Bestandssignatur
31-063
Laufzeit
1462
Umfang
k.A.
Findmittel
Inhalt
Das Original-Testament von Johann Walter befand sich zuvor im Pfarrarchiv Kahla und wurde am 13.09.2018 dem Landeskirchenarchiv Eisenach als Depositum zur Aufbewahrung übergeben.
Auf der Internetseite der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek (ThULB) in Jena ist der Urkundentext inkl. geschichtlicher Hintergründe sowie die Transkription als Digitalisat vorhanden und wird hier nachfolgend zitiert (Quelle: https://archive.thulb.uni-jena.de/hisbest/receive/HisBest_cbu_00037117):
Geschichte
Am 1. April 1562 ließ Johann Walter (geboren in Kahla 1496) in Torgau durch den dortigen Stadtschreiber ein Testament niederschreiben, das von ihm selbst und einigen Zeugen besiegelt und unterschrieben wurde. Mit diesem Testament hinterlegte Johann Walter beim Stadtrat in Kahla eine Geldsumme, die nach seinem Tod an seine Kahlaer Verwandten verteilt bzw. studierwilligen Kindern aus seiner Verwandtschaft zugutekommen sollte. Dieses Testament blieb in Kahla erhalten und stellt ein bedeutendes Kulturobjekt der Region dar. 2018 wurde es auf Bitte der Evangelisch-Lutherischen Kirchgemeinde Kahla durch die ThULB Jena digitalisiert und somit der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Johann Walter war bedeutender Musiker, Komponist und „Kantor der Reformation“. Gemeinsam mit seinem Freund Martin Luther schuf er die Grundlage der protestantischen Kirchenmusik. Der Gemeindegesang wurde zum zentralen Bestandteil des Gottesdienstes. Zudem konnte er Luther davon überzeugen, auch die kunstvolle mehrstimmige Musik anzuerkennen und zu pflegen. So legte er das Fundament für das Wirken z.B. eines Schütz oder Bach. Viele Jahre seines Berufslebens verbrachte Johann Walter in Torgau, wo er die erste bürgerliche Kantorei gründete, Vorläufer für alle heute bestehenden Kantoreien. Damit legte er die Grundlage für die bedeutende mitteldeutsche Chortradition. Gleichzeitig wurde Walter zum Prototyp des bis ins 20. Jahrhundert existierenden Berufsbildes des Lehrer-Kantors. Diese nahmen neben ihren Aufgaben im geistlichen Leben auch wichtige Funktionen für die Volksbildung wahr. In seiner Zeit am fürstlichen Hof in Dresden baute Walter eine Hofkapelle auf, und mit ihm als erstem Hofkapellmeister begann die erfolgreiche Geschichte der heute weltbekannten Sächsischen Staatskapelle Dresden. Johann Walter starb 1570 nach einem wechselvollen und von Umbrüchen bestimmten Leben in Torgau. Seiner Heimatstadt Kahla blieb er jedoch zeitlebens verbunden.
Er gehört zweifellos zu den bedeutendsten Persönlichkeiten, die in Kahla das Licht der Welt erblickten. Die Stadt hat sich deshalb 2017 mit einstimmigem Beschluss des Stadtrats den Beinamen „Johann-Walter-Stadt“ gegeben. Die Evangelische Kirchgemeinde Kahla setzt Johann Walter in seiner Taufkirche, der Stadtkirche St. Margarethen Kahla, mit dem Bau einer außergewöhnlich konzipierten „Johann-Walter-Orgel“ ein klingendes Denkmal.
Abstrakt / Inhaltsangabe:
"Johann Walter alias Johann Blanckenmüller vererbt seinen Kahlaer Verwandten 100 Gulden zu je 21 Groschen, die er in (87,50) Talern zu je 24 Groschen beim Stadtrat in Kahla hinterlegt hat. Von diesen Gulden sollen nach seinem Tod seine Brüder Hans Blanckenmüller aus Kahla, der gleichnamige Hans Blanckenmüller aus Borschitz (Großpürschütz), die Kinder seines (verstorbenen) Bruders Nickel Blanckenmüller sowie seine Schwester Clara "Beckerin" jeweils zehn Gulden erhalten. Die restlichen 60 Gulden sind für ein oder mehrere talentierte (Enkel-)Kinder der genannten Geschwister sowie seines "Vetters" Hans Walter in Kahla zur Unterstützung ihrer Studien an der Jenaer Universität bestimmt, wovon jedes studierende Kind von dem Kahlaer Stadtrat 10 oder 15 Gulden erhalten soll. Für den Fall, dass seine Frau Anna verwitwet oder verarmt, soll sie über den übrig gebliebenen Teil der 100 Gulden verfügen dürfen. Hingegen sollen weder sein Sohn (in Torgau) noch dessen Erben Anspruch auf das Geld haben. Sollte Johann Walter diesen seinen letzten Willen widerrufen, so soll ihm der Stadtrat zu Kahla die hinterlegten 100 Gulden sowie das Testament innerhalb eines Vierteljahres aushändigen. Zeugen sind neben einigen anderen Kahlaer Bürgern sein Bruder Hans Blanckenmüller sowie sein "Vetter" Hans Walter. Johann Walter übergibt seinen Letzten Willen dem Stadtrat zur Verwahrung und bittet die Beteiligten, sich daran zu halten, wie auch Johann Walter zeitlebens ehrlich zu Diensten stehen wolle. Besiegelt wird das Testament mit den Petschaften Johann Walters sowie aller Zeugen, von den jene, die schreiben können, auch eine Unterschrift leisten. Bestätigt werden die Siegel und Unterschriften abschließend von dem Torgauer Stadtschreiber."
