach konkreten Einzelpersonen als auch nach jedem an einem fürstlichen Hof des 19. Jahrhunderts vorkommenden Tätigkeitsfeld möglich. Die Akten können nicht nur für familiengeschichtliche Forschungen ausgewertet werden, sondern stellen insbesondere durch die tiefen Einblicke in die Arbeits- und Lebensbedingungen der Bediensteten einen unerschöpflichen Quellenpool für sozialgeschichtliche Forschungen dar.
Die Verleihung von Orden und Ehrenzeichen - insbesondere des gemeinsamen Sachsen-Ernestinischen Hausordens - sowie die Verleihung von Hofprädikaten an Handwerker und Künstler bilden eine weitere umfangreiche Aktengruppe innerhalb des Bestandes.
Von besonderer Bedeutung für die regionalgeschichtliche Forschung dürfte die Aktengruppe zu den Hof- und Schlossbausachen (09.) sein. Diese betrifft neben den Schlössern in Eisenberg und Hummelshain vor allem das Residenzschloss in Altenburg: Die Errichtung des neuen Marstalls sowie dessen Ausstattung mit Wagen und Pferden, der Ausbau des Opernhauses im Altenburger Schlossgarten, die Reparaturen an der Trostorgel in der Schlosskirche, der Ausbau von Wasserleitungen oder die Brände im Residenzschloss - diese Themen werden im Bestand ausführlich behandelt und lassen sich komfortabel recherchieren. Die Sachgruppen zur Inventarisierung und Instandhaltung des Mobiliars (13.) sowie die Angelegenheiten des Hoftheaters (14.) reihen sich ebenfalls in diesen Komplex der Akten ein, für die ein besonderes öffentliches Interesse erwartet werden darf.
Der zeitliche Umfang des Bestandes geht in beide Richtungen weit über die eigentliche Existenz des Hausministeriums zwischen 1866 und 1920 hinaus. Die älteste Akte stammt aus dem Jahr 1629; die jüngste reicht bis in das Jahr 1945. Geschuldet ist dies der besonderen politischen Situation des Fürstentums und späteren Herzogtums Sachsen-Altenburg: Seit dem Aussterben der älteren Linie Sachsen-Altenburg im Jahr 1672 war das Fürstentum von Gotha aus regiert worden und bildete den Altenburger Landesteil des Herzogtums Sachsen-Gotha-Altenburg. Erst mit Aussterben der Linie Sachsen-Gotha-Altenburg im Jahr 1825 wurde Altenburg wieder aus der Verbindung mit Gotha gelöst und fiel 1826 an den Herzog Friedrich von Sachsen-Hildburghausen. Gemäß Hildburghäuser Erbteilungsvertrag vom 12. November 1826 gab dieser sein eigenes Territorium auf und übersiedelte mit der gesamten Hofhaltung nach Altenburg, wo er als Herzog Friedrich von Sachsen-Altenburg die neue Altenburger Linie begründete.
Mit dem Hofstaat gelangten auch zahlreiche Akten aus der früheren Hildburghäuser Verwaltung und der Geheimen Kanzlei nach Altenburg. Insbesondere die Akten zu den Angelegenheiten des herzoglichen Hauses, zu Familiensachen und zu den Bediensteten des Hofstaates wurden nach 1826 in Altenburg weitergeführt. Bis zur Behördenreform im Jahre 1866 war für diese Belange das neu gebildete Geheime Ministerium als oberste Landesbehörde des neuen Herzogtums Sachsen-Altenburg zuständig. Geschlossene Akten gelangten von dort in das Geheime Archiv, in dessen Bestand sich heute in der Sachgruppe 2. eine umfangreiche Überlieferung zu den Angelegenheiten des früheren Hildburghäuser und späteren Altenburger Herzogshauses befindet, die bei allen Recherchen zum Thema stets mit betrachtet werden muss. Insbesondere die Akten zur Erbteilung und zu den vorausgegangenen Verhandlungen sowie zur Inbesitznahme des neuen Herzogtums sind im Bestand Geheimes Archiv überliefert. Akten aus Hildburghausen, die 1866 noch nicht geschlossen waren, wurden an die neue Ministerialabteilung I. (Hausministerium) übergeben, wurden von dieser weitergeführt und gelangten so in diesen Bestand.
Allerdings ist die Trennung unscharf, und es gibt vielfältige zeitliche und inhaltliche Überschneidungen. Zum Bestand der Ministerialabteilung für Angelegenheiten des herzoglichen Hauses (Hausministerium) gehören deshalb heute auch Akten, die in der Geheimen Kanzlei Hildburghausen bereits zu Beginn des 18. Jahrhunderts angelegt und noch in Hildburghausen beendet wurden. Diese sind also als geschlossene Akten nach Altenburg gelangt. Ebenfalls sind Akten enthalten, die in Hildburghausen begonnen und in Altenburg geschlossen wurden, noch bevor das Hausministerium eingerichtet wurde.
Bei den Akten, die deutlich über das Jahr 1920 hinausreichen, handelt es sich um fürstliche Familienkorrespondenzen (z. B. mit Schaumburg-Lippe bis 1943, mit Thurn und Taxis bis 1945 oder mit Lippe-Detmold bis 1934).
Bestandsbearbeitung
Vor der Bearbeitung des Bestandes waren die Archivalien lediglich über ein einfaches handschriftliches Aktenverzeichnis, das um das Jahr 1900 in der Ministerialkanzlei angelegt worden war, benutzbar. Dieses enthielt zahlreiche Ergänzungen und Nachträge, um auch die bis 1920 geführten Akten entsprechend abbilden zu können. Darüber hinaus hatten mehrere Archivarsgenerationen Gelegenheit, zusätzliche Informationen und Hinweise im Findmittel anzubringen. Verwendet wurde ein dreistufiges Signaturschema aus Repertorium, Locat und laufender Nummer mit zahlreichen Unterteilungen. Kaum ein Aktentitel enthielt Enthält-Vermerke oder nähere Beschreibungen. Pauschale Gruppenverzeichnungen und unvollständige Datierungen erschwerten die Handhabung zusätzlich.
In Vorbereitung der eigentlichen Erschließung der Akten war eine technische Bearbeitung des Bestandes erforderlich. Diese wurde nach entsprechenden Vorgaben durch einen Archivmitarbeiter vorgenommen. Dazu gehörten die Auflösung des dreistufigen Signaturschemas und die Vergabe einer fortlaufenden Nummerierung. In diesem Zusammenhang wurde jede Akte etikettiert und mit der neuen Signatur versehen. Um die Benutzung des Bestandes auch in der Bearbeitungsphase zu gewährleisten, musste die neue Signatur zusätzlich auch in das alte Findbuch übertragen werden. Bisher nicht signierte Akten aus Aktenreihen und Nachträgen wurden ergänzend aufgenommen. Den Abschluss bildete die Umbettung der Akten in säurefreie Kartons und deren Beschriftung.
Die inhaltliche Erschließung erfolgte im Zeitraum von 2018 bis 2024 durch eine wissenschaftliche Archivarin parallel zu einer Vielzahl anderer Aufgaben. Eine kontinuierliche und durchgängige Bearbeitung war nicht möglich.
Für die Bestandsbearbeitung stand die Wahrung des Überlieferungszusammenhanges im Vordergrund, der durch das historische Aktenverzeichnis der abgebenden Behörde eindeutig belegt werden konnte. Demnach wurden keine Akten aus dem Bestand herausgelöst und anderen Beständen zugeordnet oder sonstige Bestandsbereinigungen vorgenommen. Auch die inhaltliche Struktur orientierte sich im Wesentlichen am historischen Bestandsaufbau. Sie wurde lediglich formal und/oder sprachlich bearbeitet und in eine moderne Systematik überführt.
Den Schwerpunkt bildete jedoch die erweiterte Erschließung der Akten. Sie umfasste die Präzisierung der historischen Aktentitel (Ergänzung von Namen, Funktionen, Daten, familiären und politischen Zuordnungen, ggf. Ergänzung von Alternativbegriffen zur Optimimierung der Rechercheergebnisse bei der Datenbank- und Onlinerecherche), deren sprachliche Bearbeitung und sowie die Erläuterung nicht mehr verwendeter Begrifflichkeiten. Im Zentrum stand jedoch die Vergabe aussagekräftiger Enthält-Vermerke. Nur dadurch konnte die Erschließung einen inhaltlichen Mehrwert schaffen, der über die Möglichkeiten der sonst üblichen Retrokonversion historischer Findhilfsmittel hinausgeht und der Bedeutung des Bestandes als Ministerialüberlieferung gerecht wird. Die Intensität und Ausführlichkeit der Enthält-Vermerke orientierte sich am inhaltlichen Potential der Akte oder der Aktengruppe für eine mögliche sozialgeschichtliche, regionale oder familiengeschichtliche Auswertung (vgl. Abschnitt inhaltliche Schwerpunkte) und variiert demnach. Die Entscheidung für eine konkrete Erschließungstiefe basierte im Wesentlichen auf der langjährigen Berufserfahrung der Bearbeiterin im steten Kontakt mit Benutzern sowie auf dem Wissen um Anfragen und Forschungsthemen.
Neben der alten Archivsignatur wurden auch Angaben zur Provenienz der Akten aufgenommen. Akten, die bereits als geschlossene Akten von Hildburghausen nach Altenburg kamen und keinen weiteren Zuwachs erhielten, wurden mit dem Vermerk "Akte der Geheimem Kanzlei Hildburghausen" versehen. Akten, die in Hildburghausen begonnen und in Altenburg geschlossenen wurden, erhielten den Vermerk: "Akte angelegt in der Geheimen Kanzlei Hildburghausen".
Für die Nutzung von Archivalien des Bestandes in Publikationen und Veröffentlichungen aller Art gilt folgende Zitiervorschrift:
Landesarchiv Thüringen - Staatsarchiv Altenburg, Hausministerium, Nr.
In Abkürzung:
LATh - StA Altenburg, Hausministerium, Nr.
Juli 2024
Doris Schilling