Transkription
"Im nahmen der heiligen dreyfaldigkeitt, amen. Demnoch ich Johan Walther der Elder sonsten Blanckenmoller genant, bei mir gedencke, das ich ein sterblicher Mensch bin geboren, vnd nuhn ein gutte zeit vff erden gelebett, also das es fast mit mir dohien geratten, das mich der ewige Gott von diesem elende, in kurtz mochte abfordern, welches ich dan in seinen gotlichen gnedigen willen gestaldt haben will, vnd aufn vhall beuelh ich meine seële, in die hende seiner gotlichen barmhertzigkeit, der wolle auch durch das vordienst, leiden vnd sterben, vnd sonderlich vmb die froliche vferstehung seines lieben sohns Jësu Christi meines erlosers vnd seligmachers, meine seële, wan sie von meinem leibe wirt abscheiden, leitten vnd bewaren zur ewigen seligkeit, amen. Ich will auch das sodan mein corper noch christlich(en) brawch ehrlichen zum begrebnus soll gestattet werden, Vnd dieweill Gott der almechtige, durch seinen milden segen mir meine narung, dermassen hat gesegnett vnd gemehrett, dorfur ich vnd mein liebes weib seiner almechtigkeit nicht gnugsam dancken konnen nach vormogen. Als hab ich mit einwilliung gedachts meines lieben weibes Anna, Gott dem almechtigen vnd seinem lieben euangelio zw ehren, von solchen vns von Gott gegebenen vnd vnsern wolerwonnenen guttern vortestirt vnd vormacht, meinen armen geschwistern vnd derselben kindern vnd erben einhundert gulden reinisch ihe ein vnd zwantzigk zinsgroschen gutter gebottener sechsischer muntz vor ein gulden gerechnett, so ich an gutten alden thalern einen zw vier vnd zwantzigk groschen getzalt, bei einem erbarn weisen rath der stadt Kala in Doringen, als meinem lieben vatterlandt, erlegt, Vortestire vormache vnd bescheide berurtte einhundert gulden, gemeltten meinen geschwistern vnd derselben kinder vnd erben, wie volgett, nemlich(en), zehen gulden Hansen Blanckenmoller zw Kala, zehen gulden Hansen Blancken Moller zw Borschitz, zehen gulden Nickel Blancken Mollers kindern, vnd zehen gulden Clara beckerin meiner lieben schwester. Die sollen sie noch meinem tode, vnd ehr nicht, von einem erbarn rath zw Kahla entpfahen, meiner vnd meines lieben weibes darbei zugedencken, So viel aber die hinderstelligen sechzigk gulden anlangen thut, ist mein entlicher wille vnd gemutt, das dieselben bei einem erbarn rath zw Kahla sollen liegen bleiben, bis obgemelter meiner geschwister kinder, oder derselben kinds kinder, oder meines vettern des jungen Hans Walters kinder, eines oder mehr wirt studiren, wan man als dan iren vleis vnd geschickligkeit wirt befinden, vnd sie zun studijs geschickt vnd tuchtigk seindt, vnd in der vniuersitet zw Jhena studiren wollen, so solle von obgemeltten sechzigk gulden ein erbar rath zw Kahla, meine gonstige lieben herren, einem iedenn knaben, so lange solch geldt der sechzigk gulden werden vnd reichen wirtt, zehen oder funfzehen gulden zw einer hulf vnd stewer geben vnd reichen, mein vnd meines lieben weibes dorbei zugedencken. Wiewol mit diesem bescheidt, do Got der almechtige, wegen vnser woll vordientten sunden, ein brandt, oder zugk, (das der almechtige noch seiner grossen barmhertzigkeit vorkommen vnd nicht gestatten wolde. amen.) vber das landt sold ergehen, vnd ich mit tode wero vorfallen vnd meine liebe hausfraw Anna noch am leben were, oder auch, do sie sonst(en) mit augenscheinlich(er) blozlicher armutt, do Got fur sei vberfiele, vnd nott leiden soltte, vf den vhall vnd ehr nicht, solt gedacht mein liebes weib macht haben sich zw der vbermaß der itzo legirtt(en) hundert gulden zuhalden, damit sie in irem alder vnd hochster nott nicht an den bettelstab (do Gott fur sei) kommen moge, Aber noch irem tode, soll sich wider vnser sohn, derselben kindere oder vnsere beider erben an solch(en) vortestirt(en) gelde, ettwas zuerlangen, gantz vnd gar nichts antzumassen noch zu vnderfahen haben, alles treulichen vnd sonder geferde. Vnd dis will ich als meinen letzten willenn stehtt vheste vnd vnuerbruchlichen gehalden haben, so fern ich nicht ein anders hirin schaffen vnd vorordenen werde, bei meinem leben, welches ich mir dan zw jeder zeit zu thuen bedingt vnd vorbehalden will haben, Vnd wan ich diese widderruffung werde oder mochte thuen, soll als dan ein erbar rath zw Kahla mir die hinderlegten hundert gulden, in frist eines virtels jars, neben dem zwgestaldt(en) testament, wider vberantwortten, vnd dis seind meine zeugen, nemlichen die ersamen wolweisen Hans Förtzsch, Ditterich Muller, Quirinus Heseling, Clement Gunderman, Andres Clemen, Hans Blanckenmoller vnd Hans Walter burgere zw Kala, welchen ich solches vortraulichen habe angezeigt, So hab ich diesen meinen letzten willen, mit selbst eigener handt vnderschrieben, denselben obgemelt(en) meinen lieben herren vnd forderren einem erbarn weisen rath der stadt Kahla zwvorwaren lassen vberantwortten, vnd bitte sie demutig, das sie vber diesen meinen letzt(en) willen treulichen wolten halden, das dem also gantztreulichen nochgangen werde, wie dan ire e(hrbaren) w(eisen) mir des schriftlich(en) vnder irem stadt insigell zugesagt, das wirtt inen Gott vorgelden, vnd vnbelohnett nicht lassen, vnd ich will es, die zeit meines lebens vmb ihre e(hrbaren) w(eisen) gantzwillig vordinen Vrkundtlich mit meinem Joan Walters des Eldern sonsten Blanckenmollers, vnd der obengenant(en) zeugen furgedruckt(en) petzschaften besiegelt vnd bekreftigett, zw welcher sigelung wir die oben benantt(en) gezeugen, das es zum zeugknus geschehen sei, vns hirmitt bekennen, haben vns auch die wir schreiben konnen mit eigenen henden vnderschrieben, doch in andere wege vns vnd vnsern erben ane schaden, Geschehen vnd geben mittwochs nach der frolichen vferstehung Jesu Christi so do wahr der erste tag aprilis im tausent funfhundert vnd in dem zwei vnd sechzigst(en) jar.[von links nach rechts] Das dis, mein Johan Walters des Eldern, letzter, bestendiger, vnd entlicher wille sey, bekenne ich mit dieser meiner selbst aignen handtschrift vnd gewonlichem meinem petschaft [Siegel mit „I W“] [Siegel mit „H F“] dieses bekenne ich Hans Förtzsch mit meiner eigenen hantschrifft etc. [Siegel mit „D M“] [Siegel mit „Q H“] dieses bekene ich Quirinus Heseling mit meiner eigenen handtschrifft [Siegel mit „C G“] Cleme(nt) Gunderma(n) Eygene handt [Siegel mit „A C“] Andreas Clemen Eygene handt [Siegel mit „I B“] [Siegel mit „I W“] dis mein handtschrifft Hansen Walters burger zu Kala [Stempel des Torgauer Stadtschreibers] Vnd ich Erasmus Nitzsch offenbarer notarius vnd dieser zeit gesch[worener] st[adt]schreiber und burger zw Torgaw, hirmit offentlich bekenne, nochdem ich gedachts herren Johan Walters des Eldern etc. letzten willen, vf sein beger vnd bitt hab vf dis offene instrument begriffen vnd vorfasset, sich auch die angegebenen zeugen (wiewol mir die nicht vorgestaldt worden.) zum zeugknus mit iren selbst(en) eigenen henden ein jeder, so schreiben gekont, vnderschrieben vnd dorneben ire gewonliche petzschaft aufgetruckt, als hab ich mich, der ich vom gedacht(en) herrn testatore hirzw sonderlich erfordert requirirt vnd gebetten bin, mit eigener handt auch vnderschrieben, vnd mein gewonlich notariat zeichen hirbei gemarckt, Gescheh(en) im jar tag vnd beisein wie obenn, Erasmus Nitzsch Tabellio manu propria s(ub)ß(cripsi) | [Ergänzung] Johan Walters zu Torgau testament vnd letzter wille
(Quelle: Richter 2013, S. 292 f./296; Texteinrichtung gemäß den Transkriptionsrichtlinien S. 170 f.; mit freundlicher Genehmigung der Verfasserin)"
Die zitierten Informationen wurden ohne Änderungen der o.g. Internetseite im Original entnommen.
Eisenach, den 06.11.2018
M. Köppe